Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Landwirtschaft und Großgrundbesitz ⋅1⋅

m Blick auf die kleine Oberschicht habe ich schon angedeutet, dass die Gegensätze in den sozialen Verhältnissen durch eine höchst ungleiche Verteilung des Landbesitzes noch einmal gesteigert wurden. Der Besitz konzentrierte sich in seiner Masse in den Händen ganz weniger.

1. Besitz des Königs

Zur Zeit des Königs Herodes' d. Gr. befand sich der größte Teil des Besitzes natürlich in den Händen des Königs selbst. Aber auch unter seinen Söhnen war das nicht anders. Es dürfte keine Frage sein, dass sich die Söhne des Herodes die ertragreichsten Gebiete des Landes gesichert hatten.

Von Herodes Antipas wissen wir, dass er aus Galiläa und Peräa jährlich 200 Talente herauswirtschaften ließ. Die Güter des Archelaos wurden nach dessen Verbannung verkauft. Zwar wissen wir nicht, wer diese Ländereien erworben hat, doch kamen als Käufer natürlich selbst wieder nur kapitalkräftige Leute in Frage.

2. Pacht, Oikoswirtschaft und Lehenswesen

Im Blick auf die Gleich­nisse der Evangelien ist das Phänomen der Pacht bzw. des Lehens in­ter­essant. Schon in se­leu­kidischer Zeit kam es schließlich vor, dass der König Land an verdiente Leute seiner Umgebung, an Minister oder Militärs, als Lehen vergab.

Einen interessanten Ein­blick in die Verwaltung solcher Güter gewähren uns die sogenannten Zenon-Papyri.

Zenon war Beauftragter des Apollonios, der beim König von Ägypten den Posten eines Finanzministers bekleidete. Apollonios besaß aber in Galiläa, in Beth-Anath, ein Landgut, das Zenon mit einem ansehnlichen Stab von Griechen im Jahr 260 / 259 v. Chr. besichtigte und dabei auch zahlreiche andere Geschäfte tätigte. Eine Ablieferungsliste, die gewachste Fässer und verpichte Krüge mit Wein betrifft, ist uns erhalten geblieben.

Wir können vermuten, dass Apollonios die Domäne an galiläische Bauern verpachtet hatte und sie von diesen bearbeiten ließ. Ein Papyrus berichtet nun davon, dass Beauftragte des Apollonios sich darum mühten, Bauern, die bei der Ablieferung Schwierigkeiten bereiteten, zum Einlenken zu bringen.

Die Zenon-Papyri veranschaulichen uns dadurch den Hintergrund auf dem etwa das Gleichnis von den aufsässigen Winzern (Mk 12,1-9 parr) angesiedelt ist. Auch hier geht es ja um einen Weinberg, den ein ausländischer Besitzer an galiläische Winzer verpachtet hatte. Diese Winzer machten nun bei der Ablieferung ihrer Pacht Schwierigkeiten. Ein Vorfall, der offenbar gar nicht so selten war.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich für die Pachtverträge zwei Formen ausmachen lassen:

Bei der Teilpacht verpachtete der Grundbesitzer den Acker oder Weinberg und ließ die Ernte durch seinen Beauftragten überwachen. Die Pacht bestand in der Ablieferung eines prozentual festgelegten Teils der Ernte, die natürlich in verschiedenen Jahren auch unterschiedlich ausfiel. Darum musste der Eigner bei der Ernte auch anwesend sein oder diese von einem Beauftragten kontrollieren lassen. Diese Form der Pacht ist im genannten Gleichnis vorausgesetzt.

Bei der zweiten Form ist die Pacht für ein Stück Land von vornherein festgelegt. Unabhängig vom jeweiligen Ertrag war dann Jahr für Jahr die gleiche Pacht fällig.

Neben der Verpachtung gab es im übrigen auch die Form der Oikoswirtschaft. Bei ihr war ein Verwalter für den auswärts oder im Ausland wohnenden Gutsherrn tätig. Dieser Verwalter hatte für die Arbeiter und Sklaven zu sorgen und war seinem Herrn selbstverständlich Rechenschaft schuldig. Auch die Oikoswirtschaft spiegelt sich in manchen Gleichnissen der Evangelien wider, zum Beispiel

  • in Lk 12,42-43, der Frage nach dem treuen und klugen Verwalter,
  • in Lk 16,1-8, dem Gleichnis vom ungetreuen Verwalter,
  • und in Mk 13,34-35, der Mahnung zur Wachsamkeit.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Vgl.: Joachim Gnilka, Jesus von Nazareth (Herders Theologischer Kommentar zum NT - Supplementband 3) (Freiburg/Basel/Wien 1990) 66-74. Zur Anmerkung Button