Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
23. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C (Weish 9,13-19)
Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will? Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken; denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist. Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt; wer kann dann ergründen, was im Himmel ist? Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast? So wurden die Pfade der Erdenbewohner gerade gemacht, und die Menschen lernten, was dir gefällt; durch die Weisheit wurden sie gerettet. (Weish 9,13-19)
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist,
ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist...
Liebe Schwestern und Brüder,
das ist die zuverlässigste Bauernregel, die ich kenne. Und wahrscheinlich ist es auch die einzige Wettervorhersage, die immer hundertprozentig stimmt. Bei allen anderen Prognosen kann man schließlich mehr als nur ein Fragezeichen anbringen.
Natürlich werden mir Meteorologen jetzt vorrechnen, dass die Trefferquote des Wetterberichtes weit besser sei als ihr Ruf. Und natürlich sind unsere Wettervorhersagen mit all den neuen Analysen und computergestützten Methoden mittlerweile sehr exakt geworden.
Das ändert aber nichts daran, dass jeder von uns den Regenschirm schon einmal mitgenommen hat, weil todsicher Regen angesagt worden ist - und nichts ist passiert. Und es ändert auch nichts daran, dass jeder von uns - als eigentlich Sonne pur verkündet wurde und dementsprechend Schirm und Regenmantel zu Hause geblieben sind - am Ende als begossener Pudel mitten im Gewitterregen stand.
Wirklich exakt vorherberechnen, lässt sich das Wetter eben nur bedingt. Und wenn es um größere Zeiträume geht, als die nächsten ein, zwei Tage, dann sind alle Prognosen sowieso reine Glückssache. Bei allen Vorzeichen, die es gibt, folgt die Natur eben doch ihren eigenen Regeln. Und ob der Mensch die jemals wird völlig ergründen können, das steht genauso in den Sternen, wie das Wetter von nächster Woche.
Nicht umsonst heißt es im Buch der Weisheit, in jenem Abschnitt, den wir eben gehört haben:
"Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken."
Wir können planen, und wir müssen es sogar. Was am Ende aber dann dabei heraus kommt, das hat keiner von uns wirklich in der Hand. Und da ist die Frage, ob es morgen regnet oder nicht, noch das allerkleinste Problem.
Keiner, der eine Fahrt zu einem entlegenen Ziel beginnt, kann - trotz noch so guter Planung und Vorbereitung - hundertprozentig davon ausgehen, dass er auch wirklich sicher wieder zurück kommt. Keiner weiß, ob er auch wirklich vor einem Unfall oder sonstigen Katastrophen verschont bleiben wird. Keiner, der eine Partnerschaft eingeht, kann sagen, ob das auch wirklich auf Dauer gut geht. Und keiner, der im Arbeitsleben steht, kann sich sicher sein, dass er davon verschont bleiben wird, wegrationalisiert zu werden. Und wie es mit meiner Gesundheit aussehen wird, das kann erst recht kein Mensch mit Sicherheit sagen.
Wie heißt es noch im Buch der Weisheit?
"Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht." Wer könnte da ergründen, was die Zukunft wirklich bringt?
So, wie man trotz großartiger Prognosen - wie aus heiterem Himmel - plötzlich im Regen steht und ein Gewitter über einen hereinbricht, so kann die schönste Karriere, das größte Glück und der beste Plan urplötzlich wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.
Das Leben und was es wirklich noch so alles bringen wird, das ist so unsicher wie das Wetter in 14 Tagen.
Gut, wer dann den Regenmantel eingepackt hat, obwohl kein Niederschlag vorherzusehen war. Oder besser noch: wer dann einen Unterschlupf findet, einen Ort, an dem er beschirmt wird, jemanden, der ihn beschirmt, der ihm hilft, auch Regenzeiten durchzustehen. Glücklich der Mensch, der um so jemanden weiß.
Und das heißt, dass wir uns eigentlich glücklich schätzen können. Denn wir feiern jetzt so jemanden.
Wir feiern den, der uns Halt geben möchte - Halt genau an solchen Tagen unseres Leben!
Gut, dieser Gott, dem wir glauben, sagt uns nicht voraus, was noch alles auf uns zukommt. Er lässt uns keinen Blick auf unser zukünftiges Geschick werfen. Das tut er nicht - und das ist vielleicht auch ganz gut so.
Aber er tut etwas, was viel wichtiger ist. Und das besingen wir nachher in einem Lied, das sie alle kennen:
"Er ist es, der uns trägt,
in Händen und erwählet,
der seine Huld nicht wägt,
noch seine Gnade zählet,
der um uns her die Flügel schlägt,
und uns darunter birgt und hegt."
Gott sagt uns zu, dass er da sein wird, dort, wo dann Stürme und Gewitterregen wieder zuschlagen werden. Er sagt sie nicht voraus, aber er ist da und er steht uns zur Seite. Und das ist eigentlich das viel Wichtigere.
Ob es regnen wird oder nicht, diese Frage ist nämlich gar nicht mehr so bedeutsam, sie ist gar nicht mehr so drängend, wenn man weiß, dass man auf jeden Fall einen Unterschlupf hat, wenn man jemanden kennt, bei dem man auf jeden Fall unterkommen kann, und wenn man sich sicher sein darf - bei allem dumpfen Gefühl in der Magengegend - wenn man trotzdem ganz fest daran glauben darf, dass dieser Jemand der einen dann beschirmt, letztlich selber dafür sorgen wird, dass man ihn am Ende gar nicht verfehlen kann.
Amen.
(gehalten am 8./9. September 2001 in der Peterskirche, Bruchsal)