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Weiter-ButtonZurück-Button Der erste Korintherbrief ⋅1⋅

Damit kommen wir zum nächsten Schreiben in der Reihe der echten Paulusbriefe, nämlich zum ersten Korintherbrief.

1. Die Adressaten

Versuchen wir aus den Angaben, die wir in diesem Brief vorfinden und den begleitenden Berichten aus der Apostelgeschichte uns die Situation, in der dieser Brief entstanden ist, zunächst wieder vor Augen zu führen.

a. Korinth

Aus dem Anfang des Briefes selbst geht hervor, dass Paulus ihn an die "Gemeinde Got­tes, die in Korinth ist," schreibt (1 Kor 1,2).

Korinth war die Hauptstadt Achaias. Von Caesar wurde sie 44 v. Chr. neu gegründet, nachdem sie rund 100 Jahre zuvor, im Jahre 146 v. Chr., zerstört worden war.

Zunächst waren in dieser Stadt nur römische Kolonisten angesiedelt. Zur Zeit des Paulus hatte sich jedoch bereits ein hoher griechischer und orientalischer Bevölkerungsanteil dort breit gemacht. Darunter waren auch Juden, wie die aufgefundene Türinschrift einer Synagoge belegt.

Korinth liegt am sogenannten Isthmus von Korinth und hat daher zwei Häfen. Der Hafen Lekaion im Westen war die Verbindung nach Rom während Kenchreae im Osten die Verbindung nach Ephesus und Jerusalem darstellte. Dementsprechend groß war die Bedeutung Korinths.

Seit dem Jahre 27 v. Chr. war Achaia eine senatorische Provinz mit einem Prokonsul an ihrer Spitze. Dieser residierte in der Stadt.

Natürlich zog die sowohl von Westen wie auch von Osten her zugängliche Handelsstadt ganz verschiedene Kulte an und war daher stark vom religiösen Synkretismus geprägt. Und auch als Vergnügungszentrum war Korinth bekannt. Davon zeugt nicht zuletzt der im Griechischen entstandene Ausdruck κορινθιάξεσθαι ["korinthiázesthai"], der soviel bedeutet wie "Unzucht treiben". Die Sittenlosigkeit Korinths war demnach sogar schon sprichwörtlich geworden.

Keine Frage, dass solch eine Stadt durch ein starkes soziales Gefälle von Arm und Reich geprägt war. Armut war beinahe schon eine selbstverständliche Randerscheinung der Stellung und Bedeutung Korinths.

b. Die Gemeindebildung in Korinth

Versuchen wir uns nun, noch einmal vor Augen zu führen, wie Paulus nach Korinth gekommen ist. Der Völkerapostel war ja von Saloniki aus über Beröa nach Athen gereist. Dort hat seine Missionspredigt keinen großen Nachhall gefunden. Nach diesem Misserfolg in Athen scheint Paulus in gedrückter Stimmung, vermutlich im Jahr 49 n. Chr., nach Korinth gekommen zu sein (vgl. 1 Kor 1,3). Wir haben ja bereits gesehen, gesehen, dass er hier, im Frühjahr des darauffolgenden Jahres, dann den 1 Thess B geschrieben hat.

In Korinth selbst fand Paulus Wohnung und Arbeit bei dem judenchristlichen Ehepaar Aquila und Priscilla. Beide übten offensichtlich das selbe Handwerk wie er aus. Sie unterhielten nach Apg 18,2-3 eine Zeltmacherei bzw. Sattlerei. Ein Hinweis darauf, dass diese Darstellung der Apostelgeschichte durchaus ihre historische Richtigkeit hat, könnte in 1 Kor 4,12 vorliegen. Hier betont Paulus ganz besonders seine wirtschaftliche Unabhängigkeit:

"Wir mühen uns ab mit eigener Hand..." (1 Kor 4,12.)

