Predigten aus der Praxis
Ansprachen für Sonn- und Festtage
Fasnachtssonntag =
3. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (1 Kor 1,10-13. 17)
Ich ermahne euch, Brüder, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid alle einmütig, und duldet keine Spaltungen unter euch; seid ganz eines Sinnes und einer Meinung. Es wurde mit nämlich, meine Brüder, von den Leuten der Chloe berichtet, dass es Zank und Streit unter euch gibt. Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus - ich zu Apollos - ich zu Kephas - ich zu Christus. Ist denn Christus zerteilt? Wurde auch Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden? Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden, aber nicht mit gewandten und klugen Worten, damit das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird. (1 Kor 1,10-13. 17)
Mein lieber Paulus, hör' mal her,
was Du da willst, ist viel zu schwer!
Verlang, dass wir den Zehnten geben
oder nach Gottes Geboten leben.
Todsünden meiden wir - alle sieben.
Wir tun sogar unsere Feinde lieben!
Nur eines kannst du nicht verlangen,
brauchst gar nicht damit anzufangen!
So etwas kannst du echt nicht bringen,
uns das Versprechen abzuringen
alle sollten tagaus, tagein
tatsächlich einer Meinung sein.
Wie soll denn so was funktionieren?
Das kann man doch nirgendwo studieren!
Kein Streit mehr zwischen Generationen
oder verschiedenen Nationen?
In Karlsruhe würde man nie mehr daran leiden,
dass man in Stuttgart würd' eigennützig entscheiden?
Nie mehr gäbe es mit den Württembergern Streit?
Zwischen Baden und Schwaben nur noch Einigkeit?
Und nie mehr dürften wir Schwabenwitze machen
oder voller Inbrunst darüber lachen,
dass die Schwaben - so weiß es doch jedes Kind -
vom Bayern zum Menschen nur der Übergang sind?
Einer Meinung sollten wir sein?
Was besseres fällt dem Paulus nicht ein!
In der Obervorstadt ist das sowieso nicht zu schaffen.
Dort sagt ich einmal: Ich verteil einfach Waffen
und sag: Erschießt mir jetzt doch ganz einfach,
alle anderen mit denen ihr habt Krach.
Dann wäre der Kalender wohl zwei Wochen zu,
mit Beerdigungen, dann aber hätt' ich auf ewig Ruh.
Da sagte doch einer zu mir ganz trocken: Ach!
Meinen Sie denn, mit Ihnen hätte keiner hier Krach?
Ja, schon schwer genug ist es mal eben,
mit anderen Menschen in Frieden zu leben.
Darüber hinaus aber auch noch einig zu sein,
was noch Schwereres fällt mir wirklich nicht ein.
In der Familie herrscht ganz selten Einigkeit.
Zwischen den Partnern: Wie oft gibt es da Streit?
Und dann all die Auseinandersetzungen
zwischen schon Alten und noch Jungen.
Und ganz besonders packt mich das Grauen,
wenn wir uns am Arbeitsplatz umschauen.
Und das nicht etwa deswegen,
weil es so viel Streit gibt unter Kollegen.
Ich meine ganz andere Differenzen.
Denn die eigentlichen Turbulenzen,
die gibt es in der Arbeitswelt
dann, wenn dem Chef etwas nicht gefällt.
Und gibt es hier wirklich einen, der
mit seinem Chef immer einig wär?
Beginnen Gespräche mit ihm auch als Plausch
sie enden fast immer im Meinungsaustausch.
Damit jetzt unter uns aber keine Irrtümer walten:
Meinungsaustausch ist nicht das, wofür Sie es halten.
Dieser Austausch wird so definiert:
Mit seinem Anliegen zu seinem Chef spaziert,
ein Angestellter und formuliert was er will.
Der Chef lauscht dem Vortrag ganz still
und nimmt diese Meinung in Empfang.
Dann fackelt der Vorgesetzte nicht lang,
sondern gibt dem vor ihm stehenden Wicht
ganz einfach seine eigene Sicht.
