Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Fest der Taufe des Herrn - Lesejahr A-C (Apg 10,34-38)

In jenen Tagen begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. Er hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus; dieser ist der Herr aller. Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat: wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm. (Apg 10,34-38)

Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als nur wenige Kilometer von uns entfernt der "Erbfeind" lebte?

Liebe Schwestern und Brüder,

Ich kenne diese Zeiten zum Glück nur noch aus dem Geschichtsunterricht. Und die nach mir geborene Generation hat nicht einmal mehr die richtige Grenze mit den entsprechenden Kontrollen kennengelernt.

Wir schütteln heute den Kopf über eine Zeit, die Gedichte produzierte wie "Jeder Stoß ein Franzos', jeder Schuss ein Russ' und jeder Tritt ein Brit'." Und wenn wir recht tun, dann schütteln wir nicht nur den Kopf, sondern schämen uns für solche Verirrungen in unserer Geschichte.

Der Gipfel der Perversion aber waren die Koppelschlösser mit der Inschrift "Gott mit uns". Als ob Gott auch noch hilfreich dabei wäre, wenn Menschen gegen andere Menschen die Waffen erheben.

Wie falsch und wie verkehrt solches Handeln und Denken ist, hätte man bereits durch einen kurzen Blick in die Schrift erkennen können. Schon in der Apostelgeschichte steht in aller Deutlichkeit, dass die Grenzen von Völkern und Nationen für unseren Gott so etwas von belanglos sind. Gott schaut nicht auf die Person. Ihm ist in jedem Volk willkommen, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.

Das hat schon Petrus erkennen müssen, als er noch davon ausging, dass Gott 'sein' Volk doch mehr lieben müsse, als alle anderen Völker, dass er 'sein' Volk doch allen anderen vorziehen müsse. Das haben unsere Vorväter einsehen müssen, die im Wahn des Nationalismus nicht nur einmal einen Weltenbrand entfachten. Und das muss unsere Generation nicht minder und wieder ganz neu begreifen.

Ein Denken in Deutschen und Türken, in Italienern und Kroaten, in Arabern und Griechen, ein solches Denken ist Gott so etwas von zuwider. Und wer es schürt, der kann nicht davon sprechen, den Gott der Bibel auf seiner Seite zu haben. Gott ist der Vater aller Menschen. Er ist der Schöpfer der ganzen Welt und alle Geschöpfe, alle Menschen sind seine Kinder. Und er wird es nicht zulassen, dass sich seine Menschheitsfamilie auf Dauer entzweit. Es sollte uns klar sein, dass wir die vor uns liegenden Probleme nur gemeinsam bewältigen oder gar nicht.

Das ist auch in Richtung jener gesprochen, die jetzt schon bereits an jenem Bild bauen, dass andere Nationen daran schuld sein werden, dass unser Geld auf Dauer seinen Wert verlieren wird. So lässt sich trefflich von den Versäumnissen der eigenen Politik ablenken, indem man gleich die entsprechenden Sündenböcke präsentiert über die sich der Volkszorn dann entladen kann.

Wie blauäugig kann man denn sein, etwaige Faulheit anderer Nationen als alleinige Ursache für eine Misere zu bezeichnen, deren Ursache so etwas von komplex ist und zu der unsere Art mit Exporten ausländische Wirtschaften geradezu auf den Boden zu drücken, mindestens genauso daran beteiligt ist, so dass sich jede einfache Antwort von vorneherein verbietet.

Es gibt immer Menschen, die falsche Entscheidungen treffen. Es gibt überall Menschen, die andere übers Ohr hauen. Es gibt Menschen, die nicht arbeiten wollen und welche, die nur auf den eigenen Vorteil schielen. Die aber gibt es in allen Nationen und Völkern und es gibt keine Nation, die nur so oder nur anders ist.

Wir Deutschen sind genauso wenig Papst, wie alle Griechen Faulenzer oder alle Spanier Weltmeister.

Wir sind allesamt Menschen, Menschen, die Gott liebt, weil ihm aus jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. Und wir stehen in Verantwortung vor den Menschen und vor diesem Gott, als Brüder und Schwestern in der einen Menschheitsfamilie.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 9. Januar 2011 in der Paulus- und Antoniuskirche, Bruchsal)