Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Fest der Taufe des Herrn - Lesejahr C (Tit 2,11-14; 3,4-7)

Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das ihm als sein besonderes Eigentum gehört und voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun. Als aber die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, hat er uns gerettet - nicht weil wir Werke vollbracht hätten, die uns gerecht machen können, sondern aufgrund seines Erbarmens - durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist. Ihn hat er in reichem Maß über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter, damit wir durch seine Gnade gerecht gemacht werden und das ewige Leben erben, das wir erhoffen. (Tit 2,11-14; 3,4-7)

"Mir nach", spricht Christus, unser Held, "mir nach, ihr Christen alle! Verleugnet euch, verlasst die Welt, folgt meinem Ruf und Schalle.

Liebe Schwestern und Brüder,

man kann diese Zeilen so wunderbar missverstehen: Verlasst die Welt!

So wird Nachfolge Jesu ja nicht selten verstanden: der Welt entsagen, ausziehen aus diesem gottlosen Jammertal, Rückzug und Ausstieg aus diesem falschen Leben. Und diejenigen, die damit ernst gemacht haben, die der Welt entsagt haben, als Einsiedler und Eremiten etwa, die haben in der Vergangenheit großes Ansehen genossen. Und sie genießen es bis heute. Denn sie haben ja die Welt wirklich hinter sich gelassen. Sie haben wirklich ernst gemacht mit der Nachfolge Christi.

Nun, das mag für die Betreffenden auch durchaus stimmig sein, das mag für sie genau der richtige, nämlich ihr Weg gewesen sein. Es ist aber bei Weitem nicht der einzige. Und ob es wirklich der Weg ist, den Jesus uns vorgelebt hat, der seinem Vorbild folgt, das steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Der Titusbrief, aus dem wir heute gehört haben, der geht nämlich in eine ganz andere Richtung.

Natürlich kann man auch ihn zunächst einmal auch als Aufforderung zur Weltflucht verstehen. Es beginnt ja damit, dass die Gnade Gottes dazu erzieht, uns von der Gottlosigkeit und den falschen Begierden loszusagen. Also auch hier: Verlasst die Welt!

Aber nur, wenn man nicht weiterliest. Die Gnade Gottes tut dies nämlich, so heißt es im Titusbrief, damit wir leben und zwar in dieser Welt! Während wir auf die Wiederkunft des Herrn warten, leben wir in dieser Welt und wir sollen es tun.

Wir sollen es lediglich richtig tun, ohne falsche Gier und besonnen, mit klarem Verstand, so geartet, dass wir das Wesentliche immer im Blick haben.

Und gerecht! Gerecht sollen wir leben und für Gerechtigkeit eintreten, damit das Leben in dieser Welt für uns alle gelingen kann. Denn für sie, für den Dienst an Welt und Mitmensch, dafür sind wir bestellt, darin besteht die wirkliche Nachfolge Christi. Denn genau das hat dieser Jesus von Nazareth uns Menschen vorgelebt, dass wir Gott dienen, indem wir den Menschen dienen, uns für die Menschen, für Menschlichkeit und Barmherzigkeit einsetzen. Es ging Jesus nie um Flucht aus der Welt, nie um eine einseitige Ausrichtung auf irgendeinen Gottesdienst - nicht einmal einseitige Ausrichtung auf Gott.

Er hat den wirklichen Begriff von Frömmigkeit gelebt. Denn fromm zu sein, fromm im Sinne Jesu, das hat nichts mit Weltfremdheit zu tun, bedeutet nicht Zurückgezogenheit und auch nicht absondern von anderen. Wirkliche Frömmigkeit das meint offen für Gott, Gott-offen zu sein und dabei gut zu den Menschen.

Genau dazu aber erzieht uns die Gnade Gottes nach Auskunft des Titusbriefes: Es geht nicht darum, aus der Welt auszuziehen, sondern besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, Gott-offen und gut zu den Menschen.

Amen

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 12./13 Januar 2013 in der Paulus- und Peterskirche, Bruchsal)