Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Pfingstsonntag (Apg 2,1-11)
Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elsamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Lybiens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden. (Apg 2,1-11)
Sachen gibt's, die gibt's gar nicht.
Da schließt der Mesner letzthin zu Beginn eines Gottesdienstes die Türen der Peterskirche und währenddessen huschen noch die letzten beiden Gottesdienstteilnehmer an ihm vorbei. Und aus der Jackentasche des Mannes, der ganz offensichtlich nicht aus Bruchsal war, tönt dabei eine deutlich vernehmbare Stimme mit den Worten: "Sie haben Ihr Ziel erreicht!"
Liebe Schwestern und Brüder,
per Navigationssystem in die Peterskirche...
Es gibt nichts, was es nicht gibt. Solche Systeme existieren mittlerweile ja auch schon für Fußgänger. Sie sind ja so klein und auch so erschwinglich geworden, dass man sie einfach überall mit hinnehmen kann. Und dann gibt man halt mal kurz "Bruchsal, Peterskirche" ein, und das Gerät steuert einen mehr oder minder direkt an den Ort, den man erreichen möchte.
Mehr oder minder - denn diese Systeme haben noch ihre Tücken. Vor allem die mobilen! Bei denen bin ich sowieso noch recht skeptisch. Ich halte ja mehr von den fest eingebauten, von denen, die man nicht verlegen und nicht verlieren kann, die benutzerfreundlich und eben fest installiert sind.
Jetzt werden sich all diejenigen, die darum wissen, dass mein Wagen mittlerweile 15 Jahre auf dem Buckel hat, fragen, wo ich denn in diesem Auto ein Navigationssystem versteckt haben soll und auch noch eines, das fest eingebaut ist.
Und all diejenigen, die mich noch besser kennen, werden jetzt die Welt nicht mehr verstehen, weil sie darum wissen, dass ich von solchen Navis im Grunde doch überhaupt nichts halte, dass ich immer noch mit Karte und Stadtplan unterwegs bin und solche Dinger doch eher als unnötige Spielerei betrachte.
Und sie haben auch völlig recht. Ich habe meine Ansicht in diesem Punkt absolut nicht geändert und stehe immer noch auf den guten alten Stadtplan und das Kartenset im Handschuhfach. Von Navigationssystemen fürs Auto halte ich immer noch nicht viel.
Aber das hat auch nichts mit den Systemen zu tun, von denen ich gerade eben gesprochen habe. Ich meine jetzt ja keines, das in irgendwelchen Autos eingebaut ist. Ich habe von einem ganz anderen System gesprochen, einem, das nicht minder ganz fest installiert ist - aber installiert in uns.
Heute ist nämlich der Tag, an dem wir feiern, dass es eingerichtet wurde, in jedem und jeder von uns. Das Navigationssystem, das uns durch alle Wege begleitet, die wir als Menschen zu gehen haben, ist nämlich ganz tief in uns hineingegossen: Gottes Geist, der uns als Beistand geschenkt ist, um uns die Richtung zu weisen, um uns die entsprechende Orientierung zu geben und ganz sicher an unser Ziel zu bringen. Man kann ihn vernehmen - nicht zuletzt als Stimme unseres Gewissens - und er ist um ein Vielfaches zuverlässiger als alle Systeme, die von irgendwelchen amerikanischen Satelliten abhängig sind.
Er ist so zuverlässig, dass seine Stimme in allem den Vorrang hat, weit vor allen kirchlichen Lehrentscheidungen steht, vor allen Bischöfen und Päpsten rangiert und die wichtigste Instanz in meinem Leben überhaupt ist. Wir alle verfügen über dieses System. Dieses Navigationssystem ist uns allen eigen. Und wenn wir ihm folgen, wenn wir der Stimme unseres Gewissens folgen, Gottes Geist die Richtung weisen lassen, dann werden wir weit zuverlässiger, als es bei jedem anderen Navigationssystem der Welt der Fall ist, am Ende genau diese Stimme hören, die unser Mesner an jenem Tag aus der Jacke des Besuchers der Bruchsaler Peterskirche vernommen hat. Wenn wir Gottes Geist, wenn wir unserem Gewissen folgen, dann wird diese Stimme ganz am Ende genauso zu uns sprechen. Sie wird dann sagen: "Sie haben Ihr Ziel erreicht!"
Amen.
(gehalten am 26./27. Juni 2007 in der Peters- und Antoniuskirche, Bruchsal)