Lichtblick im Alltag
Ein Gedanke für Menschen von heute
Macht und Charakter
Vor etlichen Jahren erzählte mir ein Geschäftsführer eines Caritasverbandes, wie er in seinem Heimatdorf nach dem Sonntagsgottesdienst zur Wahl ging. Bei den Wahllisten und Stimmzetteln saßen als Wahlhelfer die Honoratioren des Ortes - alles Mitglieder der seit Jahrzehnten regierenden konservativen Mehrheitspartei.
"Da kommt wieder einer von uns", wurde er begeistert empfangen. "Ja und ich wähle soziale Gerechtigkeit!", gab er zur Antwort.
Den Honoratioren kippte die Kinnlade herab und sie blickten ihn entgeistert an. Offenbar hatte jeder von ihnen diesen Satz anders verstanden, als er eigentlich gemeint war. Sie dachten anscheinend: Dann wählt der heute ganz sicher nicht uns! 'Macht verdirbt den Charakter', lautet ein altes Sprichwort. Und es ist etwas daran. Wo Macht zulange in den gleichen Händen ist, gibt es Vetternwirtschaft. Der Blick für die Nöte der durchschnittlichen Bevölkerung geht oft verloren. Das beginnt meist unbewusst und schleichend. Manchmal geschieht es aber auch sehr bewusst und kriminell.