Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Christi Himmelfahrt - Lesejahr A (Mt 28,16-20)

In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,16-20)

Einige aber hatten Zweifel…

Liebe Schwestern und Brüder,

ich könnte mir vorstellen, dass ich unter jenen gewesen wäre. Eben nicht unter den Jüngern, die da gleich Hosianna und Halleluja sangen, als der Herr ihnen erschien, eher bei denen, die sich skeptisch zurückgehalten hatten, die nicht gleich in Hochstimmung verfielen, sondern erst einmal mit kühlem Verstand an die Sache herangingen. Ich wäre wohl bei denen zu finden gewesen, von denen das heutige Evangelium sagt: Einige aber hatten Zweifel.

Und ich finde das nicht einmal schlimm.

Schnell und leicht etwas zu glauben - Leichtgläubigkeit - wird ja nicht von ungefähr in unserem Sprachempfinden nicht mit Frömmigkeit, sondern viel eher mit Dummheit in Verbindung gebracht. Wer leichtgläubig ist, der sitzt allzu leicht eben auch falschen Versprechungen auf, wird übers Ohr gehauen oder folgt viel zu schnell den falschen Führen.

Ich halte es da lieber mit denen, die erst zweimal hinschauen, die ihren Verstand nicht an der Garderobe abgeben, wenn es um Glaubensdinge geht, sondern vernünftig verantwortet - und damit auch verantwortlich - an Ihren Glauben herangehen.

Deshalb kann ich auch gut verstehen, wenn Menschen zweifeln und nicht alles für bare Münze hinnehmen. Ich kann gut verstehen, wenn Menschen erst noch einmal nachfragen, bevor sie Dinge akzeptieren.

Das kann ich nachvollziehen, wenn es um all die Glaubensinhalte geht, die weiß Gott - wenn überhaupt - dann kaum einmal leicht zu verstehen sind. Ich kann es nachvollziehen, wenn es um Gebote und Vorschriften geht, die immer häufiger wie Stimmen aus längst vergangener Zeit klingen. Und ich kann es verstehen, wenn es um ganz aktuelle Fragen geht.

Ich kann Menschen etwa durchaus verstehen, wenn sie Zweifel daran äußern, dass der Papstbesuch im September auch nur eines der konkret bestehenden Probleme unserer Kirche wirklich lösen wird. Ich kann nachvollziehen, wenn Menschen fragen, ob diese gewaltigen Summen, die das kostet, wirklich an der richtigen Stelle eingesetzt sind. Ich habe Verständnis für Menschen, die bezweifeln, dass ein Dialog Früchte tragen kann, der von vorneherein die Themen ausklammert, die immer mehr Menschen wirklich auf den Nägeln brennen. Und ich kann verstehen, dass immer mehr Menschen deshalb Zweifel verspüren, ob Kirche auf diese Art und Weise wirklich Zukunft haben kann.

Ich verstehe das, weil es Jesus offenbar nicht minder tut. Haben Sie ein Wort der Kritik gehört eben im Evangelium - Kritik an den Jüngern, von denen es heißt, dass sie Zweifel hatten? Jesus nimmt beide Gruppen in Dienst und er verheißt allen den Geist.

Und diejenigen, die immer ganz schnell alles glauben, diejenigen, die in ihrem Glauben so unerschütterlich sind, die schon gar keine Fragen mehr stellen und felsenfest davon überzeugt sind, dass nur ihr Weg der richtige ist, diejenigen Jünger, fürchte ich, das sind die, die von diesem Geist vielleicht sogar die größere Portion brauchen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 2. Juni 2011 beim Sancta Maria, Bruchsal)