Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


4. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (1 Kor 1,26-31)

Seht auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott. Von ihm her seid ihr in Christus Jesus, den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Wer sich also rühmen will, der rühme sich des Herrn; so heißt es schon in der Schrift. (1 Kor 1,26-31)

Das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige und das Verachtete und das was nichts ist. Und was fehlt jetzt noch? Genau: das Törichte! Er erwählt das Törichte, um die Weisen zuschanden zu machen - so haben wir es eben in der Lesung gehört.

Liebe Schwestern und Brüder,

als würde unsere Leseordnung auf den Fasnachtssonntag Rücksicht nehmen. Da haben wir es ja schwarz auf weiß: Gott erwählt das Törichte! Das heißt, dass alle, die sich in diesen Tagen zum Narren machen, sich vor Gott nicht zu verstecken brauchen, ganz im Gegenteil - denn Gott hat ein Herz für die Narren. Das Törichte in der Welt, das hat er schließlich erwählt.

Aber die Bibel wäre nicht Gottes Wort, wenn dieser Satz nur für Fasnacht gelten würde. Es ist nicht nur in diesen Tagen so, dass Gott ein Herz für die Narren hat. Er erwählt das Törichte immer wieder.

Und zwar immer dann, wenn in den Augen der Welt genau diejenigen, die sich an Gott und seine Weisung halten, als Narren dastehen. Und wie oft ist das der Fall!

Jemand, der bei Verstand ist, würde schließlich nie dazwischen gehen, wenn drei, vier Halbstarke, auf einen Schwächeren einschlagen. Jemand, der vernünftig rechnet, wird immer zuerst seine eigenen Schäfchen ins Trockene bringen, bevor er sich für andere einsetzt. Und wer nicht als kompletter Narr dastehen möchte, wird tunlichst den Mund halten, wenn er von den Machenschaften der Geschäftsleitung Wind bekommt oder erfährt, dass seine Vorgesetzten sich an den Gesetzen vorbeimogeln. Sich mit den Oberen anzulegen, das ist nämlich mehr als töricht.

Das Törichte aber, das hat Gott erwählt - damals, zu Zeiten eines Paulus, und er erwählt es heute, kein bisschen weniger.

Was für ein Wort für all diejenigen, die sich bedingungslos auf Gottes Seite stellen. Was für ein Wort für all diejenigen, die sich um Gottes Willen immer wieder zum Narren machen. Was für eine Verheißung.

Denn dieses Wort sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass völlig gleichgültig ist, wen sie heute als töricht bezeichnen. Die Maßstäbe dieser Welt sind da kein zutreffendes Kriterium.

Wer die eigentlichen Narren sind, zeigt sich nämlich erst morgen. Und manchmal erweist es sich erst in der Ewigkeit.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 3. Februar 2008 in der Peterskirche, Bruchsal)