Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Fasnachtssonntag =
4. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 5,1-12a)
In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. (Mt 5,1-12a)
Selig die Armen, heißt es heute,
und selig sind hungernde Leute,
selig, die jetzt nicht lachen!
Was soll ich heut' bloß damit machen?
Es ist grad, als wäre es verhext.
Gibt es denn keinen besseren Text
für Fasnacht in St. Paul oder St. Peter?
einen, der etwas diskreter
erinnern würde an Leid und an Tod,
an Verfolgung, an Armut, Gewalt und an Not?
Es sieht ja jetzt wieder einmal so aus,
als wäre der Kirche die Freude ein Graus.
Während wir lachen und fröhlich sind,
uns unbeschwert fühlen, wie als Kind,
geht's in der Messe wieder einmal
um die Mühsal und die Qual
die das Leben häufig prägen.
Dies könnt' ja den Verdacht erregen,
als hätte die Kirche was dagegen,
wenn wir die pure Freude pflegen.
Kirche steht ja durchaus unter Verdacht,
als gelte: Alles was uns Spaß macht -
das ist Sünde oder macht dick.
Meist genügt schon ein kurzer Blick,
auf die Art, wie Kirche sich präsentiert:
Da ist so Vieles antiquiert,
voller Verboten und Engstirnigkeit,
und häufig ohne Lebendigkeit,
so dass man Kirche alles abnimmt,
nur nicht, dass Freude ihr Wesen bestimmt.
Das fängt schon mit unseren Bischöfen an:
Wenn sie geplant oder spontan
ein Interview im Fernsehen geben,
verkörpern sie meist nur den Ernst vom Leben.
Zum Lächeln verziehen sie selten den Mund,
als wäre Lachen gar ungesund.
Und Kleriker sind spätestens dann,
wenn's offiziell wird, ab und an,
angezogen, dass man sich fürchten kann.
Wenn frohe Farben trägt Frau und Mann,
geht der Pfarrer vom Scheitel bis zur Sohle,
in Kleidern, die schwarz sind wie die Kohle.
Zu den freudigsten Anlässen zieht er sich an -
der die Freude verkündende Gottesmann -,
als ginge er zu einer Beerdigung;
und das gemäß päpstlicher Anordnung.
Dass unser Glaube Freude verheißt,
und den Weg zur Freude in Fülle weist,
bei all dem, was unsere Kirche so treibt,
diese Botschaft auf der Strecke oft bleibt.
Dabei war Jesus kein Trauerklos.
Er zog mit seinen Jüngern los
und war zuerst auf einer Hochzeit zugegen,
wo er für Wein sorgte, des Festes wegen!
Und kein Kind war er von Traurigkeit.
Er genoss das Leben zu seiner Zeit.
Während ein Asket war, Johannes der Täufer,
beschimpfte man Jesus als Fresser und Säufer.
So hätte man sicherlich nicht gesprochen,
wenn er sich vor der Welt hätte verkrochen.
Im Gegenteil - Jesus lehrt lieben das Leben,
weil es uns Gott nämlich hat gegeben.
Und er spricht über das Ziel dieses Lebens
und die Erfüllung all unseren Strebens,
ein Ziel, das in der Freude mündet,
wovon uns jedes Evangelium kündet.
Auch der Text, den wir eben gehört,
hat am Ende die Freude beschwört.
"Freut euch und jubelt", ruft Jesus aus,
und das sollen wir künden jedem Haus.
Wer heute noch weint, soll zukünftig lachen,
denn der Herr wird dem Kummer ein Ende machen.
Das ist die Hoffnung die uns trägt
und unser ganzes Leben prägt.
Und deshalb sind Christen fröhliche Leut'.
Und deshalb freuen wir uns heut'.
Und diese Freude soll'n wir nach draußen tragen,
sie allen Menschen weitersagen.
Zu Jesu Preisungen gehört unbedingt:
Selig ist, wer Freude bringt!
Und selbst, wenn so schreckliche Dinge geschehen,
wie wir sie alle im September gesehen,
selbst wenn in Afghanistan Bomben fallen,
oder in Israel Sprengsätze knallen,
selbst wenn andere daraufhin sagen:
"Wie kann man es denn überhaupt wagen,
in solch einer Zeit frohe Lieder zu singen
und verkleidet durch unsere Straßen zu springen?"
selbst dann gilt - ja gerade in solch einer Zeit -:
unsere Welt braucht Fröhlichkeit!
Wenn wir uns jetzt in die Ecke verziehen,
vor dem Leben ängstlich und traurig fliehen,
dann hätte der Terror nicht nur begonnen,
er hätte über uns dann gar schon gewonnen.
Darüber hinaus will ich mal hoffen,
dass wir nicht dann nur sind betroffen,
wenn alle Medien aus vollen Kanälen,
davon berichten wie man Menschen tut quälen.
Oder werden Kriege dann einfach vergessen
und dass man vielerorts nichts hat zu essen,
wenn keine Kameras dastehn und übertragen?
