Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Der Judasbrief ⋅1⋅

Damit kommen wir zum nächsten dieser pseudepigraphischen Schreiben, nämlich zum sogenannten Judasbrief, der mit seinen 25 Versen äußerst kurz ist.

1. Der Judasbrief und der Jakobusbrief

Auch dieser Brief wird indirekt unter die Autorität des Jakobus gestellt. Der Verfasser bezeichnet sich nämlich in Jud 1 als Bruder des Jakobus (vgl. Mk 6,3).

Wie der Jakobusbrief ist auch dieses Schreiben an die ganze Kirche gerichtet. Es richtet sich an die Berufenen, die von Gott, dem Vater, geliebt und für Jesus Christus bestimmt und bewahrt sind (Jud 1).

2. Form, Intention und Abfassungszeit

Dabei handelt es sich beim Judasbrief im Unterschied zum Jakobusbrief aber tatsächlich um einen Brief. Das Schreiben will christliche Gemeinden vor einer Irrlehre warnen.

Diese Irrlehre besteht wahrscheinlich in der anhebenden Gnosis, die im 2. Jahrhundert n. Chr. eine große Bedrohung geworden ist und deren Anfänge Judas hier erkennen lässt. Das würde uns in eine ähnliche Zeit verweisen, wie wir sie für die Abfassung des Jakobusbriefes vorausgesetzt haben. Man müsste also auch an die 90er Jahre des ersten christlichen Jahrhunderts denken.

In Vers 4 z. B. erwähnt der Judasbrief, dass sich gewisse Leute eingeschlichen hätten, deren Verhalten schon längst verurteilt worden war und zwar von der ganzen christlichen Tradition, für die es zu kämpfen gelte (Jud 3). Dies setzt bereits einige Jahrzehnte Christentum voraus und würde unsere These von einer Abfassung am Ende des ersten Jahrhunderts stützen.

3. Inhalt und Aufbau

Inhalt und Gliederung des Judasbriefes lassen sich nun folgendermaßen angeben: ⋅2⋅

Jud 1-2
Anschrift und Gruß.
Jud 3-16
Die Irrlehrer.
Jud 17-23
Die Pflichten der Gläubigen.
ud 24-25
Schluss: Lobpreis.

Der Judasbrief wirft den genannten Eindringlingen die Verkehrung der Gnade und Ausschweifung des Lebens vor! Dies ist ein wichtiger Hinweis auf die Gnosis, die eine himmlische Welt einer materiellen Welt gegenüberstellt. Der Gnostiker kann sich über diese materielle Welt, da er Funke der himmlischen Welt ist, vollkommen erheben. Dies führt bei einem Teil der Gnosis zu strengster Askese, bei einem anderen aber zu der angesprochenen Libertinage.

Auf diese Bedrohung hin versucht der Autor die Gemeinden nun mit dem Hinweis auf die apostolische Tradition der Kirche zu schützen. Das Glaubensgut, das den Christen überliefert wurde, muss gegen falsche Auslegung gesichert werden. Auch dies verrät, dass er nicht mehr in der apostolischen Zeit lebt (besonders Jud 17).

Auffallend ist, dass er vor heftigen Beschimpfungen der Gegner nicht zurückschreckt. Er nennt sie in Jud 8-16 heimtückische Mörder, geldgierig, Schmutzfinke und vieles mehr. Zum Vergleich greift er dabei auf apokryphe jüdische Texte zurück, so etwa auf das Henochbuch und außerbiblische Mosesüberlieferungen.

4. Der Judasbrief und der 2. Petrusbrief

Interessant ist, dass der Judasbrief fast gänzlich in den 2. Petrusbrief aufgenommen wurde. Der 2. Petrusbrief verwendete ihn offensichtlich als literarische Vorlage, vergleichbar mit dem Matthäus- und dem Lukas-Evangelium, die ja auch das Markus-Evangelium als Vorlage verarbeitet haben. So ist es leicht verwunderlich, dass der Brief überhaupt noch einmal eigenständig im Kanon auftaucht. Vielleicht ist dies nur dem Umstand zu verdanken, dass der Judasbrief dem Judas, als Bruder des Jakobus zugeschrieben worden war. Die Autorität des Herrenbruders könnte für die Kanonisierung des Schreibens eine entscheidende Rolle gespielt haben.

5. Der Ort der Abfassung

Dass die Abfassungszeit nur relativ bestimmt werden kann, habe ich bereits erwähnt. Über den Abfassungsort können wir letztlich gar nichts sagen.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button

2 Vgl.: Karl Hermann Schelke, Die Petrusbriefe - Der Judasbrief (Freiburg 1980). Zur Anmerkung Button