Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
25. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C (Am 8,4-7)
Hört dieses Wort, die ihr die Schwachen verfolgt und die Armen im Land unterdrückt. Ihr sagt: Wann ist das Neumondfest vorbei? Wir wollen Getreide verkaufen. Und wann ist der Sabbat vorbei? Wir wollen den Kornspeicher öffnen, das Maß kleiner und den Preis größer machen und die Gewichte fälschen. Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, für ein paar Sandalen die Armen. Sogar den Abfall des Getreides machen wir zu Geld. Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen. (Am 8,4-7)
Das, was sie eben gehört haben, das war der biblische Kommentar.
Liebe Schwestern und Brüder,
in den vergangenen Tagen konnten Sie anderes lesen. In der Presse gab es die ein oder andere Berichterstattung, den ein oder anderen Kommentar zum verkaufsoffenen Sonntag vor einer Woche hier in Bruchsal.
Soeben haben Sie den biblischen Kommentar zu diesem Ereignis gehört. Und es ist gut, dass ausgerechnet heute dieser Abschnitt aus dem Buch des Propheten Amos von der Liturgie zum einen Brennpunkt des Wortgottesdienstes gemacht wird.
"Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen."
Amos prangert an, dass nur noch darauf gewartet wird, bis der Feiertag endlich zu Ende ist, damit sich wieder alles um den Profit drehen kann und von den Gesetzen der Ökonomie bestimmt wird.
Bei uns wartet man nicht einmal mehr auf das Ende des Ruhetages. Nein, wir verlegen den kommerziellen Rummel mittlerweile ja schon auf die Ruhetage selbst und lassen von ihnen kaum noch etwas übrig.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich will niemandem, der mit Jesus Christus nichts anfangen kann, unseren Glauben und unsere religiöse Ordnung überstülpen. Ich will niemanden zur Nachfolge Christi drängen und erst recht nicht dazu zwingen. Kein Mensch muss am Sonntag religiöse Gefühle entwickeln, wenn er es nicht wirklich will. Aber unsere Gesellschaft behauptet, dass sie ihre christlichen Wurzeln hochhalten möchte. Ganze Parteien berufen sich auf das christliche Erbe unserer Kultur. Und wenn es darum geht, dass bei uns Moscheen gebaut werden sollen, dann schreien die am lautesten, dass dadurch unser christliches Abendland an den Rand des Abgrundes gerate, die andererseits keinen Finger rühren, wenn unsere christliche Tradition tatsächlich zugrunde gerichtet wird.
Noch brüstet sich Baden-Württemberg damit, die strengste Sonn- und Feiertagsgesetzgebung zu haben, den Schutz des Sonntages anders als in vielen anderen Bundesländern von Gesetzes wegen sehr ernst zu nehmen. Und dann höhlt man durch eine Ausnahmegenehmigung nach der anderen, diesen Schutz dermaßen aus, dass vom Sonntag kaum noch etwas zu erkennen ist.
Wenn die Wirtschaft es fordert, laufen die Maschinen durch. Wenn das Budget es verlangt, dröhnen auch am Fronleichnamstag auf der Rathausbaustelle die Presslufthammer. Und wenn im Gesetz vorgeschrieben ist, dass bei jeder Ausnahmegenehmigung die Kirchen zu hören sind, dann hört man sie halt und macht am Ende doch, was die ökonomischen Zwänge vorgeben.
Das kann man ja gerne tun. Dann aber soll man auch so ehrlich sein, dann soll unsere Politik auch hinstehen und sagen, dass man den Sonntag dem Golden Kalb der Wirtschaft eben opfern müsse. Dann soll man ehrlich sein und nicht scheinheilig so tun, als würde man ein Gut hochhalten, von dem am Ende nur noch die Fassade übrig bleibt.
Noch ist es Gesetz in Baden-Württemberg, dass verkaufsoffene Sonntage nur in Verbindung mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen stattfinden dürfen. In Bruchsal wurde der Verkaufssonntag bislang mit dem Jahrmarkt gerechtfertigt.
War Jahrmarkt letzten Sonntag? Und was ist zukünftig? Ich bin mal gespannt, wie da argumentiert werden wird, da der Jahrmarkt bei uns in der gewohnten Form ja nicht mehr stattfindet. Man wird schon ein Fest'chen backen, um die Läden trotzdem öffnen zu können und die viel beschrieene christliche Tradition weiter mit Füßen zu treten.
Keine Frage, ich verstehe die Nöte und Sorgen des Einzelhandels sehr wohl. Um hier Abhilfe zu schaffen, gibt es aber andere Möglichkeiten, andere Möglichkeiten als dies auf dem Rücken des Sonntages auszutragen. Ganz zu schweigen, von den Angestellten und Bediensteten im Einzelhandel und ihren Familien, die den gemeinsamen Ruhetag - wie jeder andere auch - bitter nötig haben.
Zwei Verkaufssonntage in Bruchsal, sind für Christen zwei zu viel. Und wenn jetzt bereits über einen dritten spekuliert wird, wenn man vorhat, selbst in der Weihnachtszeit, am 29. Dezember ein weiteres Mal den Sonntag einem Verkaufsevent opfern zu wollen, dann darf ich meinen ganz persönlichen Widerstand dagegen schon jetzt öffentlich ankündigen.
Und ich möchte Sie alle ausdrücklich dazu aufrufen: Lassen wir uns die letzten Reste unserer christlichen Gesellschaft nicht auch noch kaputt machen. Sorgen wir dafür, dass das ach so geschundene Weihnachtsfest durch solch ein unmögliches Ansinnen, nicht noch weiter zu einer Farce gemacht wird. Und wehren wir uns, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, gegen dieses unsägliche Vorhaben.
Und sollte diesem Antrag tatsächlich stattgegeben werden, sollte es diesen dritten Verkaufssonntag tatsächlich geben - ich kündige es heute schon an - ich werde am 29. Dezember dann mit Sicherheit, und sei es mit Kreuz und Fahnen und hoffentlich nicht allein, auf dem Marktplatz vor dem Rathaus stehen. Und ich werde ihnen die Worte des Propheten Amos lesen:
"Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen."
Amen.
(gehalten am 21./22. September 2013 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)