Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
17. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 13,44-46 mit 1 Kön 3,5. 7-12)
In jenen Tagen erschien der Herr dem Salomo nachts im Traum und forderte ihn auf: Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll. Und Salomo sprach:, Herr, mein Gott, du hast deinen Knecht anstelle meines Vaters David zum König gemacht. Doch ich bin noch sehr jung und weiß nicht, wie ich mich als König verhalten soll. Dein Knecht steht aber mitten in deinem Volk, das du erwählt hast: einem großen Volk, das man wegen seiner Menge nicht zählen und nicht schätzen kann. Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht. Wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren? Es gefiel dem Herrn, dass Salomo diese Bitte aussprach. Daher antwortete ihm Gott: Weil du gerade diese Bitte ausgesprochen hast und nicht um langes Leben, Reichtum oder um den Tod deiner Feinde, sondern um Einsicht gebeten hast, um auf das Recht zu hören, werde ich deine Bitte erfüllen. Sieh, ich gebe dir ein so weises und verständiges Herz, dass keiner vor dir war und keiner nach dir kommen wird, der dir gleicht. (1 Kön 3,5. 7-12)
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker. Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie. (Mt 13,44-46)
"Wer oder was ist die Perle?" das ist die eigentlich entscheidende Frage.
Liebe Schwestern und Brüder,
das wirklich Spannende ist ja nicht der Umstand, dass es im Acker einen Schatz gibt. Dass jemand alles daran setzt, einen Schatz zu heben, nachdem er ihn in seinem Acker entdeckt hat, das ist eine Binsenweisheit. Zu wissen, dass das ein Schatz ist, auf dem Markt etwas zu sehen und sofort beurteilen zu können, dass das wertvoll ist, dass es allen Einsatz lohnt, dass das kein billiger Trödel, sondern eine Perle ist, das ist das Entscheidende.
Wenn wir die Bedeutung einer Sache begriffen, wenn wir etwas als wichtig erkannt haben, dann bringen wir auch Einsatz. In aller Regel ist das so. Kaum jemand von uns, der sich vor Prüfungen nicht auf den Hosenboden setzt, kaum jemand, der nicht bis spät in die Nacht hinein wuselt, wenn es eine Einladung vorzubereiten gilt, der nicht alles herrichtet und vorbereitet, wenn sich Besuch angesagt hat, die Firma ganzen Einsatz verlangt oder beruflich sich ein Termin an den anderen reiht.
"Ich kann doch jetzt nicht hinsitzen, ich hab' jetzt keine Zeit zum Langsam-Machen!" So reagiert doch fast jeder von uns. "Ausruhen kann ich wieder, wenn alles geschafft ist", wenn das Essen auf dem Tisch steht, die Buchhaltung erledigt ist, die letzten Prüfungen überstanden sind...
Wir müssen uns in aller Regel nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass wir uns nicht einsetzen würden und nicht mit aller Kraft an die Dinge herangingen. Dass wir vieles von dem, was wir tun, allerdings sehr kurzsichtig tun, das ist unser eigentliches Problem.
Kaum jemand von uns denkt daran, was uns alle Eile nützt, wenn wir am Ende auf der Nase liegen, was uns all der Einsatz bringt, wenn der Gewinn sich am Ende in Nichts auflöst, und was alles Wachstum und aller Gewinn eigentlich sollen, wenn unsere Gesundheit am Ende auf der Strecke bleibt oder die Partnerschaft in die Brüche geht.
Es geht nicht darum, dass wir uns nicht einsetzen würden. Wer oder was aber die Perle ist, für die es sich wirklich einzusetzen lohnt, das verlieren wir manches Mal aus dem Blick.
Salomo hat das geahnt. Er hat sich deshalb nicht die Perlen und nicht die Schätze gewünscht. Er hat sich Weisheit und Erkenntnis erbeten! Er wollte das, was nur vordergründig wichtig ist, von dem unterscheiden können, was am Ende zählt. Denn darauf kommt es letztlich an.
Es nützt nichts, den Acker mit der Perle zu besitzen, wenn ich den wahren Schatz nicht zu entdecken weiß.
Fragen wir uns deshalb aufs Neue, welche Schätze in unserem Leben zum Greifen nah sind, all unseren Einsatz erwarten und all diesen Einsatz auch lohnen! Blicken wir in die Augen der Menschen, die uns umgeben und entdecken wir unseren wahren Schatz, oder schauen wir in den Spiegel und sehen dort den Menschen, der uns am allernächsten ist und mit dessen Gesundheit wir immer wieder aufs Neue Raubbau treiben.
Schauen Sie auf all das, von dem wir in unserem Innersten eigentlich ganz genau wissen, dass es die wahren Schätze sind. Und entdecken wir sie wieder ganz neu - oder besser: lassen wir sie uns vom Herrn erneut zeigen.
Amen.
(gehalten am 23./24. Juli 2011 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)