Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Das Ziel der Darstellung ⋅1⋅

Das Ziel der Darstellung haben wir mit dem zuvor gesagten eigentlich schon angerissen. Es liegt dem Verfasser der Apostelgeschichte offensichtlich daran, die Ausbreitung des Christentums über alle Welt als für die Geschichte dieser Welt bedeutsames Geschehen zu schildern.

Darüber hinaus versucht er zu zeigen, dass die Bewegung Christi und die durch diesen ausgelöste Missionsbewegung der Christen eine vom Judentum unterschiedene und deswegen gegenüber Rom loyale Bewegung ist. Die Christen gehören nicht zu den Juden, die 66 n. Chr. den Krieg in Judäa vom Zaun gebrochen haben, und die Christen stiften auch nicht zum Aufruhr an.

Es gibt viele Beispiele aus dem Doppelwerk, die ganz deutlich machen, dass Lukas eine solche Unterstellung apologetisch abwehrt.

Caesarea am Meer

Caesarea am Meer - Reste des Aquaeduktes.

Foto-Button© Katholisches Bibelwerk Linz, Kapuzinerstr. 84, A-4020 Linz

  • In der Kind­heits­ge­schich­te wird bei­spiels­wei­se berichtet, wie Maria und Josef sich in Steuerlisten eintragen lassen. Die Steuererhebung war im Judentum so umstritten, dass sie mit einer der lang­fri­stigen Anlässe des jüdischen Krieges war. Dieser Krieg war für Rom eine im­men­se Belastung und machte die Juden zu einer zutiefst ver­hass­ten Gruppierung.
    Dadurch dass sich schon die Eltern Christi bei der Steuererhebung loyal verhalten, möchte Lukas deutlich machen, dass man die Christen nicht mit den Juden über einen Leisten schlagen kann.
  • Als zweites Beispiel kann die Anklage Jesu im Prozess angeführt werden. Die Juden klagen Jesus dort an, dass er das Volk habe aufwiegeln wollen und die Bezahlung der Steuern verweigert habe. Lukas versucht deutlich zu machen, dass dies völlig unbegründet ist. Er zeigt es im übrigen schon durch die Zinsgroschenfrage, bei der sich Jesus eindeutig gegen die Steuerverweigerung ausspricht.
  • Und weitere Beispiele finden wir dann in der Apostelgeschichte zu Hauf. Es wird beispielsweise gezeigt, wie hochgestellte Beamte dem Christentum gewogen sind. Gallio etwa schützt den Paulus, der Transport des Paulus nach Caesarea findet unter großem Aufgebot statt und der Völkerapostel wird sogar zur Diskussion mit König Agrippa hinzugezogen.

Mit all dem möchte Lukas zeigen, dass das Christentum eine unpolitische Bewegung ist. Er hoffte, dass die römischen Behörden, wenn sie dies einsehen würden, die Mission in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts ungehindert vonstatten gehen lassen würden. Dies ist mit ein Zweck der ganzen lukanischen Darstellung.

Ein zweites Anliegen besteht darin, dass denen, die sich für die Wahrheit interessieren, gezeigt wird, dass die Überlieferung von den Aposteln her verbürgt ist.

Dies zu zeigen, war gerade in einer Zeit des Umbruchs, in der es deutliche Kontroversen mit Irrlehrern und Abspaltern gab, sehr wichtig. Von daher versucht Lukas immer wieder die Spannungen und Schwierigkeiten, die es bereits in der Urgemeinde gab, zu glätten. Er möchte auch keinerlei Anlass bieten, die Position des Paulus gegen die der übrigen Zwölf auszuspielen. So versucht er der Lehre eine ungebrochene Sicherheit zu geben, indem er die Mission des Paulus der Mission der Zwölf unter- und zuordnet.

  • Nicht umsonst wird Petrus als erster Heidenmissionar dargestellt.
  • Und die Heidenmission der Antiochener greift natürlich erst dann richtig, nachdem sie durch das Apostelkonzil sanktioniert wurde.
  • Somit erscheint Paulus in Rom letztlich auch als ein von den Zwölfen autorisierter Apostel.

Die Verkündigung des Paulus in Rom ist also - nach der Schilderung des Lukas - eine ununterbrochene Fortsetzung der Verkündigung der Apostel. Es gibt nichts, worin man Paulus etwa gegen Petrus ausspielen könnte. Hier alle Bedenken auszuräumen, das ist der zweite große Zweck der lukanischen Darstellung.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button