Morität'chen vom Spiegel

Ein Spiegel zeigt ganz unbarmherzig / und deshalb meistens ganz schön schmerzlich
jedes neue graue Haar, / die Ringe unterm Augenpaar
und alle klitzekleinen Falten - / neue genauso wie die alten.
Das mag den wenigsten gefallen, / dass ein Spiegel zeigt uns allen
die Wirklichkeit, so wie sie ist. / Dabei tut er es ohne List.
Er zeigt die Dinge wie sie sind. / Für Falschheit ist ein Spiegel blind.
Deshalb für mich das Fazit ist: / Der Spiegel wär‘ ein guter Christ!

Denn er allein scheint es zu wagen, / immer die Wahrheit nur zu sagen.
Sein JA ist JA, sein NEIN ein NEIN, / so wie es eigentlich soll sein,
nach dem, was Jesus uns erklärt, / und seinen Jüngern hat gelehrt.
Bei uns aber regiert das Streben, / den Anschein selber sich zu geben,
als wär‘ ich besser als ich bin. / Dabei macht das doch keinen Sinn!
Keiner von uns muss sich verstecken; / jeder hat seinen Dreck am Stecken.
Vor Gott brauchen wir uns schon gar nicht verstellen,
denn der liebt uns trotz unsrer finstersten Stellen.