Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Fasnachtssonntag =
8. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (2 Kor 3, 1b-6)
Brüder! Brauchen wir - wie gewisse Leute -Empfehlungsschreiben an euch oder von euch? Unser Empfehlungsschreiben seid ihr; es ist eingeschrieben in unser Herz, und alle Menschen können es lesen und verstehen. Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern - wie auf Tafeln - in Herzen von Fleisch. Wir haben durch Christus so großes Vertrauen zu Gott. Doch sind wir dazu nicht von uns aus fähig, als ob wir uns selbst etwas zuschreiben könnten; unsere Befähigung stammt vielmehr von Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. (2 Kor 3,1b-6)
Es ist keine Bagatelle
wenn man eine Arbeitsstelle
heute sucht und dann alsbald
mit der nötigen Sorgfalt
alle Bewerbungsunterlagen
vollständig auch zusammenzutragen
sich bemüht, dass ja nichts fehlt
was für die Bewerbung zählt.
Allen, die sich damit quälen,
kann ich eines nur empfehlen:
Neben einem Lebenslauf,
einem Passbild obendrauf
und dem allerletzten Zeugnis
braucht es eines ganz gewiss.
Wär' die Form noch so adrett,
die Bewerbung wäre nicht komplett
ohne rechte Referenz.
Sie ist fast wie die Essenz
all der vielen Unterlagen.
Ohne sollte man nicht wagen,
eine Bewerbung abzugeben.
Sie würde - so ist das im Leben -
fast ganz ohne Wirkung bleiben
enthielt' sie kein Empfehlungsschreiben.
Warum erzähl ich Ihnen das?
Nun, ich tu es nicht aus Spaß!
Ich erwähne das so breit,
weil dies eine Ähnlichkeit
zu einer ganz andern Sache hat.
Was hier gilt, gilt akkurat -
auch wenn ich schau auf unsern Gott.
Ich mein das ernst und ohne Spott!
Natürlich sucht Gott keine Stelle,
weder als Lehrling, noch als Geselle.
Und doch bewirbt sich Gott tagtäglich
und bemüht sich selbst unsäglich.
Jeden Tag sucht er mit Schmerzen
erneut den Weg zu unsern Herzen!
Gott aber weiß jetzt ganz genau
denn er ist ja unheimlich schlau:
Um Menschen wirklich zu erreichen,
die Herzenshärte zu erweichen,
braucht's jemanden, der gezielt
Gott und sein Anliegen empfiehlt.
Gottes Bewerbung geht es hier
wie der von Ihnen oder mir:
auch sie würd' auf der Strecke bleiben
enthielt' sie kein Empfehlungsschreiben.
Was aber ist Gottes Empfehlung?
Paulus sagt es in der Lesung!
Wir alle haben es gehört soeben.
Wir sind es und unser Leben!
Für Gott sind wir hier offenbar
das allergrößte Reservoir,
denn so, wie wir Christssein betreiben,
so sind wir sein Empfehlungsschreiben.
Seine Kirche, ist seine Referenz
mit der die göttliche Präsenz
unter den Menschen aufleuchten soll.
Er nämlich ist geheimnisvoll;
wir sind lebendig und zugegen.
So könnten an unseren Lebenswegen
andere Gottes Wirken ganz deutlich sehen
und seine Liebe zum Menschen verstehen.
So zumindest hat Gott es gedacht.
Doch hat er sich da nicht 'was vorgemacht?
Unsere Kirche: was gibt sie oft ab für ein Bild?
Sind wir da wirklich ein Aushängeschild?
Wir sollen ein Brief Gottes sein -
Doch unser Erscheinungsbild bereitet mir Pein.
Für viele ist Kirche ein altes Gemäuer
und der einzige Kontakt bleibt die Kirchensteuer.
Das sind Empfehlungen, die wirkungslos bleiben.
Als Gott uns bat um ein Empfehlungsschreiben -
darauf leiste ich jeden heiligen Eid -
dachte er nicht an einen Steuerbescheid!
Wenn man dann aber wirklich einmal -
meistens so jedes zweite Quartal -
Post bekommt von der Pfarrei
liegt sicher eine Zahlkarte dabei!
Straßensammlung und Spendenaufruf -
auf Dauer bringt uns das in Verruf.
