Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


15. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Jes 55,10-11)

So spricht der Herr: Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie der Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe. (Jes 55,10-11)

Davon träumt jeder Lehrer, dass seine Worte am Ende etwas bewirken. Wie oft aber bleibt es ein Traum! Von wegen, das Wort, das von mir ausgeht, bewirkt, was ich will. Wie oft kann man vor einer Klasse reden und reden und hat nach Monaten noch den Eindruck als würde nichts, aber auch gar nichts hängen bleiben.

Und wie es Eltern da erst geht! Wie oft predigen sie immer wieder das Gleiche. Aber glaubt auch einer, der Filius würde einmal pünktlich nach Hause kommen? Oder die Jüngste ihr Zimmer mal wirklich aufräumen? Geschweige denn, dass man pfleglich mit den Sachen umgehen würde, die doch so teuer waren.

Und apropos predigen: Was für ein Gefühl überkommt mich immer wieder, wenn ich den Eindruck nicht loswerde, man kann etwas hundert-, ja tausendmal sagen, aber die Menschen glauben es einfach nicht, hängen immer noch den überkommenen, zwanghaften Vorstellungen an und wollen sich einfach nicht befreien lassen, nehmen einem die Worte ganz einfach nicht ab, geschweige denn, dass sie ihr Verhalten endlich ändern würden.

Liebe Schwestern und Brüder,

wir sind weit davon entfernt, die Erfahrung zu machen, von der die heutige Lesung spricht. Von wegen, ein Wort bewirkt das, was man will.

Das unterscheidet uns von den Menschen der Bibel. Die haben nämlich Worten noch eine wirkliche Bedeutung beigemessen. Und das mit dem "wirklich" muss man jetzt ganz wörtlich nehmen. Sie haben dem Wort eine Bedeutung beigemessen, die wirkt, sie waren davon überzeugt, dass Worte eine Wirkung entfalten. Das ging sogar so weit, dass man Worten gar magische Bedeutung beimaß. Man hat bestimmte Sachen einfach nicht ausgesprochen, weil man befürchtete, dass sie schon passieren, wenn man sie einfach nur sagt.

Bei uns ist von solchen Vorstellungen kaum noch etwas übrig. Worte haben im normalen Erleben kaum noch wirkliches Gewicht. Wer verlässt sich schon noch auf ein Wort? Da will man es dann doch besser gleich schriftlich haben!

Und spätestens seit der Barschel-Affäre ist der Satz, "Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!" zur regelrechten Lachnummer verkommen.

Politikerworte gelten als leer und selbst Worte im Allgemeinen werden immer wieder als "Schall und Rauch" bezeichnet.

Dabei stimmt das doch gar nicht. Worte bewirken auch bei uns doch sehr viel mehr, als wir manchmal glauben. Sie bewirken zum Beispiel sehr viel mehr Unheil, als wir uns manchmal vorstellen können.

Streuen sie einmal ein Gerücht über einen anderen, schauen Sie zu, wie sich das verbreitet, wie das einen Menschen vernichten kann. Und versuchen Sie dann das, was Sie damit angerichtet haben, wieder gutzumachen, die Worte wieder einzusammeln.

Und positiv gewendet ist es nicht anders. Was Worte am Ende wirklich bewirken können! Schauen Sie mal an, was das mit einem Menschen macht, einem, der todunglücklich ist, wenn Sie ihm echt und ehrlich ein gutes Wort mitgeben. Wenn Sie einem Kind sagen, Du, ich glaub an Dich! Du schaffst das schon! Das wird gut werden. Was das bedeuten kann, wenn mir jemand ein gutes Wort mit auf den Weg gibt, welch ein Segen, im wahrsten Sinne des Wortes, das werden kann.

Worte entfalten ihre Wirkung, sie tun es auch heute noch. Und wenn schon bei uns Worte solch eine Wirkung entfalten können - sicher nicht immer so, wie wir uns das ausrechnen, sicher nicht immer nachprüfbar, aber nicht minder nachhaltig -, wenn das schon bei uns so ist, um wie viel mehr wird das bei Gott der Fall sein, um wie viel mehr wird sein Wort wirksam sein, zum Segen werden, uns zum Segen werden.

Wir dürfen darauf vertrauen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 12./13. Juli 2014 in der Paulus- und Antoniuskirche, Bruchsal)