Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


4. Dezember - Kolping-Gedenktag

 

Schade, sie ist gescheitert, die Abstimmung über die Wiedereinführung des Buß- und Bettages in einem unserer Bundesländer. Es waren zu wenige, die sich ausdrücklich dafür ausgesprochen haben. Schade, der Sturm der Entrüstung in der evangelischen Welt ist ausgeblieben, als der Feiertag damals - meines Erachtens - völlig unnötig einfach gestrichen wurde. Und die Schützenhilfe aus dem katholischen Raum war auch nicht besonders groß.

Widerstand ist selten geworden bei uns. Man kann ja doch nichts dagegen machen, und die Mehrheit, die will es ja offensichtlich so. Die, denen an diesen Feiertagen sehr viel liegt, die sind halt zur Minderheit geworden. Kann man nichts machen! Traurige Resignation und ein Gefühl der Ohnmacht macht sich breit.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kolpingsfamilie,

wir haben uns offensichtlich schon beinahe daran gewöhnt. Es ist für uns schon beinahe normal geworden. Mit uns Christen kann man es ja machen!

Ja, wenn es darum geht, mit großen Zuschüssen die Sozialstationen am Leben zu erhalten, wenn es darum geht, mit großem Einsatz die Grundversorgung an Kindergartenplätzen sicherzustellen, wenn es darum geht, das soziale Netz aufrecht zu erhalten, das ohne die Anstrengungen der Kirchen in der gegenwärtigen Situation schon lange zusammengebrochen wäre, dann sind wir Christen recht! Wenn Kirche nützlich ist, dann ist sie auch heute noch gerne gesehen. Ansonsten aber, da müssen wir uns mittlerweile schon beinahe alles gefallen lassen.

Da ist es eben schon normal geworden, dass Priester und Nonnen in der Werbung zu Witzfiguren verkommen, dass jeder Möchtegernkünstler unseren Glauben mit Füßen treten darf, weil das Freiheit der Kunst bedeute, und dass wir uns mittlerweile ja schon fast rechtfertigen müssen, wenn wir selbst in kirchlichen Häusern ein Kreuz, das Symbol unseres Glaubens, aufhängen wollen. Eine Entwicklung, die in den letzten Jahren immer mehr um sich greift, die bei genauem Hinsehen immer bedrohlichere Formen annimmt.

Und wir schauen ganz einfach zu. Wir tun so, als ginge uns das Ganze absolut nichts an.

Warum wehren wir uns nicht? Warum lassen wir uns so einfach alles gefallen? Müssen wir uns erst wieder von anderen Religionsgemeinschaften zeigen lassen, was es heißt, mutig für seine Glaubensüberzeugung einzustehen, Andersdenkende ganz klar zu respektieren, aber sich trotzdem nicht alles von ihnen gefallen zu lassen? Vor was denn haben wir Angst? Wir brauchen uns unserer Glaubensüberzeugung nicht zu schämen.

Vielleicht braucht es nur wieder Leute, die mutig den Anfang machen.

"Wer Mut zeigt, macht Mut!" Dieser Satz Adolph Kolpings ist für mich auf diesem Hintergrund ganz besonders wichtig. Mutig den Anfang zu machen, aufzustehen und den Mund aufzumachen, auch wenn alle anderen noch ganz ruhig dasitzen - vielleicht ist das eines der wichtigsten Anliegen, das es von Adolph Kolping her für unsere Zeit wieder neu zu entdecken gilt.

Wo wir es tun, dort werden wir ganz sicher entdecken, dass dies dann auch andere ermutigt, dass dies andere ansteckt, auch mitzutun, ebenfalls Farbe zu bekennen und deutlich zu machen, was uns wichtig ist.

"Wer Mut zeigt, macht Mut!" hat uns Adolph Kolping gesagt. Ich wünsche ganz besonders unserer Kolpingsfamilie, dass sie solch ein Mutmacher für unsere Zeit ist, dass sie mutig die nötigen Schritte geht, dass sie den Mut hat, nötigenfalls auch gegen den Strom zu schwimmen, selbst gegen kräftige Ströme.

Wenn unsere Christenheit nur noch mit dem Strom schwimmt, wenn sie nicht mehr gegen verkehrte Ströme ankämpft, dann wird sie recht rasch keine lebendige Christenheit mehr sein, dann wird sie sehr bald zur toten Christenheit werden. Denn nur tote Fische schwimmen immer mit dem Strom.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 6. Dezember 1997 in der Peterskirche, Bruchsal)