Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Die Verfasserfrage ⋅1⋅

Bevor wir uns nun abschließend der Frage zuwenden, was diese Bilder und Visionen zu bedeuten haben, bevor wir also die theologische Intention zu erfassen suchen, müssen wir noch einen kurzen Blick auf die Verfasserfrage werfen. Wer hat die neutestamentliche Apokalypse wann geschrieben?

1. Die Einheitlichkeit des Werkes

Die sorgfältige Komposition mit den Siebenerreihen spricht dafür, dass wir es tatsächlich mit einem einzelnen Verfasser zu tun haben. Die Apokalypse ist demnach mit großer Wahrscheinlichkeit ein einheitliches Werk.

2. Der Verfasser nach Auskunft der Apokalypse selbst

Die Geheime Offenbarung des Neuen Testamentes bezeichnet ihren Verfasser nun mehrfach selbst. Sie sagt, dass das Buch von einem Mann stammt, dessen Namen mit Johannes angegeben wird. Mehr wird über seine Person nicht gesagt.

Sein Name wird insgesamt 3 mal genannt (Offb 1,4; Offb 1,9; Offb 22,8). Ebenso wird angegeben, wo das Buch verfasst worden sein soll, nämlich auf der Insel Patmos (Offb 1,9).

Dieser Johannes schreibt - diesen Eindruck erweckt zumindest die Apokalypse selbst - aus einem eigenständigen prophetischen Bewusstsein und adressiert sein Buch an die damaligen Gemeinden, von denen er erwartet, dass sie sein Buch verstehen.

3. Die Ausfaltung in der Tradition

Später wurde angenommen, dass der Verfasser wohl aufgrund einer Verfolgung auf die Insel Patmos verbannt worden sein müsse. Es ist allerdings nicht sicher auszumachen, ob Patmos tatsächlich eine Strafinsel oder ähnliches gewesen ist.

Eine andere Annahme geht daher davon aus, dass sich der Verfasser freiwillig auf diese Insel zurückgezogen habe. Sie wäre für ihn dann gleichsam so etwas wie eine Art prophetische Klausur gewesen, die es ihm erleichtert hätte, sein Buch zu schreiben. Als Vergleich wird hier häufig Baruch genannt, der sich immer zu 7-tägigem Fasten in die Einsamkeit zurückgezogen habe, bevor er seinen Offenbarungsempfang hatte. Hier ist interessant, dass in der Tradition Fasten häufig zu einem der Vorbereitungsmittel auf ekstatische Erlebnisformen gehörte.

4. Wer war dieser Verfasser Johannes?

Nach der altkirchlichen Tradition des Papias von Hierapolis ist dieser Verfasser der Apokalypse nun ein bedeutsamer kleinasiatischer Presbyter in Ephesus gewesen. Die Alte Kirche hat ihn in der Folge dann mit dem Zebedaiden Johannes, also mit dem Apostel und Lieblingsjünger, identifiziert.

Dann wäre der Tradition zufolge der Verfasser der Apokalypse auch gleichzeitig der Autor des Johannes-Evangeliums. Diese Vorstellung bereitet jedoch einige Schwierigkeiten. Schon die Ausleger der alexandrinischen Schule haben gemerkt, dass sich die Apokalypse erheblich vom Johannes-Evangelium unterscheidet. Hier ein und denselben Verfasser anzunehmen, ist daher schlechterdings kaum möglich.

5. Versuch einer Antwort

Es kann daher heute angenommen werden, dass der genannte Johannes ein Judenchrist palästinischer Herkunft war. Annehmen kann man dann vielleicht noch, dass dieser Johannes während der Auszugsbewegung im Jüdischen Krieg nach Kleinasien ausgewandert ist. Dort scheint er eine Autorität geworden zu sein, die in mehreren Gemeinden gleichzeitig ihr Gewicht hatte.

6. Die Abfassungszeit

Für die Zeit der Abfassung kommt nun eigentlich nur die zweite Hälfte der 90er Jahre des ersten christlichen Jahrhunderts in Frage. Das Buch setzt Verfolgungen voraus, die offensichtlich in der Zeit Domitians anzusiedeln sind (vgl. besonders Offb 13). Domitian bezeichnete sich als der wiedergekommene Nero. Dies korrespondiert mit der Darstellung in Offb 13.

Der innere Zustand der Gemeinde entspricht offensichtlich dem der Pastoralbriefe, was wiederum in diese Verfolgungszeit weist.

Auch die Warnungen vor den Irrlehrern, insbesondere den Gnostikern, aber auch die besondere Art der Warnungen vor den Juden verweisen uns in das letzte Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts n. Chr.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button