Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


3. Sonntag der Osterzeit - Lesejahr A (1 Petr 1,17-21)

Brüder! Wenn ihr den als Vater anruft, der jeden ohne Ansehen der Person nach seinem Tun beurteilt, dann führt auch, solange ihr in der Fremde seid, ein Leben in Gottesfurcht. Ihr wisst, dass ihr aus eurer sinnlosen, von den Vätern ererbten Lebensweise nicht um einen vergänglichen Preis losgekauft wurdet, nicht um Silber oder Gold, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel. Er war schon vor der Erschaffung der Welt dazu ausersehen, und euretwegen ist er am Ende der Zeiten erschienen. Durch ihn seid ihr zum Glauben an Gott gekommen, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, so dass ihr an Gott glauben und auf ihn hoffen könnt. (1 Petr 1,17-21)

Nicht wenige hatten sich damit abgefunden. Viele von denen, die als Sklaven geboren worden waren, in einem antiken Haushalt aufwuchsen und nie etwas anderes kennengelernt hatten, als einem Herren zu dienen, viele von ihnen betrachteten das als gottgegebenes Schicksal. Sie wären nie auf den Gedanken gekommen, dagegen aufzubegehren. Ihr Lebensinhalt war es, diesem Herrn oder jener Herrin zu dienen.

Liebe Schwestern und Brüder,

man kann sich sogar an das Sklavendasein gewöhnen. Man kann sich daran gewöhnen, Diener zu sein.

Und so eigenartig es klingen mag: In einem Bereich haben sich sogar die meisten Menschen an diesen Gedanken gewöhnt: Was Gott angeht nämlich, da ist die Vorstellung vom Dienen den Menschen gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen.

Gott zu dienen, dazu sind wir schließlich auf Erden. So hat man es ja auch gelernt, nicht zuletzt im Katechismusunterricht. Und deshalb ist es ja auch unsere Pflicht, den Gottesdienst etwa zu besuchen: Wir leisten den Dienst, den wir Gott gegenüber schuldig sind.

Bei der Lesung eben müssten uns dann aber eigentlich die Ohren geklingelt haben. Und wenn dies nicht der Fall war, dann nur deshalb, weil Sklavendasein in unserer Lebenswirklichkeit Gott sei Dank so nicht mehr vorkommt.

Ein wirklicher Sklave aber, der hätte aufgehorcht, wenn ihm dieses Wort begegnet wäre: das Wort vom "Loskaufen" nämlich.

Eines der Kennzeichen von Sklaven war schließlich, dass sie käuflich waren - käuflich und verkäuflich. Ein Herr konnte seine Sklaven verkaufen, und ein anderer konnte sie erwerben.

Ab und an, ganz selten, aber immerhin - ab und an kam es vor, dass ein Herr sich aufmachte, Geld für einen Sklaven zu bezahlen - nicht um ihn zu kaufen, nicht um ihn in Dienst zu nehmen. Er bezahlte wohl für ihn. Er leistete den Kaufpreis. Aber er hegte keinerlei Besitzansprüche für den soeben erworbenen Sklaven oder seine neue Sklavin. Er gab sie frei. Er hatte für sie bezahlt, damit sie die Freiheit erlangten.

Loskaufen nannte man das.

Und es kam wirklich nur ganz selten vor. Da musste ein Sklave diesem Herren schon das Leben gerettet haben. Oder der Herr hatte sich in eine schöne Sklavin verliebt und wollte sie heiraten. Was es auch war - es war etwas Besonderes. Es war etwas Außergewöhnliches, wenn da jemand losgekauft, wenn da jemandem die Freiheit geschenkt wurde.

Gott hat uns losgekauft.

Menschen, die meinten, einer Gottheit dienen zu müssen, die sich in Abhängigkeit von Göttern sahen - er hat uns losgekauft, nicht um uns selbst in Dienst zu nehmen, nicht um nun seine Diener zu sein, nein, um uns die Freiheit zu geben. Jesus sagt es ausdrücklich: Nicht Knechte, nicht Sklaven sollen wir ihm sein. Freunde will er. Und kein Mensch weiß, warum auf aller Welt dieser Gott das tut.

Und als ob das alles nicht schon außergewöhnlich genug wäre - er geht sogar noch weit darüber hinaus. Er kauft uns nicht nur los, er schenkt uns nicht nur die Freiheit, er verlangt nicht nach unserem Dienst, er will vielmehr uns dienen.

Nach fast zweitausend Jahren haben wir Christen das immer noch kaum realisiert: Gottesdienst ist nicht in erster Linie unser Dienst an Gott - was hätten wir Gott auch schon zu geben. Gott dient uns. Er schenkt uns das Sakrament, er schenkt uns, was wir zum Leben brauchen - weit über den Tod hinaus.

Was für eine Botschaft!

Gott kauft uns los. Gott schenkt uns die Freiheit. Gott braucht nicht unseren Dienst. Er will ihn nicht einmal. Er verlangt einzig nach unserer Freundschaft. Er tut alles für unsere Liebe.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 9. /10. April 2005 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)