Und mit der geht der Angestellte wieder raus
und nimmt die Meinung des Chefs mit nach Haus.
Das Ganze immer wieder so funktioniert
und ist streng nach dem Motto strukturiert:
"Deine Meinung - gib sie mir,
ich gebe meine Meinung dir!"
Man geht Mutterseelen allein
mit seiner Meinung zum Chef rein
und kommt - ei der Daus -
mit der Meinung des Chefs wieder raus.
Und wem die Chefmeinung nicht will in den Sinn,
ich fürchte, der bleibt auf ewig im Chefzimmer drin.
Das ist ganz nüchtern und ohne Rausch
in der Arbeitswelt ein Meinungsaustausch.
So erlebt das fast jeder, Zeit seines Lebens.
Egal wo man hinkommt - Einigkeit sucht man vergebens.
Und ich fürchte, dies wird auf Erden
bis zum Ende der Welt kaum besser werden.
Auch Paulus weiß das selbstverständlich.
Er erwartet ja schließlich und letztendlich
gar nicht, dass sich plötzlich alle
und das sogar in jedem Falle
einmütig in den Armen liegen.
Es reicht auch ihm wenn wir uns nicht bekriegen!
Solange es Menschen gibt, gibt es Uneinigkeit.
Auch für Paulus ist das keine Neuigkeit.
Nur was die Christen angeht eben,
will er sich damit nicht zufrieden geben.
Denn unter Christen sollte man das Bemühen finden,
Meinungsverschiedenheiten zu überwinden.
Das ist es, was Paulus in seinem Brief
seiner Gemeinde in Erinnerung rief.
Das klärt jetzt vielleicht des Paulus Position,
ändert aber leider nichts an unserer Situation.
Denn von uns als Christen verlangt er ja dann,
wie man hier ganz deutlich erkennen kann,
dass wir nicht nur nach Einigkeit streben,
sondern diese Einheit auch in Wirklichkeit leben!
Kirche sollte hier beispielhaft sein;
das schreibt er uns ins Stammbuch hinein.
Nun ließe sich dieses Problem leicht beheben.
Wir könnten einfach wie im Mittelalter leben.
Man müsste nur wieder verbieten zu denken
und das Vertreten der eigenen Meinung einschränken.
Und wo abweichendes Verhalten wird bekannt,
wird der Betreffende einfach wieder verbrannt.
Einmal hatten wir das ja schon:
zu Zeiten der "Heiligen Inquisition".
Aber Paulus meint keinen Einheitsbrei
oder irgend eine Form von Gleichmacherei.
Gerade Paulus betont ja redegewandt,
dass unser menschlicher Verstand
uns von Gott wurde als Geschenk gegeben,
damit wir nach unserer Überzeugung auch leben.
Vorschriften zu hinterfragen hat er selbst gelernt.
Vom Kadavergehorsam war er ganz weit entfernt.
Deshalb dürfen klar verschiedene Ansichten sein,
was dem Paulus dabei missfällt allein
ist der Umstand, dass jeder eben meint,
wenn er etwas durchdacht zu haben scheint,
er hätte die Wahrheit für sich jetzt gepachtet.
Und wie oft werden andere daraufhin verachtet.
Paulus sieht, dass Glauben nur gelingt,
wenn man gemeinsam um ihn ringt.
Vom Bruder in Christus gilt es sich nicht zu entfernen.
Ich muss mich fragen: Was kann ich von ihm lernen?
Der Papst in Rom hat das wieder entdeckt
und seine Hände weit ausgestreckt
zum Dialog mit allen anderen weltweit.
Und ich denke, das ist für unsere Zeit
ein ganz wichtiges und wertvolles Signal.
Ob es jetzt aber so wichtig und zentral
gewesen ist, gleichsam damit zu beginnen,
frag ich mich, mit meinen ganz bescheid'nen Sinnen,
das Feiern der "alten Messe" zu erleichtern.
Ob das wirklich unseren Glauben tat bereichern?