Bereits zu Beginn des Aufenthaltes in Korinth scheint Paulus an den Sabbaten in der Synagoge gelehrt zu haben (Apg 18,4). So kommt es zur Bekehrung des Stephanas und seines Hauses. Stephanas wird in der Folge "Erstbekehrter" genannt (1 Kor 16,15).

1 Kor 16,16-17 nennt die Namen zweier weiterer Bekehrter, nämlich den Fortunatus und den Achaikus. Man kann annehmen, dass sie zur Hausgemeinde des Stephanas gehörten, da sie mit ihm gleichsam in einem Atemzug genannt werden.

Dass Fortunatus und Achaikus zum Haus des Stephanas gehörten wird auch wahrscheinlich durch die Äußerung in 1 Kor 1,14-16. Dort betont Paulus, dass er außer dieser Hausgemeinschaft in Korinth lediglich den Krispos und den Gaius getauft habe.

Die Apostelgeschichte erwähnt darüber hinaus noch einen Titius Justus (Apg 18,7). Dieser könnte durchaus mit dem eben erwähnten Gaius identisch sein. Gaius Titius Justus ergäbe einen vollständigen römischen Namen.

Die Apostelgeschichte berichtet nun, dass das Haus des Titius Justus an die Synagoge anschloss und als Versammlungsstätte der Gemeinde diente (Apg 18,6).

Synagogenvorsteher soll nach Apg 18,8 ein gewisser Krispos gewesen sein. Er wird auch in 1 Kor 1,14-16 genannt.

Die Apostelgeschichte berichtet darüber hinaus, dass viele Korinther, die Paulus hörten, gläubig wurden und sich taufen ließen.

Dies scheint nun auf den ersten Blick den eigenen Worten des Paulus zu widersprechen. In 1 Kor 1,14-16 betont Paulus ja ausdrücklich, dass er lediglich den Krispos und den Gaius neben dem Haus des Stephanas getauft habe. Aber Paulus geht es hier darum, dass er niemanden anderen eigenhändig getauft habe. Möglicherweise hat er in der Regel nicht selbst getauft, sondern die Taufen durch jemanden aus der neu gegründeten Gemeinde vollziehen lassen. Dies ist eine in der Forschung noch nicht ganz ausdiskutierte Frage.

Auf jeden Fall lässt die Nennung der Hausgemeinschaften, das Haus des Stephanas, das Haus des Gaius bzw. das Haus des Titius Justus, darauf schließen, dass die Gemeinde rasch angewachsen ist. Schon bald hat sie sich anscheinend auf mehrere Hausgemeinden verteilt.

Die Mitglieder dieser Hausgemeinden waren wohl mehrheitlich ehemalige Heiden, Polytheisten, also ehemals Götzendiener. So muss wohl auch 1 Kor 12,2 verstanden werden, wenn Paulus davon spricht, dass die Korinther zum wahren Gott gekommen seien. So hätte Paulus über die Bekehrung von Juden nie sprechen können. Polytheisten aber, die nun zu Verehren des einen Gottes geworden sind, die zum Glauben an Jesus Christus gekommen waren, sind ja zum Glauben an den wahren Gott gelangt (vgl. auch 1 Thess 1,9-10).

Mit großer Wahrscheinlichkeit rekrutierte sich die Gemeinde dabei aus den sozial niedrigen Klassen der korinthischen Gesellschaft. Es gab nicht viele Gebildete, genauso wenige, die wirtschaftliche oder politische Macht hatten unter den ersten Christen von Korinth. Auch Wohlgeborene aus vornehmen Häusern sind kaum anzutreffen, wie 1 Kor 1,26-28 zum Ausdruck bringt.

Andererseits waren Leute wie Stephanas, Titius Justus oder der Synagogenvorsteher Krispos einflussreich und haben der Gemeinde Rückhalt gegeben. Der in Röm 16,23 genannte Gaius und der dort ebenfalls erwähnte Stadtkämmerer Erastus werden von der Forschung - Paulus scheint den Römerbrief wohl in Korinth geschrieben zu haben - auch in Korinth vermutet.