Elend gibt's überall und an allen Tagen!
Leben ist geprägt von Plagen und Mühsal,
aber grad deshalb brauchts Inseln der Labsal.
Nur derjenige am Ende im Alltag besteht,
der zwischen Kummer und Trauer zu feiern versteht.
Und deshalb braucht es zu allen Zeiten
Menschen, die Fröhlichkeit verbreiten.
Von Jesus her die Parole erklingt:
Selig ist, wer Freude bringt!
Für den, der dem Elend kann nicht entfliehn,
ist Fröhlichkeit schon fast Medizin.
Doch auch, wer in der Wohlstandsgesellschaft ertrinkt,
braucht mehr als Vermögen, damit Leben gelingt.
Wo es nämlich nur noch um eines geht,
wo der Verdienst an erster Stelle steht,
wo Kariere und Gewinn den Menschen einzwängt
und Familie in den Hintergrund drängt,
wo vor lauter Geschäft zu kurz kommt das Leben
keine Zeit ist für Muße - vor lauter Streben,
dort wird das Leben genauso zur Qual,
wird am Ende zum psychischen Jammertal.
Allen, die so sehr eingebunden,
dass sie schon lange nicht mehr gefunden
ein paar Stunden für das eigene Leben,
denen wollen wir ein Beispiel geben.
Nur wer fröhlich sein kann und Lachen entfacht,
findet das, was das Leben lebenswert macht.
Auch in der Leistungsgesellschaft gilt unbedingt:
Selig ist, wer Freude bringt,
Gerade deshalb ist es so wichtig
und von Jesus her ganz sicher ausnahmslos richtig,
dass unser gottesdienstliches Feiern
nicht ausartet in todernstes Leiern
von blutleeren Gebeten, weit weg von der Welt.
Wir sind doch mitten ins Leben gestellt.
Deshalb gehört Freude auch in die Kirche hinein.
Und deshalb dürfte es wirklich nicht sein,
dass ein Kind wird mit bösen Blicken bedacht,
wenn es im Gottesdienst mal ungeniert lacht
oder einfach mal zwischendurch inbrünstig singt.
Gerade hier ist doch selig, wer Freude bringt.
Die Bibel den Gottesdienst ganz ungeniert
immer als Freude vor Jahwe definiert.
Wenn demnach Kinder hier fröhlich lachen
darf man nicht grantige Gesichter machen.
Für den, der zur unserer Kirche geht,
gilt: selig ist, wer Spaß versteht.
Das aber darf man nicht missverstehen.
Es kann bei alldem nicht darum gehen,
dass man, was anderen heilig ist, unbedacht -
mit Fleiß oder auch unbewusst -, lächerlich macht.
Vor allem empfinde ich es nicht als Scherz,
wenn man im Dienste des Kommerz,
religiöse Gefühle der andern verletzt.
Was man so alles in der Werbung jetzt
sehen kann, an Respektlosigkeit
das geht auch mir entschieden zu weit.
Bei Juden und Muslimen, da zum Glück,
hält sich die Werbeindustrie noch zurück.
Da hat man offensichtlich noch ein wenig Respekt
und verzichtet auf den ein oder anderen Effekt.
Bei Christen hingegen nimmt man's nicht so genau,
da zieht man letztlich alles durch den Kakao.
Auch in Bruchsal fängt das ganz langsam an:
Beim Plakat, das man für den Stadtbus ersann,
wurden meine Gefühle sicher noch nicht verletzt,
aber ich war doch schon ein bisschen entsetzt.
"Happy Christ-Max" wünschte man mir da.
Ich weiß, das ist noch kein Eklat.
Aber auch wenn ich mich geben will nicht zimperlich:
so ist Christus doch immer noch der Herr für mich.
Und Max, der Stadtbus, sollte nicht herhalten müssen,
zu solch - für mich - schon peinlichen Ergüssen,
So höhlt mans noch weiter aus, das Weihnachtsfest,
und gibt ihm am Ende endgültig den Rest.
Spaß muss auch seine Grenzen kennen,
man darf sich niemals darin verrennen,
anderen innerlich weh zu tun.
Wirkliche Freude ist dagegen immun.
Und diese Freude, die brauchen wir,
wir brauchen sie heute und brauchen sie hier!
Selig, wer andere zum Lachen bringt,
ganz egal, ob Erwachsene oder Kind,
selig wer Fröhlichkeit verbreitet,
weil genau der Jesus den Weg bereitet.
Freut euch und jubelt, sagt Jesus den Seinen.
Er sagt es den Großen und sagt es den Kleinen.
Und könnt es was schöneres geben auf Erden,
als dass Menschen froher und glücklicher werden?
Drum fangen wir an, suchen die Freude am Leben,
versuchen ein Stück davon dem Nachbarn zu geben.
Und wenn sie dann sprengt unsrer Gemeinden Rahmen,
dann tragt sie ganz einfach nach draußen. Amen.
(gehalten am 2./3. Februar 2002 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)