Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Weihnachten - Am Tag

 

Was muss man heute, wenn ein Kind zur Welt kommt, nicht alles beachten!

Schon die Anmeldung für den Kindergarten kann da entscheidend sein. Wenn man sich nämlich für den richtigen Kindergarten entscheidet, der, der in der Nähe der richtigen Grundschule liegt, dann hat man später schließlich auch die richtigen Argumente, um durchzusetzen, dass sein Kind einen Platz in genau dieser und nicht etwa jener Grundschule bekommt. Denn schon das kann schließlich entscheidend sein für die Zukunft des Kindes.

Vorausplanende Eltern denken so. Denn man darf ja nichts dem Zufall überlassen. Man will schließlich alles tun, um der Karriere des Kindes von vorneherein die Wege zu ebnen.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn solche vorausplanenden Eltern wirklich gute Eltern sind, dann war Gott mit Sicherheit kein guter Vater. Es hätte bessere Umgebungen gegeben, um sein Kind aufwachsen zu lassen, als in einer jüdische Familie im hintersten Winkel der damals bekannten Welt.

Was hätte dieser Jesus nicht alles bewirken können, wenn er nicht als "Sohn des Zimmermanns" sondern als Kind des römischen Kaisers geboren worden wäre? Was hätte er alles bewegen können, wenn er im Zentrum der Macht aufgewachsen wäre und nicht fernab von allem, was irgendwie Bedeutung hatte?

Gott hätte es so einrichten können, er hatte alle Möglichkeiten dazu. Wenn er es nicht getan hat, dann offenbar doch nur, weil er es nicht wollte, dann, weil es genau seine Absicht war, nicht auf das zu setzen, was wir als Macht bezeichnen, nicht auf das zu bauen, was wir als wichtig erachten, und nicht der Perspektive aufzusitzen, die uns vorgaukelt, dass dieses da oben, jenes andere hingegen aber unten sei.

Als wir den gerade begonnen Glaubensweg geplant haben, unser Suchen nach "der Spur Jesu", da lag plötzlich als Vorschlag für den Untertitel "Der Mensch Jesus von Nazareth - herunter-gekommener Gott" auf dem Tisch. Und es gab nicht enden wollende Diskussionen. Kann man denn wirklich von einem "herunter-gekommenen" Gott sprechen? Das sei doch abfällig und so etwas könne man über Jesus doch nicht sagen.

Gott aber hat nicht nur so gesprochen, er hat letztlich so gehandelt. Wenn wir uns vor Augen halten, was damals in Israel geschehen ist, dann kann es gar keinen größeren Abstieg geben. Dieses ohnmächtige, hilfsbedürftige, hilflos schreiende Kind ist weit mehr, als das Wort "heruntergekommen" auch nur annähernd ausdrücken könnte.

Der Weltenherr wird zum wimmernden Wurm. Tiefer kann man nicht sinken! Und deutlicher kann man es auch nicht machen. Deutlicher als durch die Geburt im Stall von Bethlehem kann uns Gott nicht machen, was er von unseren Vorstellungen hält.

Was wir für mächtig halten, als Karriere bezeichnen, wen wir für einflussreich und wichtig erachten, all das hat für Gott keinerlei Bedeutung. Er legt da offenbar ganz andere Kriterien an, als wir dies gemeinhin tun.

Wenn wir wieder einmal vorausplanen - sei es für uns oder für die Kinder -, dann sollten wir ab und an an dieses Kind in der Krippe denken, an das, was wirklich wichtig ist, was nach Gottes Maßstäben im Leben zählt. Nicht, dass wir Einfluss und Macht erringen, um am Ende aber festzustellen, dass wirkliche Freunde, Zufriedenheit und ein klein wenig Glück sehr viel wichtiger gewesen wären, weit erstrebenswerter, als all das, dem wir durch all unser Planen den Weg dann tatsächlich bereitet haben.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 25. Dezember 2012 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)