Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


14. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 11,25-30)

In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht. (Mt 11,25-30)

Es gibt Berufe, die flößen einem schon beim bloßen Erwähnen Respekt und Furcht ein. Finanzbeamte etwa, die erinnern einen immer gleich an die Steuererklärung und daran, dass da ja möglicherweise noch eine Nachzahlung droht. Oder Polizeibeamte im Streifenwagen. Ich kenne niemanden, der nicht zuallererst auf den Tacho schaut, ob er auch wirklich nicht zu schnell fährt, wenn sich ein Streifenwagen von hinten nähert.

Oder Zahnärzte! Kann es denn sympathische Zahnärzte geben?

Liebe Schwestern und Brüder,

ja, es gibt sie! Ich hätte es selbst nicht für möglich gehalten, wie viele sympathische und wirklich nette Zahnärzte ich mittlerweile kenne. Und ich wüsste auch nicht, warum man vorm Zahnarzt noch Angst zu haben bräuchte. So unangenehm der Gedanke an den nächsten Temin vielleicht auch noch sein mag, ich weiß mittlerweile um so vieles, was weit unangenehmer ist als der Besuch beim Zahnarzt! Aber diese Aura des Furchteinflößenden, dieses komische Gefühl, diesen fürchterlichen Ruf, den legt man eben nicht so schnell einfach ab.

Das hat Gott wohl mit Zahnärzten gemein.

Selbst wenn wir vom lieben Gott sprechen, viele haben solch einen Respekt vor ihm, dass sie kaum wagen, selbst vor ihn hin zu treten. Da betet man lieber zu den Heiligen, weil man sich denen näher wähnt als diesem riesigen, allmächtigen, furchtgebietenden und unendlich fernen Gott. Und man meint immer noch, dass man irgendwelche Mittler bräuchte, Priester und Pfarrer, Menschen, die einem die Verbindung zu Gott herstellen, weil man selbst doch unwürdig sei und immer noch zusammenzuckt, wenn man sich des Satzes erinnert, dass ein "Auge ist, das alles sieht, selbst was in finstrer Nacht geschieht!"

Auch nach 2000 Jahren ist da die Botschaft Jesu nicht wirklich durchgedrungen! Fürchtet Euch nicht. Glaubt nicht, dass es Gott daran gelegen sei, Euch irgendwelche Lasten aufzubürden. Glaubt nicht daran, dass der ein Interesse daran hätte, Euer Leben durch Gebote und vor allem durch eine Unzahl von Verboten einfach nur noch schwerer zu machen, als es sowieso schon ist. Gott will doch gar nichts von Euch. Ihr braucht doch gar keine Leistungen zu vollbringen. Ihr braucht diesen Gott nicht erst durch Opfer gnädig zu stimmen und müsst Euch den Himmel nicht verdienen. Alles was es zu tun gilt hat Gott doch schon längst getan. Und er hat es für Euch getan, weil er nichts anderes will, als Euch das Leben leichter zu machen.

Das klingt auch heute noch für viele Menschen ganz unglaublich - und oftmals auch für diejenigen, die sich für ganz besonders fromm halten. Und manche reagieren sogar richtiggehend bös' und gekränkt auf solche Worte. Sie haben sich doch ein Leben lang angestrengt, haben verzichtet und vieles auf sich genommen. Sie haben doch so viel geopfert und sich so viel mehr angestrengt als viele andere. Dafür wollen sie doch jetzt auch belohnt werden.

Aber diesem Gott geht es doch gar nicht um Lohn. Der will uns doch gar nichts erarbeiten lassen. Ihm geht es nicht um Leistung oder darum, dass wir uns seine Liebe erst verdienen müssten. Als wenn Kinder sich die Liebe guter Eltern verdienen müssten oder auch nur verdienen könnten. Als ob gute Eltern ihre Kinder nicht von vorneherein über alle Maßen lieben - und das sogar ganz unabhängig davon, ob sich die Kinder dieser Liebe auch als würdig erweisen.

Jesus hat aber doch genau davon gesprochen, dass wir Kinder sind, Kinder Gottes, und dass dieser Gott uns liebt, noch bevor wir überhaupt denken können.

Diesen Gott hat Jesus verkündet. Er hat das Joch, das die Religion seiner Zeit oft bedeutete, von den Schultern der Menschen nehmen wollen. Viel Erfolg hat er dabei nicht gehabt. Menschen haben sich - was Religion angeht - zu allen Zeiten das Leben selbst schwer gemacht, sich eingebildet, dass Gott unendlich viel von ihnen verlangt und immer neue Gebote und Vorschriften erfunden. Und sie tun es bis heute.

"Nehmt mein Joch auf Euch. Lernt von mir." sagt Jesus deshalb auch zu uns. Nichts Furchterregendes ist an diesem Gott, nichts verlangt er von Euch, als dass es Euch gut geht und dass Ihr miteinander so lebt, dass es auch allen anderen gut gehen kann. Alle, die sich plagen, und denen ihre Vorstellung von Gott so oft zur Plage wird, all denen will er Ruhe verschaffen. Glauben wir es ihm doch endlich, um unseretwillen!

Gott ist ganz anders, als viele immer noch glauben. Er ist echt sympathisch - sogar noch viel sympathischer als alle sympathischen Zahnärzte, alle sympathischen Polizisten und Finanzbeamte, Gott ist sympathischer, als alle sympathischen Menschen zusammengenommen.

Amen

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 5./6.Juli 2014 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)