Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Weihnachten - Am Tag (Joh 1,1-5. 9-14)

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (Joh 1,1-5. 9-14)

"Ach Gott, wie soll man dieses Jahr etwas zu Weihnachten sagen, zum Fest des Friedens!"

Es ist Krieg in Europa und es ist nicht absehbar, wie lange der am Ende dauern wird. Und die Nachrichten darf man sowieso nicht anschauen: Eine Katastrophe reiht sich an die andere, die Natur ist außer Rand und Band, politisch ist es fast nicht auszuhalten, überall sind die Rechtsradikalen im Aufwind und letztlich ist alles doch irgendwie furchtbar.

Liebe Schwestern und Brüder,

solche Sätze konnte ich immer wieder hören, im Advent 2022, 2022! Das war letztes Jahr.

Damals sah eigentlich alles nur furchtbar aus. Da wusste man aber noch nichts vom Advent 2023! Dieses Jahr ist doch alles noch viel furchtbarer.

Der Krieg in der Ukraine dauert an, mit allen Schrecken, die das bedeutet und als wäre das noch nicht genug, sind die kriegerischen Auseinandersetzungen in Israel auch noch dazugekommen. Wo Sie auch hinschauen: Es gibt Mord und Todschlag, es gibt Terror und Unterdrückung, die soziale Schere klafft immer weiter auseinander und am Horizont gibt es nicht einmal einen Silberstreifen.

Gefühlt wird es doch von Jahr zu Jahr schlechter.

Das würde aber bedeuten, dass früher doch alles besser war. Aber leider Gottes stimmt das doch auch nicht. Es gab schon immer gute und schlechte Zeiten. Und es gab auch schon weitaus schlechtere Zeiten, als sie es augenblicklich sind.

Es ist noch keine hundert Jahre her, da lagen weite Teile unseres Landes in Trümmern, da haben Millionen Menschen das Leben verloren, nachdem die Länder um uns herum überfallen worden waren - von uns überfallen worden waren.

Und natürlich haben die meisten von uns Erinnerungen an Pfarrgemeinde, wie sie früher einmal war. Aber auch da war doch nicht alles Gold was glänzt. Viele der Missbrauchsfälle wurden in der "guten alten Zeit" verbrochen und vertuscht. Und Intrigen und Machtspiele gab es in unserer Kirche zu jeder Zeit. Dass die meisten Päpste keine Heiligen waren, wissen Sie vermutlich selbst.

Aber nicht mal am Anfang unserer Kirchengeschichte sah es wirklich rosig aus. Waren das denn gute Zeiten, als man jemanden gekreuzigt hat, letztlich eigentlich aus dem einen Grund, weil er den Menschen gepredigt hat, sie bräuchten keine Priester, die zwischen Gott und den Menschen vermitteln würden, jeder und jede hätten ihren ganz direkten Zugang zu Gott und dürften Gott sogar Vater nennen?

Waren die Menschen damals empfänglicher für die Botschaft Jesu?

Welche Massen hat er denn erreicht, dieser Jesus von Nazareth - abgesehen von den zweien, die dann unter dem Kreuz übrig geblieben sind?

Wenn es danach ginge, hätte man schon am Anfang verzweifeln können, hätte man sich schon am Anfang sagen müssen: "Hat ja doch alles keinen Zweck."

Das fängt ja schon mit dem Weihnachtstag an. Oder würden Sie einem Baby etwas wirklich Wertvolles anvertrauen? Oder am Ende sogar die ganze Welt?

Ist das nicht eigentlich absurd? So absurd, dass es schon wieder zu einer Botschaft wird?

Vielleicht sagt uns dieses Kind ja gerade in Zeiten, in denen wir ganz massiv das Gefühl haben, "Wir schaffen das ganz bestimmt nicht!" - vielleicht sagt uns dieses Kind in der Krippe, gerade heute, dass wir die Welt mit ganz anderen Augen sehen sollten. Nicht so sehr mit den Augen von Menschen, die durch Nachrichten, Internet und Smartphone alle Katastrophen frei Haus serviert bekommen; nicht so sehr mit Augen von Menschen, die die großen Zusammenhänge schon lange nicht mehr überblicken und an der Komplexität der Welt immer mehr zu verzweifeln drohen.

Vielleicht sollten wir gerade heute die Welt mit Kinderaugen betrachten. Genau das sehen, was um uns herum ist: das Leuchten einer Kerzenflamme oder den Glanz einer Christbaumkugel.

Vielleicht sollten wir ganz einfach nur einmal in die Nähe schauen, auf den Platz an dem wir sitzen und auf den wir gestellt sind. Und dann könnten wir, wie ein Kind, versuchen die Welt an genau diesem Platz ein klein wenig besser zu machen.

Versuchen wir nicht die Probleme der Welt zu lösen, und lassen wir uns von diesen Problemen vor allem nicht lähmen. Schauen wir auf den Platz an den wir gestellt sind. Und versuchen wir die Welt genau hier ein klein wenig besser zu machen. Und wer weiß, wenn viele das tun, wenn das am Ende alle machen, vielleicht wird die Welt dann tatsächlich auch als Ganzes zu einem besseren Ort.

Ich wünsche Ihnen gesegnete Weihnachten!

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 25. Dezember 2023 in den Kirchen St. Marien, Ettenheimweiler, und St. Bartholomäus, Ettenheim)