Es wird uns letzte Sympathien rauben
und empfiehlt absolut nicht unseren Glauben.
Das ist nicht die Referenz, zu der Gott aufrief,
es erinnert eher an einen Bettelbrief.
Nun sagen viele ganz betroffen:
"Da können wir eigentlich nur hoffen,
dass Menschen irgendwann einmal -
warum ist schließlich ganz egal -
zufällig in einen Gottesdienst kommen."
Oh je, da werd ich ganz beklommen!
Nicht heute - das ist sonnenklar,
aber meistens, so verteilt über's Jahr,
da sind Gottesdienste kein Aushängeschild.
Sie bieten doch eher ein tristes Bild.
Besuchen Sie Kirchen landab und landauf,
dann finden Sie sicher Beispiele zuhauf.
Bei manchem Gottesdienst, der so zu sehn,
muss auch ich ganz kleinlaut gestehn:
das hat meist wenig zu tun mit Feier,
sehr häufig verkommt es zu reinem Geleier.
Auch wenn ich jetzt rühre an ein Tabu:
Auf manchem Friedhof geht es lebendiger zu.
Und das soll unser Aushängeschild sein?
Diese Referenz taugt eher zum Totenschein!
Dann sehen wir halt nicht auf die Pfarreien,
die ja ganz unterschiedlich gedeihen.
Schauen wir jetzt doch allein
auf die Kirche ganz allgemein.
Denn die öffentliche Meinung
über die derzeitige Erscheinung
unsrer Kirche prägt wie nie
natürlich deren Hierarchie.
Doch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit
ist die Leitung unserer Christenheit
offensichtlich schlecht beraten.
Das waren keine Ruhmestaten,
was man da hörte allgemein,
als es ging um den Beratungsschein.
Natürlich ist das Deutsche Recht
in vielen Punkten wirklich schlecht.
Doch als nach so viel Diskussionen
über unterschiedliche Positionen
die Bischöfe endlich fanden einen Kompromiss,
bekam ihre Einheit einen deutlichen Riss.
Einige haben die Gemeinschaft verletzt
und wie Schulerbuben in Rom gepetzt.
Und wie Rom dann hat reagiert -
mich persönlich hat das schockiert.
Ein solches Diktat - ein jeder soll's wissen,
das ist nicht hilfreich, das ist bekannter kurialer Stil.
Es war wie ein Schlag in das Gesicht.
Für unseren Glauben wirbt das nicht.
In Erinnerung bei den Menschen wird bleiben:
diese Kirche gleicht eben einem Mahnschreiben
Doch auch Laien sind - weiß Gott - nicht besser,
manchmal treiben sie es gar noch kesser.
Da gibt es eine Partei in unserem Land
die wird sogar nach Christus benannt!
Doch bei all dem, was man jetzt erfährt,
und was da alles wird aufgeklärt,
da ist auch sie alles andere als Erleuchtung.
Für mich ist das eine große Enttäuschung.
Das wirbt nicht für christliche Werte,
ist nicht die Empfehlung, die Gott so begehrte,
Die Spitzen erinnern bei dieser Gesittung
mich eher an eine Spendenquittung
So müssen wir wohl traurig gestehen,
dass wir aufs große und ganze gesehen
Gott die Empfehlung schuldig bleiben!
Wir sind wie Steuerbescheid und Mahnschreiben
Bettelbrief, Spendenquittung, selbst Totenschein,
doch nicht die Referenz, die wir sollten sein!
Die große Empfehlung, die sind wir halt nicht,
und trotzdem gibt es da und dort Licht!
Denn überall, wo Menschen sich lieben,
dort wird an Gottes Empfehlung geschrieben.
Wo Frauen ihre Mütter pflegen,
dort ist unser Gott zugegen.
Wo Eltern sich um Kinder sorgen,
dort ist Gott nicht mehr verborgen.
Wo Menschen füreinander stehen,
dort ist Gottes Liebe zu sehen.
Sie ist nicht fertig, Gottes Empfehlung auf Erden,
aber genau betrachtet, ist sie im Werden.
Und wer weiß - so was ist immer relativ -
Vielleicht wird's ja doch noch ein Liebesbrief.
Amen.
(gehalten am 26./27. Februar 2000 in der Peters- und Pauluskirche Bruchsal)