Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
5. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (1 Kor 9,16-19. 22-23)
Brüder! Wenn ich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde! Wäre es mein freier Entschluss, so erhielte ich Lohn. Wenn es mir aber nicht freisteht, so ist es ein Auftrag, der mir anvertraut wurde. Was ist nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium unentgeltlich verkünde und so auf mein Recht verzichte. Da ich also von niemand abhängig war, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen. Den Schwachen wurde ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben. (1 Kor 9,16-19. 22-23)
Es ist tatsächlich passiert, nicht erfunden! Ein Kollege hat mir davon erzählt. Es war nach einer Trauung und wie üblich hat er sich vom Brautpaar verabschiedet. Unüblich war nur, dass der Bräutigam ihm dabei die Hand drückte und ganz gönnerhaft sagte: "Danke, dass Sie für uns jetzt den Aff' gemacht haben!"
Liebe Schwestern und Brüder,
ja, es ist wirklich passiert. Und obwohl ich nicht dabei war, kann ich es mir sehr gut vorstellen.
Mir hat zwar noch nie jemand gesagt, dass ich mich bei einer Trauung zum Affen gemacht hätte, aber das Gefühl, kann ich gut nachvollziehen. Denn nicht immer fühle ich mich bei einer Trauung heutzutage so ganz wohl.
Ich habe mich ja schon daran gewöhnt, mit den Worten zu beginnen: "Der Herr sei mit euch - und auch mit mir!" weil an eine wirkliche Antwort der Mitfeiernden - oder auch Nicht-mehr-Mitfeiernden - häufig schon gar nicht mehr zu denken ist. Aber manchmal kommt es dann schon gar zu dick. Da hat man dann nur noch das Gefühl eben ein Zeremonienmeister zu sein, den es für eine Trauung in der Kirche jetzt halt mal braucht. Da scheint nur noch der Kirchenraum wichtig zu sein und der feierliche Rahmen. Und den Pfarrer und den Gottesdienst den nimmt man dabei halt bestenfalls noch in Kauf.
Mag sein, dass ich da manchen Brautleuten Unrecht tue, aber das Gefühl macht sich halt manchmal schon breit.
Ich tröste mich dann übrigens mit dem Gedanken, dass es für irgend etwas schon noch gut sein wird. Vielleicht trifft ja doch das ein oder andere Wort, oder es bleibt zumindest hängen, dass Menschen eine gute Erfahrung mit Kirche gemacht haben - Und wer weiß für was das dann gut ist.
Und manchmal fällt mir auch Paulus in solchen Situationen ein - gerade die Stelle, die wir eben als Lesung gehört haben: "Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten."
Vielleicht gehört da ja auch dazu, dass man sich ab und an halt auch zum Affen macht.
Ab und an wird sich Paulus auch so vorgekommen sein. Für alle hat er sich zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen. Den Schwachen ist er ein Schwacher geworden; den Griechen ein Grieche. Für die Hafenarbeiter hat er sich in den Hafenspelunken herumgetrieben und von den Gelehrten auf dem Areopag auslachen lassen.
Und er hat uns dabei vorgemacht, wie Weitergabe des Glaubens geschieht - auch in der Gegenwart: Seinem Beispiel zu folgen, heißt dann nämlich, dass man für die Intellektuellen zu jemanden wird, der den Glauben rational durchdringt und verantwortet Rechenschaft ablegen kann. Und für die Kinder muss man jemand sein, der einfache Bilder beherrscht, mit einfachen Worten die schwierigsten Zusammenhänge leicht nachvollziehbar darstellen kann. Für die Senioren muss man kurz und verständlich sein, damit nach der Auseinandersetzung mit dem Glauben das Kaffeetrinken nicht zu kurz kommt - und laut sprechen muss man dort natürlich auch. Für die Trauernden muss man einfühlsam sein, mitfühlend und verstehend. Bei den Erstkommunikanten gilt es die Richtung zu weisen, da und dort die Grenzen aufzuzeigen und auch mal ein Machtwort zu sprechen. Bei Taufen hat man die Freude zu teilen und an Fasnacht ausgelassen fröhlich sein. Und bei Trauungen muss man sich halt auch ab und an zum Affen machen lassen - zumindest hätte Paulus das so getan. Als Tor, oder besser als Narr um Christi willen ist er, wie er selbst sagt, manchmal dagestanden. Allen ist er eben alles geworden.
Eines allerdings hat er bei all dem nie gemacht: Den Nicht-Glaubenden ist er nie zum Ungläubigen geworden! Bei allem Nachgehen, bei allem Versuchen, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, bei allem Verständnis für die Situation seiner Adressaten - von seinem Glauben ist er nie gewichen!
Und das ist wichtig. Ich kann viel über die Form nachdenken. Die kann sich jederzeit ändern. Die ist abhängig, von den Menschen, die ich vor mir habe. Die muss in Indien eben anders aussehen, als in Bruchsal und noch einmal anders in Peru. Das ist auch absolut kein Problem. Denn die Form ist nur das Gefäß, das Gefäß, in dem der wertvolle Inhalt transportiert wird. Und um den geht es letztlich, den wollen wir den Menschen nahe bringen. Das was Christus für uns bedeutet, das gilt es weiterzutragen, in alle Ecken und Enden der Welt.
Und das heißt für uns hier in dieser Stadt mittlerweile auch wieder im wahrsten Sinne des Worte in alle Straßen und in jede Gasse. Denn auch hier gilt es wieder ganz neu, Menschen nachzugehen und für den Glauben so zu werben, wie das ein Paulus damals in den Städten seiner Zeit getan hat.
Auch wir müssen hier vor Ort wieder ganz neu lernen, missionarische Kirche zu sein. - Nicht, weil wir uns das ausgesucht hätten, nicht weil wir uns danach drängen würden, sondern weil wir als Menschen, die von Christus begeistert sind, gar nicht anders können. Und dafür, dafür machen wir uns manchmal sogar zum Affen.
Amen.
(gehalten am 4./5. Februar 2006
in den Kirchen der Seelsorgeeinheit St. Peter, Bruchsal)