Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Sprache und Komposition der Offenbarung des Johannes ⋅1⋅
1. Die Sprache der Johannes-Apokalypse
Wenn wir uns nun die Sprache ansehen, in der die Johannes-Apokalypse verfasst ist, dann werden wir hier wiederum auf die Traditionen aus der jüdischen Apokalyptik verwiesen. Die Sprache der Offenbarung ist sehr stark mit Semitismen durchsetzt. Diese sind in ihr so ausgeprägt, dass die Sprache der Johannes-Apokalypse sogar gleichsam als Kunstsprache bezeichnet werden muss.
Dafür gibt es nun mehrere Erklärungsmöglichkeiten:
- Entweder war der Verfasser Judenchrist und sprach Griechisch daher nur als zweite Sprache. Das würde erklären, warum er zwar griechisch schreibt aber semitisch denkt.
- Eine andere Möglichkeit ist aber, dass er diese Semitismen absichtlich und zwar systematisch einarbeitet. Sie wären dann als Stilmittel zu begreifen.
Hier eine Entscheidung zu treffen, ist sehr schwierig. Wir können die Frage an dieser Stelle offen lassen. Eine endgültige Klärung - so sie denn überhaupt zu erreichen ist - wird wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen.
2. Die Komposition
Blicken wir nun, bevor wir die übrigen Fragen erörtern, wieder etwas ausführlicher auf die Gliederung und den Aufbau der Johannes-Apokalypse.
Nach Rudolf Pesch geht der beste Vorschlag zur Gliederung der Geheimen Offenbarung von einer Konzentrik des Buches aus:
- ... an den Engel der Gemeinde ...
- Selbstvorstellung des Auferstandenen (schon in Offb 1 genannte Titel)
- Zustand der Gemeinde
- Lob oder Tadel- Umkehrforderungen
- Siegerspruch
- Weckruf: "Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Kirchen sagt."
Die Visionen, die in der Johannes-Apokalypse geschildert werden, beinhalten auf der einen Seite Wiederholungen, auf der anderen Seite zeigt sich so etwas wie eine Steigerung. Dies sind Hinweise auf eine bewusste Komposition.
Zunächst wird von sechs Siegeln bzw. Posaunen berichtet. Dann folgt ein Einschub, der die Spannung gleichsam erhöht. Erst danach wird das siebte Siegel geöffnet bzw. erschallt die siebte Posaune.
Hinzu kommt die Vision von den sieben Schalen.
Was sollen nun diese Siebenerreihen? Zur Erklärung gibt es eine Theorie, die bereits seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. von den Auslegern vertreten wird. ⋅2⋅ Es handelt sich hierbei um die Rekapitulations- oder Wiederholungstheorie. Sie besagt, dass die drei Reihen insgesamt Wiederholungen ein und desselben Ablaufes darstellen. Es ginge also nicht um unterschiedliche Ereignisse, sondern um ein und dasselbe Ereignis, das eben in unterschiedlichen Bildern dargestellt würde.
Man darf dabei aber nicht übersehen, dass zwischen den einzelnen Reihen eine deutliche Steigerung vorliegt. So ist z. B. bei der Siegelvision nicht direkt von der Vernichtung der Bewohner der Erde die Rede. Bei der Posaunenvision wird dann bereits ein Drittel der Menschheit getroffen und bei der Schalenvision wird schließlich vom universalen Gericht gesprochen. Dies ist sicher gewollt, wenn auch schwer zu deuten.
Ab dem achten Kapitel werden dann keine einheitlichen Gedankenschritte mehr unternommen. Hier folgen dann schwer verständliche Zwischenstücke, die Ausgriffe in Vergangenheit und Zukunft hinein bieten.
Die dazwischen gesetzten Hymnen haben die Funktion der Tröstung für die verfolgten Gläubigen und zeigen, dass im urchristlichen Gottesdienst schon vorweg das endgültige Heil gefeiert werden kann.
Anmerkungen