Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


26. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Phil 2,1-5)

Brüder! Wenn es Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, dann macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, dass ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht. (Phil 2,1-5)

Ein "Sorglospaket" - von fast allen Reiseveranstaltern können Sie so etwas bekommen.

Liebe Schwestern und Brüder,

es gibt kaum ein Reisebüro, das Ihnen nicht schon beim Buchen ihres Urlaubes so etwas anbietet - ein ganzes Paket von Versicherungen nämlich: eine Reiserücktrittsversicherung, eine spezielle Kranken-, eine Unfall- und natürlich eine Gepäckversicherung.

"Sorglospaket" nennt man so etwas - ein Paket von Versicherungen, das dafür sorgen soll, dass Sie wirklich ohne Sorgen in den Urlaub fahren können. Mit solch einem Paket sind sie schließlich rundum abgesichert. Es kann dann eigentlich gar nichts mehr passieren... Das zumindest versucht man uns weiszumachen.

Spätestens aber, wenn der Koffer nicht am Zielort ankommt, die Urlaubsreise nach einigen Kilometern mit Auffahrunfall endet oder die "wertvollsten Tage des Jahres" im Krankenhaus zugebracht werden, spätestens dann wird deutlich, was ein "Sorglospaket" tatsächlich zu verhindern in der Lage ist: nichts nämlich!

Keine Unfallversicherung schützt vor Unfall, und keine Krankenversicherung verhindert Krankheit. Und sicherer wird durch eine Lebensversicherung höchstens das Sterben. Leben lässt sich nämlich nicht sichern, durch keine Versicherung der Welt.

Das vergessen wir in unserem System von Sicherungsnetzen nur allzu leicht. Unser ganzes soziales Netz, all unsere Versicherungen verhindern nichts. Sie lindern die Schäden, sie helfen wieder auf die Füße und federn die härtesten Folgen ein wenig ab; sie helfen mit den Konsequenzen zu leben - verhindern tun sie nichts.

Um Krankheiten, Unfällen, um Schäden vorzubeugen, braucht es etwas anderes - etwas wovon Paulus im Philipperbrief spricht. Und das ist eigentlich so selbstverständlich, dass man schon wieder in schöner Regelmäßigkeit daran erinnern muss, damit man es nicht vor lauter Selbstverständlichkeit vergisst.

Vielleicht ahnen Sie, worauf ich hinaus möchte: 'Seid wachsam, haltet die Augen offen!'

Das ist das Allerwichtigste! Geht mit einer Aufmerksamkeit durchs Leben, die Gefahren voraussehen lässt. Es gibt nichts, was wirklich wirksamer vor Unfällen schützt, als mit der nötigen Ruhe und vor allem mit Umsicht an die Dinge heranzugehen.

Wie viele Unfälle passieren ganz einfach, weil wir wieder einmal alles hatten, nur keine Zeit, weil alles wieder einmal viel zu schnell gehen musste. Wie viele Beschwerden schleppen wir mit uns herum, weil wir auf alles achtgegeben haben, nur nicht auf unsere Gesundheit. Wenn wir mit anderen so umspringen würden, wie wir es mit dem eigenen Körper oft tun, da würde sich jeder andere ganz schön bedanken.

Achtet auf euch! Das ist der erste Teil einer wirklichen Rundumversicherung, eines wirklichen "Sorglospaketes".

Und an den zweiten Teil erinnert Paulus in der heutigen Lesung ganz ausdrücklich: "Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen."

Um wie viel sorgloser könnten wir alle durchs Leben gehen, wenn wir diesen Rat wirklich befolgen würden? Wenn einmal alle Autofahrer wirklich auf die Fußgänger achten würden - und umgekehrt -, das wäre eine Unfallsicherung! Wenn Menschen an der Kasse im Supermarkt nicht nur drauf schauen würden, dass sie möglichst schnell wieder draußen sind, sondern auch auf das Portemonnaie, das oben auf dem Einkaufskorb einer anderen Kundin liegt und nach dem die Hand des Taschendiebs gerade greift -, wenn andere darauf achten würden, das wäre eine Diebstahlsicherung! Um wie viel sicherer würde unser Leben werden, wenn wir Menschen wirklich aufeinander aufpassen würden.

Und jetzt nicht in jener rechthaberischen Form, die dann dazu entartet, den anderen ständig zu beobachten - und zwar so richtig von oben herab -, sondern wirklich auf diese Art und Weise, wie Paulus es schreibt: "In Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen." Das wäre der Anfang eines wirklichen "Sorglospaketes"

Und komplett wäre es dann, wenn noch ein Drittes hinzukäme: Wenn dann überall dort, wo wir die Dinge - selbst mit all unserer Wachsamkeit - nicht halten können, wenn überall dort Gott mit seinem Schutz eingreift, wenn er uns dann die sprichwörtliche Schaufel Sand unter die Räder wirft, uns mit seinen Engeln begleitet und seine Flügel über uns breitet, dann können wir uns wirklich ohne große Sorgen auf den nächsten Wegabschnitt machen.

Ich weiß, auch das bedeutet nicht, dass uns nie etwas passieren wird. Manches ist vielleicht unumgänglich. Aber ich bin mir ganz sicher: Vieles lässt sich verhindern. Vor Vielem werden wir schon durch unsere Achtsamkeit bewahrt und unermesslich viel hält Gottes fürsorgender Schutz, sein Schutzengel, von uns ab.

Das lässt sich natürlich nur ganz schwer nachprüfen. Und beweisen lässt es sich schon zweimal nicht.

Ob eine Versicherung etwas taugt, das sieht man recht leicht. Denn wenn der Schaden erst einmal eingetreten ist, dann lässt sich mathematisch exakt berechnen, wie gut er reguliert worden ist.

Versicherungen helfen aber immer erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Mit Gottes Hilfe werden wir dafür sorgen, dass erst gar niemand hineinfällt.

Schaden aber, der gar nicht erst eintritt, der lässt sich auch nicht messen. Und beweisen lässt sich so etwas dann schon zweimal nicht.

Nur dankbar sein, dankbar für jeden Schaden, unter dem wir nicht zu leiden haben, dafür dankbar sein sollten wir jeden Tag.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 28./29. September 2002 in der Peters-, Paulus- und Antoniuskirche, Bruchsal)