Ich hatte einmal gelernt, dass man die Liturgie
deshalb erneuerte, weil so durch sie
deutlicher werde, was Jesus einst tat.
Und in Rom man auch heut' keine Zweifel hat,
dass dies gut war und auch durchaus richtig.
Und das erklärt man auch ganz wichtig.
Warum soll dann eine andere Form noch sein,
mir kleinem Licht leuchtet so etwas nicht ein.
Hoffentlich tun da nicht andere Kräfte walten -
solche, die vom Dialog eigentlich nichts halten.
Nichts dagegen, wenn man wegen der Einheit anzieht die Zügel.
Nur bitte kein Anbiedern an den rechten Flügel!
Ein Christ hat weder links und auch nicht rechts zu stehen.
Man erkennt Christen daran, dass sie vorwärts gehen!
Christen warten nie auf einem Fleck ganz in Ruh;
sie gehen auf ein Ziel nämlich zu.
Und dieses Ziel ist Christus allein.
Und wenn alle diese Richtung schlagen ein,
dann ist es ganz egal woher wir stammen,
wir kommen dann immer näher zusammen.
Dazu ist es auch wichtig sich sprachlich zu weiten,
und nicht in uralte Formulierungen zu gleiten.
Wenn man wirklich will einander verstehen
und ernsthaft vorhat auf den andern zuzugehen,
dann sind solche Sätze kaum zu verzeihen,
wie etwa, dass Protestanten nicht Kirche seien.
Dahinter stehen von mir aus uralte Definitionen,
es sind trotzdem ganz einfach überholte Positionen.
Dass man so etwas heute noch schreibt
für mich absolut unverständlich bleibt.
Wen wundert es, wenn es mir schon so geht,
dass das in den Gemeinden kaum einer versteht.
In Peter, Paul, Anton haben wir hingegen
was Einheit angeht, ein Beispiel gegeben.
Zum ersten Ersten dieses Jahres
gabs ein Signal und zwar en ganz klares!
Aus drei Pfarreien haben wir eine gemacht
und damit etwas auf den Weg gebracht,
was mit ziemlich großer Gewähr
auch für die Kirchen ein Lösungsweg wär.
Wir haben nicht gewartet, bis die Pfarreien sich lieben,
sonst wäre die Fusion ein Wunschtraum geblieben.
Natürlich ist jede der Gemeinden ganz eigen
und will das nach außen hin auch zeigen.
Das aber kann doch das Bewusstsein nicht stören,
dass wir in Christus zusammengehören.
Deshalb können wir auch in Einheit leben
ohne die Verschiedenheit aufzugeben.
So bilden wir jetzt nur noch eine Pfarrei
und das ist dennoch kein Einheitsbrei.
Denn in den Gemeinden blüht weiter das Leben,
zumindest ist das unser aller Bestreben.
Für all die Kirchen in der Ökumene,
deren Einheit nicht nur ich ersehne,
wäre dieser Weg vielleicht auch gangbar.
Die Eigenheit will keiner verlieren, ganz klar,
aber das muss ja auch überhaupt nicht sein.
Wirklich wichtig ist einzig und allein,
den anderen wirklich anzuerkennen
und ihn Bruder und Schwester zu nennen.
Wenn man sich gegenseitig zugesteht,
dass man auf gleichwertigen Wegen geht,
dann gibt es in ganz kurzer Zeit
wirkliche Einheit in Verschiedenheit.
Vorbilder dafür zu finden hat es keine Not,
das beste bietet sogar unser Gott
Denn auch Gott ist der Eine,
aber in sich ist er nicht alleine.
Der eine Gott ist schließlich dreifaltig,
ist dieses Beispiel nicht gewaltig?
Drum beten wir weiter um Einigkeit
und das bei aller Verschiedenheit.
Und wir tun es in des dreifaltigen Gottes Namen,
der da ist Vater, Sohn und Heiliger Geist - Amen.
(gehalten am 27. Januar und 3. Februar 2008 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)