Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Hermeneutische Hinweise ⋅1⋅

Soviel soll zur Frage des Ziels der Apostelgeschichte genügen. Abschließend möchte ich noch einige hermeneutische Hinweise geben.

Denn wenn die Apostelgeschichte und das Lukas-Evangelium von vorneherein als Doppelwerk konzipiert waren, dann ist dieser Umstand als Auslegungsregel schließlich zu beachten. Beide Bücher sind dann nämlich auch im Zusammenhang zu lesen.

Um die Aussageabsicht des Verfassers zu verstehen, muss man dementsprechend bei der Interpretation vergleichbarer Texte die Vorverweise und Rückverweise im jeweils anderen Buch aufsuchen und diese Stellen mit zur Auslegung heranziehen. Bei der Erhebung der theologischen Linien habe ich dies ja an der ein oder anderen Stelle - selbst in diesem Überblick - versucht.

Wenn man dies tut, dann fällt von vorneherein auf, dass Lukas in der Apostelgeschichte immer wieder zu zeigen versucht, wie sich in der Geschichte der frühen Kirche erfüllt, was Jesus und die Propheten des Alten Testamentes verheißen haben.

Auffallend ist auch, dass Lukas offensichtlich in beiden Werken gleiche Themen von verschiedenen Aspekten her behandelt. Durch verschiedene Variationen des gleichen Themas soll die Essenz dessen, was der Verfasser zum Ausdruck bringen will, offenbar greifbarer werden.

Es sieht beinahe so aus, als würde Lukas nach dem Topos "variatio delectat" vorgehen und Variationen seiner Erzählung vorlegen. Deshalb kann man die einzelnen Berichte dann auch nicht auf ihre Einzelheiten festlegen. Die wesentlichen Aussagen lassen sich dann gleichsam nur aus einer Zusammenschau heraus erschließen.

  • So schildert Lukas die Bekehrung des Paulus gleich dreimal. Einmal im Bericht selbst und später noch zweimal in den zwei Paulusreden. Wenn man diese Berichte über die Bekehrung genauer betrachtet, dann ergeben sich größere Abweichungen in der Darstellung ein und desselben Themas.
  • Auch die Himmelfahrtsbeschreibungen am Ende des Lukas-Evangeliums und am Anfang der Apostelgeschichte weisen größere Differenzen auf.
  • Das Prinzip der Variation hält sich sogar durch beide Bücher bis in Einzelheiten hinein durch. Lukas vermeidet es sogar, den gleichen Ausdruck zweimal hintereinander zu gebrauchen.

Dies kann die hermeneutische Regel, nämlich beide Bücher in der Auslegung grundsätzlich zusammenzulesen, nur noch einmal untersteichen. Im Blick auf die Paulusreisen haben wir gesehen, dass der Verfasser seine Quellentexte konzentriert darbietet, er sammelt alle Materialien über die jeweiligen Aufenthalte in einer Gemeinde und bringt sie konzentriert bei der Schilderung eines einzigen Besuches. Was seine Ideen oder theologischen Gedanken angeht, entfaltet er aber. Die theologische Intention des Verfassers wird, im Gegensatz zu seinen Materialien, über das ganze Doppelwerk hinweg gleichsam auseinandergefaltet dargeboten.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button