Zwischen diesen wenigen reichen Gemeindemitgliedern und der Großzahl der sozial niedriger gestellten tauchten nun bald Spannungen auf.

Paulus war nun wohl vom Herbst 49 n. Chr. bis zum Frühjahr 51 n. Chr. in Korinth. Während dieser Zeit - darauf möchte ich hier zumindest am Rande hinweisen - empfing er aus Philippi eine Geldspende, die in Phil 4,15-16 und 2 Kor 11,9 erwähnt wird.

Am Ende seines Korinthaufenthaltes wird Paulus durch den Nachfolger des Synagogenvorstehers Krispos vor dem neuen Prokonsul Gallio verklagt (Apg 18,12). Gallio hat sich um diese für ihn anscheinend innerjüdischen Querelen jedoch - nach der Darstellung der Apostelgeschichte - nicht gekümmert (Apg 18,17).

So blieb Paulus noch einige Zeit in Korinth, bevor er mit Aquila und Priscilla letztlich nach Syrien, in Richtung Ephesus, weiterfuhr (Apg 18,18).

c. Die Rolle des Apollos

Großen Raum nehmen nun im ersten Korintherbrief Auseinandersetzungen um die Rolle eines gewissen Apollos ein.

Apollos dürfte alexandrinischer Judenchrist gewesen sein. Er wird als redegewandter Pneumatiker geschildert, der die in Alexandrien beheimatete allegorische Schriftauslegung meisterhaft beherrschte (Apg 18,24).

Apollos kam im Zuge seiner Missionstätigkeit nach Ephesus und gründete dort die Gemeinde (Apg 18,24-28).

Paulus war kurz zuvor von Korinth aus, nach Ephesus gekommen. Er hat dort aber wohl nicht missioniert, sondern Aquila und Priscilla in der Stadt zurückgelassen. Paulus selbst reiste über Caesarea und Jerusalem weiter nach Antiochien.

Als nun Apollos nach Ephesus kam, nahmen ihn Aquila und Priscilla in ihr Haus auf. Nach der Darstellung der Apostelgeschichte unterrichten die beiden den Apollos über die Paulusmission.

Apollos scheint daraufhin erfolgreich unter den Juden in Ephesus gewirkt zu haben. Nach seinem Ephesus-Aufenthalt reiste er dann mit einem Empfehlungsschreiben der neuen ephessinischen Gemeinde versehen nach Korinth weiter. Dort traf er auf die von Paulus gegründete Gemeinde.

Als Paulus später auf dem Landweg über Galatien und Phrygien wieder nach Ephesus zurückkehrte, was für den Herbst 51 n. Chr. zu denken ist, fand er dort die von Apollos gegründete offenbar judenchristliche Gemeinde vor.

In der Folge kam es offenbar zu einem größeren Konflikt, den wir aus der Darstellung der Apostelgeschichte erschließen können. Dies ist aber nicht ganz einfach, weil Lukas offensichtlich wieder daran liegt, die Auseinandersetzung herunterzuspielen. Er tut dies vor allem dadurch, dass er die Rolle, die Apollos spielte, zu schmälern versuchte. So behauptet die Apostelgeschichte in Apg 18,25, dass Apollos lediglich die Johannestaufe empfangen hatte. Apg 18,25 scheint aber ein redaktioneller Eintrag des Lukas zu sein, der anscheinend diesen Abschnitt mit der Schilderung der Mission eines Johannesjüngers in Apg 19 verbinden wollte. Darüber hinaus ist deutlich das Bemühen zu spüren, die Spannungen zwischen Paulus und Apollos auf eine unverdächtige Ebene zu heben.

Zwischen der von Apollos gegründeten Gemeinde von Ephesus und Paulus kommt es nun auf jeden Fall zu Spannungen. Und auch Apollos sorgt in Korinth in der dort von Paulus gegründeten Gemeinde für einige Unruhe. Offensichtlich widersprachen sich die beiden Missionare in wesentlichen Punkten.

