Von Eiche und Schilfrohr

An einem Teich stand eine mächtige Eiche. Daneben wuchs ein Schilfrohr. Es sah schwach und zerbrechlich aus und verneigte sich vor jedem Wind. "Du tust mir leid", sagte die Eiche. "Wärst du näher an meinem Stamm gewachsen, könnte ich dich beschützen!"
"Sorge dich nicht um mich", sagte das Schilfrohr. "Kommt ein Sturm, beuge ich mich bis zur Erde: Ich beuge mich, aber ich breche nicht."
Da fegte ein Orkan über das Land, Und als das Unwetter vorüber war, da stand das kleine Schilfrohr aufrecht neben dem gestürzten Riesen.

So ist das eben: man mag noch so kräftig sein - wenn man dauernd den Kopf hoch trägt, dann wird man ihn sich zwangsläufig einmal anrennen. Manchmal ist es klüger, sich zu beugen.
Deshalb preist Jesus die Demütigen, die Sanftmütigen und die Friedfertigen auch selig (Matthäus 5,5-9) - Nicht weil sie dumm wären, kein Rückgrat hätten oder gar Feiglinge wären. Jesus preist sie selig, weil sie die wahrhaft Klugen sind. Ab und zu nachzugeben und mit dem Kopf nicht durch die Wand zu wollen, das nämlich ist wahre Klugheit.