Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Allgemeines zu den katholischen Briefen ⋅1⋅
Nachdem wir nun das sogenannte "Corpus Paulinum" hinter uns gelassen haben, kommen wir zu sieben weiteren Briefen, die in der Tradition den Namen "katholische Briefe" erhalten haben.
Sie sind - im Unterschied zu den bisher behandelten Schreiben - nicht nach ihren Adressaten sondern nach ihren vermeintlichen Verfassern benannt. Unsere Ausgaben des Neuen Testamentes führen sie nach den Paulusbriefen, der koptische Kanon reiht sie interessanterweise vor den Paulinen ein.
Katholisch, also allgemein, heißen diese Briefe, weil die Präskripte der jeweiligen Schreiben sich in der Regel nicht an eine einzelne Gemeinde oder eine einzelne Person richten. Fast alle diese Briefe sind an ganze Kirchengebiete gerichtet:
- Jak 1,1 wendet sich an die zwölf Stämme in der Diaspora,
- 1 Petr 1,1 spricht die Auserwählten an, die als Fremdlinge in der Diaspora in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien leben.
- 2 Petr 1,1 richtet sich dann sogar an jeden Christen
- und der Judasbrief an die Berufenen, die von Gott geliebt werden.
Bei den sogenannten johanneischen Briefen ist es ganz ähnlich. Der 1. Johannesbrief hat gar kein Präskript, er ist von daher eher ein theologischer Traktat als ein Brief. Der 2. Johannesbrief richtet sich an die "auserwählte Herrin", ein Ausdruck der nach traditioneller Auffassung die Gesamtkirche meint, obschon manche Exegeten hinter dieser Formulierung auch eine Einzelgemeinde sehen möchten. Eine Ausnahme bildet lediglich der 3. Johannesbrief, der sich an eine Einzelperson, einen Gaius, wendet. Er wird aber, weil er sicher in die Gruppe der drei Johannesbriefe hineingehört, auch unter den katholischen Briefen geführt.
Bei diesem Überblick habe ich bereits die zwei Gruppen, in die man diese Schreiben einteilt, vorausgesetzt. Man unterteilt diese sieben Briefe nämlich
- in die Pseudepigraphen, nämlich den Jakobusbrief, die beiden Petrusbriefe und den Judasbrief. Alle vier geben nämlich vor, von einem Apostel zu stammen, was - historisch betrachtet - bei keinem einzigen der Fall ist.
- Die zweite Gruppe bilden die sogenannten johanneischen Schreiben. Sie sind nicht direkt als pseudepigraphische Schriften zu bezeichnen. Sie erwähnen nämlich an keiner Stelle einen Verfasser. Johannes wird nie als Verfasser genannt. Erst die spätere Tradition schreibt die Briefe dem Johannes zu. Hier spielt die Ähnlichkeit zum Johannes-Evangelium, sowohl was Stil als auch Theologie angeht, eine große Rolle. Tatsächlich dürften diese drei Schreiben auch aus dem gleichen Umfeld wie das Johannes-Evangelium stammen.
Anmerkung