Im Herbst 51 n. Chr. trafen nun Nachrichten aus Korinth bei Paulus ein. Die Leute der Chloë, einer einflussreichen Frau der korinthischen Gemeinde scheinen ihn von den Zuständen in Korinth unterrichtet zu haben. Er hört von Gemeindespaltungen, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Apollos und seiner Mission in Korinth stehen. Dies veranlasste ihn offensichtlich den ersten Korintherbrief zu schreiben.

2. Die Literarkritik des ersten Korintherbriefes

Dieser erste Korintherbrief ist aber nicht völlig identisch mit dem Schreiben, das wir heute im Neuen Testament vorfinden. Der Brief wirft in der Form, in der er heute vorliegt, wieder einige Fragen auf. Und aufhorchen lässt uns vor allem 1 Kor 5,9. Es heißt dort:

"Ich schrieb euch in dem Briefe: ihr sollt mit Unzüchtigen keinen Verkehr pflegen." (1 Kor 5,9.)

Hier erwähnt Paulus offensichtlich einen Brief, den er anscheinend vor dem heutigen ersten Korintherbrief nach Korinth geschickt haben muss. Und dieser Vers wirft erneut die Frage auf, wo dieser Brief heute ist. Ist dieser ältere Brief an die Gemeinde in Korinth ganz einfach verlorengegangen oder ist er vielleicht - ähnlich wie wir das beim 1 Thess A vermutet haben - in den heutigen Text eingearbeitet worden.

Nun lassen sich interessanterweise auch beim heutigen ersten Korintherbrief ganz deutlich Widersprüche und Unebenheiten feststellen. Und offenbar haben wir auch in ein und demselben Brief unterschiedliche Briefsituationen vorliegen. Dies alles führt wieder zur Theorie, dass wir auch im Falle des ersten Korintherbriefes von ursprünglich getrennt voneinander existierenden Schreiben auszugehen haben. Auf einige solcher Spannungen im Text möchte ich hinweisen:

 

"Denn es muss ja wohl Spaltungen unter euch geben, damit die Erprobten unter euch erkennbar werden..." (1 Kor 11,19.)
"Brüder, um des Namens unseres Herrn Jesus Christus willen ermahne ich euch: Seid einig im Wort und lasst keine Spaltung unter euch aufkommen..." (1 Kor 1,10.)
 Hier spricht Paulus davon, dass es solche Schismata geben müsse.
Diese Stelle beinhaltet eine leidenschaftliche Stellungnahme Pauli gegen die Schismata in der Gemeinde.
"Jede Frau aber, die mit unverhülltem Haupte betet oder prophetisch redet, entweiht ihr Haupt..." (1 Kor 11,5.)
"Wie in allen Gemeinden der Heiligen, so sollen (auch bei euch) die Frauen in den Versammlungen schweigen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie es auch das Gesetz sagt." (1 Kor 14,33b-34)
Hier geht Paulus davon aus, dass es den Frauen erlaubt sei, verschleiert in liturgischen Versammlungen Gebete und Prophezeiungen einzubringen.
Hier spricht er kategorisch davon, dass die Frauen in der Gemeindeversammlung zu schweigen haben.
Manche Exegeten meinen, dieser Absatz sei ein späterer Zusatz. Harmonischer wäre die Erklärung, wenn hier eben zwei verschiedene Briefsituationen vorlägen.
"Ich will nicht, dass ihr Genossen der bösen Geister werdet. Ihr könnt nicht den Kelch des Herrn trinken und den Kelch der bösen Geister. Ihr könnt nicht Tischgenossen des Herrn sein und Tischgenossen der bösen Geister." (1 Kor 10,20b-21.)
"Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esset, ohne um des Gewissens willen Nachforschungen anzustellen." (1 Kor 10,25.)
Hier sagt Paulus, dass Götzenopferfleisch zu essen verboten ist.
Hier spricht Paulus davon, dass Götzenopferfleisch, das heißt, Fleisch, das zuvor den Göttern geopfert wurde und anschließend an der "Tempelschlachtbank" billig verkauft bzw. verteilt wurde, prinzipiell zu essen erlaubt sei
Manche Exegeten versuchen zu harmonisieren, indem sie sagen, Paulus sei der Auffassung, dass zwar der Genuss von Götzenopferfleisch erlaubt sei, aber der einzelne auf den schwachen Bruder Rücksicht zu nehmen habe.
Die Annahme von verschiedenen Briefsituationen scheint die sinnvollere Lösung zu sein.

