Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
15. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Mk 6,7-13)
In jener Zeit rief Jesus die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben, und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen. Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst. Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter, und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie. Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie. (Mk 6,7-13)
Wenigstens einmal im Semester kam das im Wohnheim vor: Da standen Studentinnen und berichteten von einem Kommilitonen auf dem Stockwerk, der zum Beispiel Prüfungsangst hatte und jetzt in immense Alkoholprobleme hineingerutscht sei. Und sie wollten ihm so gerne helfen.
Zur Beratungsstelle um die Ecke sind sie dann gegangen, um sich Rat zu holen. Aber es gab jedes Mal die gleiche ernüchternde Antwort: Wenn der Betreffende nicht selber kommt und zwar aus freien Stücken, weil er selbst etwas ändern will, wenn er nicht wirklich selbst aus dem Dilemma herauskommen möchte, dann könne man wirklich nichts machen, dann müsse der Leidensdruck erst so groß werden, dass er selbst sich am Ende wirklich aufrafft, dass er selbst es wirklich will.
Zum Glück tragen könne man einen Menschen nicht.
Liebe Schwestern und Brüder,
das ist schmerzhaft. Wenn man jemandem helfen möchte und es nicht kann, wenn man jemandem Gutes tun will, der aber gar nicht möchte.
Das ist ein Gefühl, das Sie sicher alle kennen. Denn jeder und jede von uns wollte sicher schon mehr als einmal Menschen zum Glück tragen.
Denken Sie nur an die Hausaufgaben Ihrer Kinder. An so viele gute Ratschläge, die Sie ehrlichen Herzens gegeben haben, die aber auf taube Ohren stießen. Und was das für einen Schmerz bereitet, erleben zu müssen, wie jemand, den man mag, mit dem Kopf gegen die Wand läuft und man nichts dagegen tun kann, weil er sich nichts sagen lässt, weil er sich einfach nicht helfen lassen will.
Da versucht man alles und muss am Ende einsehen, dass man es eben nicht erzwingen kann.
Ist ja bei uns in den Gemeinden nicht anders! Da kann man die tollsten Angebote setzen, da kann man Veranstaltungen planen von einer ungeheuren Qualität, und es wird immer einige geben, die einfach nicht wollen, die gleich den Kopf schütteln, von vorneherein wissen, dass das nichts für sie ist, ohne überhaupt genau hingeschaut zu haben.
Wie oft hätte ich da Menschen schon zu ihrem Glück tragen wollen und kann auch nur immer wieder feststellen, dass wenn Menschen nicht möchten, einfach nichts zu machen ist.
Das ist ja keine neue Erscheinung, damit hat ja schon Jesus zu kämpfen gehabt. Nicht umsonst hat er seinen Jüngern, mit auf den Weg gegeben, dass dort, wo Menschen nicht wollen, Menschen eben auch nichts ausrichten können.
"Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter."
Seid jederzeit bereit Rechenschaft abzulegen, von der Hoffnung die Euch erfüllt, überall, wo man es hören möchte, wo Menschen dafür die Ohren und vor allem die Herzen öffnen, kündet überall dort von der Hoffnung, die Euch leben lässt - wo man aber absolut nicht will, dort kann man auch nichts erzwingen.
Wenn man euch in einem Ort nicht aufnimmt und nicht hören will, dann geht weiter.
Wir können nur werben,. nur einladen, wir können nur die Hände reichen, den Menschen in der Gemeinde, wie den eigenen Kindern. Zum Glück tragen können wir die Menschen nicht.
Manchmal schmerzt das, manchmal schmerzt das sehr, aber wir brauchen daran nicht zu verzweifeln. Wenn Jesus sagt: "... dann geht weiter...", bedeutet das ja nicht, dass damit alles zu Ende wäre.
Vielleicht sind es andere, die helfen können, zu anderen Zeiten, und selbst wenn Menschen es nicht fertig bringen: Gott ist schließlich auch noch da. - Er ist es, der trägt! Er trägt uns, und er trägt jeden Menschen. Gott trägt jeden Menschen - zum Glück.
(gehalten am 12. Juli 2009 in der Antonius- und Peterskirche, Bruchsal)