Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


3. Sonntag der Fastenzeit - Lesejahr A (Röm 5,1-2. 5-8)

Brüder! Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. Christus ist schon zu der Zeit, da wir noch schwach und gottlos waren, für uns gestorben. Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. Gott aber hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. (Röm 5,1-2. 5-8)

"Mittelwort", diesen Ausdruck hatte ich zuvor nie gehört. Ich bin mit der lateinischen Bezeichnung groß geworden. Die deutsche Bezeichnung Mittelwort haben wir nie verwendet. Zu meiner Schulzeit sprach man von Partizip.

"Partizip", so haben wir diese Verbform in der Schule genannt. Und vermutlich werden die meisten von Ihnen diesen Ausdruck auch so kennen. Wir sind ja in der Schule lange genug damit gequält worden - so, wie sich Schüler bis heute in Deutsch genauso wie im Lateinunterricht mit den Partizipien herumschlagen müssen.

Wissen Sie noch? Zwei verschiedene Formen von Partizipien galt es immer zu unterschieden. Wie oft mussten wir sie bestimmen: Das Partizip Präsens Aktiv nämlich und das Partizip Perfekt Passiv. Ein stinklangweiliges Unterfangen, bei dem unsere Lehrer auch noch behaupteten, wir würden da etwas fürs Leben lernen.

"Solch ein Schwachsinn!" hatte ich mir damals gesagt - und mir nie träumen lassen, dass meine Lehrer recht hatten! Ja sogar noch vielmehr, ich habe nicht nur etwas fürs Leben gelernt, ich hatte sogar etwas gelernt, was mir das Leben mittlerweile ungeheuer erleichtert!

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn Sie jetzt ungläubig schauen, dann kann ich das gut verstehen. Ich kann Ihnen aber an einem kleinen Beispiel recht leicht demonstrieren, dass dem wirklich so ist.

Schauen Sie: "gehend", "machend", das sind Partizipien, und zwar "Präsens Aktiv". Die sagen aus, dass jemand jetzt im Augenblick geht oder etwas tut. Er oder sie tut es jetzt, jetzt im Augenblick und höchstpersönlich.

Das Partizip Perfekt Passiv heißt "gemacht". Und da geschieht jetzt nichts mehr, denn alles ist in der Vergangenheit schon geschehen. Es ist Perfekt, ja perfekt im wahrsten Sinne des Wortes.

Und derjenige, von dem hier die Rede ist, der hat auch gar nichts dazu beigetragen. Es handelt sich nämlich um eine Passivform. Irgendein anderer hat getan, ein anderer hat es "gemacht".

Gerecht gemacht aus Glauben haben wir Frieden mit Gott. So lässt Paulus das fünfte Kapitel des Römerbriefes beginnen. Und er verwendet hier ein Partizip: ein Partizip Perfekt Passiv! Wir sind gerecht gemacht!

Vielleicht können Sie erahnen, was das für eine Botschaft ist! Und großartig, dass sie uns ausgerechnet in dieser Zeit in Erinnerung gerufen wird.

Die Österliche Bußzeit, die Fastenzeit - Sie kennen das! - das ist nämlich die Zeit, in der Sie normalerweise nur in der Gegenwart und vor allem im Aktiv angesprochen werden. Da wird Ihnen normalerweise erzählt, dass Sie tun müssen und zwar jetzt! Sie müssen umkehren, diese Zeit nutzen, neu anfangen, tun und machen.

Dabei ist alles schon lange gemacht!

Paulus ruft uns das heute in Erinnerung. Und das ist großartig! Denn mit all unserem Tun würden wir sowieso nichts ausrichten. Als ob wir uns selbst erlösen könnten.

Gott sei Dank kann Paulus uns versichern, dass alles bereits gemacht ist. Es ist perfekt, denn Gott hat es in Jesus Christus ein für alle Mal gewirkt. Wir sind erlöst durch das, was er uns geschenkt hat. Er hat es gewirkt, und wir haben nichts dazu beigetragen, wir konnten es nicht und wir mussten es nicht einmal. Unsere Rolle ist und war eine völlig passive. Wir mussten uns mit Gott lediglich versöhnen lassen.

Ein Partizip Perfekt Passiv verwendet Paulus zu Beginn des 5. Kapitels des Römerbriefes. Und spätestens seit mir dies klar geworden ist, weiß ich, dass ich wirklich etwas fürs Leben gelernt habe, etwas, was Leben leichter macht. Diese einfache Verbform sagt es mir nämlich ganz deutlich: Ich kann und ich muss gar nichts mehr tun. Alles, was wesentlich ist, ist bereits getan. Denn gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 24. Februar 2008 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)