Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Ostersonntag

 

Jetzt hatte ich schon Angst. Jetzt dachte ich, ich müsste doch noch anfangen Sport zu treiben.

Schließlich habe ich mir schon viele Bilder angeschaut, viele Darstellungen von der Auferstehung der Toten am "jüngsten Tag". Und fast immer kann man da sehen, wie da die Menschen auf den Friedhöfen die schweren Grabplatten hinwegstemmen und aus ihren Gräbern herausgeklettert kommen.

Eine Wahnsinns Kraftanstrengung, solch eine Grabplatte ganz alleine hochzustemmen - ich glaube nicht, dass ich dazu in der Lage wäre.

Liebe Schwestern und Brüder,

zum Glück konnte ich mich da beruhigen. Ich habe mich nämlich daran erinnert, dass all diese Bilder letztlich gar nicht stimmen können.

Kein Mensch wird aus seinem Gab auferstehen. Ja, wenn wir es ganz genau nehmen, ist auch Jesus Christus nicht auferstanden. Streng genommen gibt es nämlich keine Auferstehung.

"Auferstehen", dieses Wort ist in unserer Sprache nämlich ein höchst aktiver Begriff. Auferstehen tut man, das macht man selbst, das ist eine Leistung. Und das ist falsch, denn so funktioniert es nicht.

Die ältesten Texte der Bibel sprechen deshalb auch nicht von "Auferstehung". Sie sprechen davon, dass Christus auferweckt wurde. Und das ist etwas ganz anderes.

Ich kann nicht die eigene Grabplatte hinwegwälzen, ich kann nicht selbst aus dem Grab herauskrabbeln. Ich muss das gar nicht. Ich muss nämlich nicht auferstehen, ich werde auferweckt werden. Und dieses Geschehen, ist wie alles, von dem das Evangelium kündet, nicht eine Leistung sondern einfach Geschenk: Gottes großes Geschenk an uns Menschen.

Dieses Geschenk beginnt mit dem ersten Augenblick unseres Lebens. Wir sind nämlich keine ewige Seele, die irgendwie aus dem Himmel gepurzelt und jetzt in einem Körper gefangen wäre. Wir sind Gottes Schöpfung. Er hat uns ins Dasein gerufen.

Und wir leben auch nicht deshalb, weil Leben so etwas wie ein Automatismus wäre.

Vor allem die Menschen im Alten Testament wussten noch sehr genau darum: Wenn wir am Morgen wieder unsere Augen öffnen und aufs Neue einen Tag beginnen, dann nicht, weil wir jetzt halt einmal lebendig sind und das einfach automatisch so geht.

Wir leben nur deshalb, weil dieser Gott unser Leben garantiert, weil er selbst uns durch jeden Tag unseres Lebens hindurchträgt. Für die Menschen der Bibel und somit auch für diesen Jesus von Nazareth war Leben nie eine Selbstverständlichkeit.

Dass die Seele ewig leben würde, ist eine Vorstellung der Griechen. Die findet sich so in der Bibel nicht. Für den Menschen der Bibel ist völlig klar, dass ich nur deshalb im Sterben nicht ins Bodenlose falle, weil dieser Gott mich selbst durch den Tod hindurch trägt.

Das ist die Überzeugung, die etwa den Beter des 73. Psalmes durch und durch prägt: Ich spüre, dass Du, mein Gott, mich Tag für Tag durch dieses Leben hindurchträgst. Du hältst mich in Deiner Hand. Und deshalb darf ich felsenfest darauf vertrauen, dass Du mich auch im Tod nicht fallen lässt, dass Du mich selbst durch den Tod hindurch trägst.

Für den Beter des 73. Psalmes ist das das größte Geschenk: Aus dem Bewusstsein leben zu dürfen, ich bleibe immer bei Dir, Du, mein Gott.

Leben ist kein Automatismus. Nicht einmal die Seele ist etwas, was aus sich selbst heraus und auf ewig existieren würde. Und Leben über den Tod hinaus ist auch keine Leistung, wir können uns das nicht verdienen und wir können es auch nicht machen. Wir werden nicht von selbst aufstehen. Wenn wir leben über den Tod hinaus, dann weil wir auferweckt werden, weil dieser Gott, so wie er tagtäglich unser Leben hält, uns selbst durch den Tod hindurchträgt.

Das Leben ist weder Automatismus, noch Verdienst und es ist erst recht nicht Ergebnis unser Leistung. Es ist von Anfang an Gottes Geschenk - Gottes großes Geschenk an uns Menschen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 31. März 2024 in den Kirchen St. Marien, Ettenheim-Ettenheimweiler und St. Bartholomäus, Ettenheim)