Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


5. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 5,13-16)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Mt 5,13-16)

Im Augenblick sind die Lager voll. Bislang wurde ja auch noch keines gebraucht in diesem Winter. Wenn man das gewusst hätte, hätten die Straßenmeistereien gar nicht so viel einlagern müssen. Aber man weiß es halt nie im Voraus. Und wenn man zu wenig hat, dann sieht man ziemlich alt aus, wenn dann plötzlich Eis und Schnee kommen.

Liebe Schwestern und Brüder,

Mobilität ist heute selbstverständlich und ohne geräumte Straßen bricht bei uns alles zusammen. Kaum jemand denkt daran, wenn die Straßenverhältnisse so sind, wie wir das im Augenblick erleben. Aber wehe es schneit, und wehe, dann ist zu wenig Streusalz da.

Komischerweise musste ich jetzt an dieses Salz denken, als mir im Evangelium das Wort vom Salz der Erde untergekommen ist. Normalerweise denkt man da ja eher an Essen, an Speisesalz. Aber ohne das Salz in der Suppe kann man zur Not ja noch leben. Ohne Streusalz auf unseren Autobahnen im Winter zerbricht man sich aber den Hals.

Und wenn Christus davon spricht, dass wir Salz der Erde sein sollen, dann geht es ihm, denke ich, nicht zuerst um die Würze des Lebens, darum, dass Leben nicht fad werden soll. Ich denke, es geht ihm genau um den Hals, den wir uns nicht brechen sollen.

Und dazu braucht es eben genau dieses Salz, jenes "Salz der Erde". Und das heißt: es braucht Menschen, die genau so sind, die in einer Gesellschaft wie Streusalz wirken und dafür verantwortlich zeichnen, dass unser Land gut durch eisige Zeiten kommt.

Wenn es warm ist, wenn eine Gesellschaft wohlig und kuschelig ist, eine Atmosphäre des Wohlfühlens verbreitet, dann mag sich kaum einer Gedanken darüber machen, ob die Streusalzlager voll sind oder nicht. Wenn die Zeiten aber eisiger werden, wenn Gleichgültigkeit global wird und die Ellenbogen regieren, wenn die Kluft zwischen denen, die haben, und denen, die immer weniger haben, nur noch größer wird, dann brauchte es sie: Menschen, die sich um Solidarität kümmern, die sich Menschlichkeit auf ihre Fahnen geschrieben haben, bedingungslos für Wahrheit und Gerechtigkeit einstehen. Solche Menschen lösen das Eis, sorgen dafür, dass eine Gesellschaft nicht gänzlich ins Schlingern gerät, dass ihr die Bodenhaftung bleibt und sie sich nicht selbst um Kopf und Kragen bringt.

Wir sollen solche Menschen sein, Salz der Erde - nicht um unsertwillen, um der Menschen und der Menschlichkeit willen.

Die Meteorologen meinen, dass der Winter trotz der jetzigen Temperaturen noch nicht wirklich vorüber sei - mag sein. Um das zu erforschen, sind Meteorologen ja auch da. Ich brauche keine Meteorologen, um in den Zeichen der Zeit recht deutlich zu lesen, dass unserer Gesellschaft die richtige Eiszeit noch bevorsteht.

Hoffentlich wird es ausreichend Salz geben, Menschen, die gegen dieses eisige Klima aufstehen; und die jetzt schon den Finger in die Wunden legen. Solche Menschen sind selten wohl gelitten - ich weiß. Das sind nicht diejenigen, denen allgemein zugejubelt wird. Salz in Wunden brennt nämlich, und das hat keiner wirklich gern. Aber es ist notwendig. Es ist notwendig, jetzt ganz deutlich den Finger in die Wunden zu legen, in den Wunden zu brennen, damit es ganz so eisig am Ende hoffentlich nicht werden wird.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 8./9. Februar 2014 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)