Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


7. Sonntag der Osterzeit - Lesejahr B (1 Joh 4,11-16)

Liebe Brüder, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben. Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben. Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als den Retter der Welt. Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er bleibt in Gott. Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm. (1 Joh 4,11-16)

Spätestens da müsste man das Jugendamt einschalten: Wenn Eltern ihre Kinder weinend tagelang vor der Tür stehen lassen, weil Sie nicht anständig waren und das Zimmer nicht aufgeräumt haben, oder wenn Eltern ihren Kindern nichts mehr zu essen geben, sich nicht mehr um sie kümmern oder gar verwahrlosen lassen und das nur, weil die Kinder sich den Anordnungen der Eltern widersetzt haben - spätestens da ist jedem klar, dass man das nicht einfach so geschehen lassen kann.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn Eltern sich nicht schon deswegen um ihre Kinder mühen, weil sie sie lieben, dann gilt es, sie wenigstens an ihre Fürsorgepflicht zu erinnern. Und notfalls muss man eben das Jugendamt einschalten.

Bei Gott müsste man das wohl auch ab und an tun. Zumindest wenn es stimmt, was Menschen sich so vorstellen.

Da wird doch glatt erzählt, Gott würde seine Kinder strafen und zwar mehr als nur hart. Wenn sie sich seinen Anordnungen widersetzen, dann würde er sie aussperren. Für den, der Gottes Gebot übertritt, für den sei das Himmelstor geschlossen und zwar auf immer und ewig. Und wer sich ungebührlich über seinen Vater äußere, dem würde er auf der Stelle irgendwelches Unglück zustoßen lassen.

Und manchmal würde er seine ganze Kinderschar mit Krankheiten, mit Katastrophen, mit Tod und Vernichtung schlagen. Von Strafe Gottes wird dann gesprochen.

Wenn es sich hier um irdische Eltern handeln würde, man hätte ihnen schon lange das Jugendamt auf den Hals gehetzt!

Aber keine Angst, Gott hätte wohl kaum etwas zu befürchten. Falscher Alarm! Das Jugendamt würde - denke ich - nichts zu beanstanden haben!

Das bringt nicht zuletzt die heutige Lesung zum Ausdruck. Gott liebt seine Kinder nämlich. Und er ist sogar die Liebe.

Und bei genauem Hinsehen entpuppen sich all die Gerüchte darüber, welche Strafen Gott verhängen und was alles an Härte er an den Tag legen würde, bei genauem Hinsehen entpuppen sich solche Gerüchte als nichts anderes denn als Schauermärchen.

Sie sind einfach nicht wahr!

Lassen Sie sich von nichts und niemandem ins Bockshorn jagen! Gott liebt seine Kinder.

Und was seine Kinder zu lieben im Letzten bedeutet, hat mir ein kurzer Bericht in den Medien wieder neu vor Augen geführt.

Dieser Tage feiert ja Fürst Rainer von Monaco seinen 80. Geburtstag. Und in diesem Zusammenhang wurde auch kurz über sein Verhältnis zu seinen Kindern und all ihren Skandalen berichtet und wie der Fürst damit umgeht.

Und als Quintessenz meinte der Reporter: Egal, was seine Kinder auch tun würden. Fürst Rainer ist zu sehr Vater, als dass er jemals aufhören könnte, zu seinen Kindern zu stehen. Egal was sie auch tun werden, er wird nie mit ihnen brechen!

Wenn das schon für einen menschlichen Vater gilt, wenn das schon einen liebenden Vater hier auf der Erde auszeichnet, um wie viel mehr dann den Vater, von dem Johannes sagt, dass er die Liebe selbst ist.

Weg mit all den Schauermärchen über Gott. Weg mit all der Angst, was er seinen Kindern alles antun könnte. Für Gott gilt erst recht: Er ist so sehr Vater und Mutter, dass er niemals aufhören könnte, zu seinen Kindern zu stehen. Egal was sie auch tun werden, er wird nie mit ihnen brechen!

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 31. Mai / 1. Juni 2003 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)