Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


7. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C (Lk 6,27-38)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln. Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin, und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd. Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück. Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen. Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden. Und wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. Und wenn ihr nur denen etwas leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern in der Hoffnung, alles zurückzubekommen. Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist! Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden. Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß wird man euch beschenken; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden. (Lk 6,27-38)

"Ihr sollt eure Feinde lieben!" Meint er das wirklich ernst?

Sollen die Menschen in der Ukraine Putin etwa auch noch lieben?

Und soll ich etwa, diejenigen lieben, die uns übelwollen, die, die hier alles, was mir in den letzten Jahrzehnten so wichtig geworden ist, kaputt machen möchten?

Soll ich denjenigen, die Hass und Hetze und Fremdenfeindlichkeit in unserem Land schüren, die das Klima vergiften, Menschen diffamieren und stigmatisieren auch noch Liebe schenken?

Liebe Schwestern und Brüder,

ich gebe zu, das fällt mir mehr als schwer. Oder besser und weit ehrlicher gesagt: Ich kann das nicht.

Ich habe schon Schwierigkeiten damit, diejenigen, die heute ihre Stimme rechten Brunnenvergiftern geben, nicht zu verachten. Von Liebe kann da überhaupt keine Rede sein.

Wenn Jesus das mit der Liebe genau so meint, wie der Begriff von Brautleuten etwa immer wieder verwendet wird, dann sehe ich alt aus. Das krieg ich hier nicht hin.

Aber vielleicht kann ich mich diesem großen Wort "Liebe" ja auch von einer etwas anderen Seite her nähern. In den paulinischen Briefen habe ich eine Stelle gefunden, die mir ein wenig hilft, dieses hochtrabende Wort "Liebe" ein wenig stärker zu erden. Dort, im Kolosserbrief, findet sich der Ausdruck "Einer trage des Anderen Last".

Wenn dann die Schmetterlinge im Bauch verflogen sind, vielleicht ist das dann eine ganz gute Umschreibung dessen, was Liebe letztlich ausmacht:

"Einer trage des Anderen Last". Eine Partnerschaft, die auf diesem Fundament steht, ich könnte mir vorstellen, dass die gute Chancen hat. Und vielleicht macht das am Ende Liebe ja auch tatsächlich aus, dass man einander tragen hilft. Und dass man dort für den oder die Andere einsteht, wo er und sie es alleine einfach nicht schaffen.

Und aus dem gegenseitigen Tragen wird dann vielleicht manchmal ein Einfaches "ertragen". Manchmal geht es dann nur noch darum, den Anderen eben zu ertragen.

Das könnte dann auch ich schaffen.

Die, die völlig anderer Meinung sind, die, die am Ende ganz anderes wollen, und selbst die, die mir letztendlich sogar übelwollen, sie einfach zu ertragen. Das könnte dann auch ich schaffen.

Und vielleicht macht das dann ja schlussendlich sogar unser aller Miteinander auf dieser immer kleiner werdenden Erde aus. Es wäre ja schon viel geholfen, wenn wir es schaffen würden uns gegenseitig zu ertragen - so wie wir sind, mit allem, was uns ausmacht.

All diejenigen, selbst meine Feinde einfach zu ertragen - vielleicht ist das nicht das Höchstmaß der Liebe, vielleicht aber reicht es im Großen und Ganzen tatsächlich ja schon aus: sie alle eben zu ertragen.

Denn manchmal ist das schon das Höchste der Gefühle, manchmal geht einfach nicht mehr.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 23. Februar 2025 in den Kirche St. Cosmas und Damian, Bruchsal-Untergrombach)