Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Christi Himmelfahrt - Lesejahr A-C
Ich weiß nicht mehr genau, welche meiner Schwestern es war, aber eine von den beiden war nicht im Laufstall zu halten. Dabei hatte sie ein ganz stabiles Teil mit festen Holzstäben. Nur einen Boden hatte dieser Laufstall nicht. Und meine Schwester hob dementsprechend einfach den Laufstall an und versuchte darunter hindurchzukrabbeln.
Liebe Schwestern und Brüder,
so gefährlich das auch war, so leicht sich das Kind dabei hätte verletzen können - wenn nicht weiß Gott noch viel Schlimmeres hätte passieren können - fasziniert hat mich das schon. Da können die Stäbe aus noch so stabilem Material sein, da können sie noch so hoch sein, wenn der Laufstall keinen Boden hat, dann gibt es einen ganz einfachen Weg aus ihm heraus.
Und das ist ja nicht nur bei Laufställen so.
Sie können Mauern errichten, dicke Schlösser an die Türen hängen und Riegel anbringen. Ohne einen Boden gibt es immer einen Weg nach draußen.
Und es gibt einen nach drinnen.
Denn das gilt ja auch umgekehrt. Wo kein Boden ist, dort kann ich auch durch dieses Loch ohne große Umstände nach innen klettern.
Deshalb muss ich immer etwas schmunzeln, wenn in Geschichten, Anekdoten oder sonstigen Erzählungen von einer Himmelstür die Rede ist.
Da wird dann davon berichtet, dass da ein mächtiges Tor und Schloss und Riegel den Weg zum Himmel versperren würden und dass da ein Petrus wäre, der erst die Himmelstür aufschließen müsse.
Das hört sich dann immer so an, als wäre der Himmel von einer großen Mauer umgeben, und es gäbe da nur einen einzigen Weg, der zu allem Überfluss auch noch versperrt sei.
Warum muss ich bei solchen Erzählungen von der verschlossenen Himmelstür wohl so oft an den Laufstall meiner Schwester denken?
Ich weiß zwar, dass man Bilder nicht überstrapazieren darf, aber dieses Bild gefällt mir so richtig gut - denn schauen Sie mal nach oben! Sehen Sie da irgendwelche Balken, irgendwelche Barrieren?
Wenn es denn so sein sollte, wenn es ein Gitter um den Himmel geben sollte, Mauern und eine Tür, einen Boden sehe ich nicht. Der Himmel ist nach unten hin offen.
Unsere Erde ist zum Himmel hin offen.
Und spätestens seit Christus uns vorausgegangen ist, seit er in den Himmel aufgefahren ist, spätestens seit dieser Zeit wissen wir auch, dass es da einen Weg gibt, von unten nach oben, von hier direkt in den Himmel.
Und für alle, die diesen Weg nicht sehen, die keinen Pfad entdecken können, für all die ist es, spätestens nach der Himmelfahrt Christi, absolut kein Problem mehr, diesen Pfad zu finden.
Christus ist ihn vorausgegangen. Wir brauchen ihm nur zu folgen. In der Nachfolge Christi, wenn wir in seinen Spuren wandeln, wenn wir die gleichen Wege gehen, die er gegangen ist, immer auf den Menschen zu, immer so, dass wir dem anderen in die Augen sehen können, wenn wir das tun, was Christus auch getan hat und allem voran andere Not entdecken und sie dann auch lindern, dann ist es keine Schwierigkeit, den Weg, den er uns vorausgegangen ist, zu finden, denn er selbst ist der Weg, der Weg ins Leben.
Und dieser Weg steht für uns alle ganz weit offen. Keine Mauern halten uns ab, keine Tore schließen uns aus. Wer Christus folgt, für den ist der Weg völlig frei. Der Himmel ist zur Erde hin offen.
Für den, der Christus folgt, gibt es nichts, was uns den Weg versperren könnte.
Freut euch und jubelt - denn der Himmel geht über allen auf.
Amen.
(gehalten am 5. Mai 2005 in der Peterskirche, Bruchsal)