Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Predigt am Karfreitag
Das Christkönigfest, es steht am Ende des Kirchenjahres. Man feiert den Herrn, der in all seiner Pracht wiederkommt und sein Reich des Friedens aufrichtet. Das ist die Hoffnung. Das ist die Verheißung.
Liebe Schwestern und Brüder,
der Karfreitag, das ist die Wirklichkeit.
Der Weg des Jesus von Nazareth, den wir als Messias glauben, führt nicht schnurgerade in die Herrlichkeit. Davor steht das Kreuz.
Und dieser Christus macht uns deutlich, dass es da wohl keinen Weg darum herum gibt.
Wer aufrichtig ist, sich auf die Seite der Unterdrückten stellt, wer friedfertig lebt und immer die andere Wange hinhält, der kommt auf dieser Welt wohl unweigerlich unter die Räder. Diejenigen, die das Leben anders angehen, die Rücksichtslosen und Gewalttätigen, das sind die, die zunächst einmal obsiegen.
Um das zu sehen, brauchen wir nicht erst den Text des Evangeliums. Dazu reicht es völlig aus, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Wer die Ellenbogen auspackt, der boxt sich an die Spitze. Wer den Weg der Gewaltlosigkeit so konsequent, wie es Jesus von Nazareth vorgelebt hat, zu gehen beginnt, der wird in unserer Gesellschaft ziemlich sicher den Kürzeren ziehen.
Wer Christus nachfolgen möchte, muss sich dessen bewusst sein. Dass die Gnade Gottes dafür sorgt, dass man in diesem Leben Erfolg hat, das ist eine Mär. Dass einem die Welt zu Füßen liegt, ist keine Frucht der göttlichen Gnade. In aller Regel ist das eine Folge der Leichen, die man im Keller vergraben hat. Übermäßiger Wohlstand gründet fast immer darauf, dass andere geschluckt und ausgestochen wurden, dass andere deswegen auf der Strecke geblieben sind.
Erfolg ist keiner der Namen Gottes. Der Weg der konsequenten Nachfolge ist der Kreuzweg.
Ich kann auf diesem Weg manchmal sogar einigermaßen in Frieden leben, aber selten in Selbstbestimmung und Freiheit. Denn es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Wenn ich dann nicht mit gleicher Münze zurückzahlen möchte, bedeutet das halt einstecken, stillhalten und klein beigeben.
Ist ein solch konsequenter Weg der Nachfolge wirklich der meine?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich weiß nicht, ob ich wirklich die andere Wange hinhalten würde, wenn jemand auf mich einschlägt.
Ich tue es ja nicht einmal, wenn mir jemand mit Worten ans Bein pinkelt. Selbst da bin ich ja nicht bereit, alles stillschweigend hinzunehmen. sondern ich wehre mich so gut es eben geht.
Ich habe alle Hochachtung vor Menschen, die dem Beispiel Jesu Christi wirklich folgen, die keine Gewalt anwenden, die größtes Unrecht ertragen, um nicht selbst gewalttätig zu werden. Ich weiß nicht, ob ich es könnte.
Eines aber weiß ich. Von anderen zu verlangen, dass sie es doch tun müssten, von anderen zu verlangen, dass sie sich mit Blümchen in der Hand vor die Panzer stellen sollen, die ihre Häuser zerstören und ihre Kinder töten, während ich selbst im Warmen auf der Couch in Sicherheit sitze - es von anderen zu verlangen, das ist zu einfach, viel zu einfach und zynisch.
Amen.
(gehalten am 7. April 2023 in der Kirche St. Nikolaus, Ettenheim-Altdorf)