Hinzu kommen weitere Auffälligkeiten:

Der Abschnitt 1 Kor 6,12-20 steht irgendwie deplaziert im Kontext.

  • In 1 Kor 5,1-13 redet Paulus über die πορνεία ["porneía"], die Unzucht, in 1 Kor 6,1-11 spricht er über das κρινεῖν ["krineîn"], das Prozessieren vor heidnischen Gerichten, das seines Erachtens in den Raum der eigenen Gemeinde gehört. 1 Kor 6,12-20 kommt er aber dann noch einmal ganz unvermittelt auf die Unzucht und die Unordnung zu sprechen.
  • Das Kapitel 13 mit dem Hohen Lied der Liebe steht unvermittelt zwischen den Kapiteln 12 und 14, die beide von der Ordnung im Gottesdienst sprechen.
  • Das Auferstehungskapitel (1 Kor 15) unterbricht abrupt eine lange Reihe von Punkt für Punkt beantworteten Fragen der Korinther, die in Kapitel 7 beginnt.

All diese Spannungen im Text sind wichtige Indizien, die die These von ursprünglich selbständigen Briefen, die dann nachträglich zu einem einzigen zusammengefügt worden wären, stützen.

Eine Hypothesenbildung in Bezug auf den ersten Korintherbrief ist allerdings bedeutend schwieriger als beim ersten Thessalonicherbrief.

  • Dies hängt damit zusammen, dass der erste Korintherbrief bedeutend länger ist als der erste Thessalonicherbrief.
  • Auch sind im ersten Korintherbrief keine zwei Danksagungen bzw. Briefschlüsse im heutigen Kontext festzustellen.
  • Hinzu kommt, dass auch noch der zweite Korintherbrief als Briefsammlung existiert, der als authentisch betrachtet wird. Gerade der zweite Korintherbrief wirft ja die Frage auf, warum hier plötzlich zwei Briefsammlungen entstanden sein sollen. Hätte man bei einer Redaktion nicht alle paulinischen Schreiben, die man in Korinth hatte, zu einem einzigen zusammengefasst?

Diese Fragen sind letztendlich nicht befriedigend zu klären.

Im Blick auf die aufgefallenen Spannungen und vor allem durch den Hinweis auf einen früheren Brief in 1 Kor 5,9 wird trotz der gerade eben genannten und zugegebenermaßen ungelösten Anfragen eine Teilungshypothese diskutiert.

3. Die Teilungshypothese

Ich möchte diese Hypothese jetzt nicht entwickeln - das würde hier zu weit führen - ich möchte der Einfachheit halber ganz einfach das Ergebnis dieser Hypothese vorstellen.

Wir gehen dabei von zwei Schreiben aus, einem jüngeren und einem älteren, das eben in 1 Kor 5,9 erwähnt wird.

a. Der geschichtliche Rahmen des älteren Schreibens (1 Kor A)

Wie kann man sich nun die Entstehung dieses ersten Schreibens nach Korinth, also die Entstehung des 1 Kor A, denken?

Nachdem Paulus die Mission in Korinth abgebrochen hatte und aus Korinth abgereist war - was wir auf das Frühjahr 51 n. Chr. festgesetzt hatten - ging er nach Ephesus, wie die Apostelgeschichte (Apg 18,18-19) schildert. Er wurde dabei von Timotheus, Silvanus sowie Aquila und Priscilla begleitet.

Paulus ließ Aquila und Priscilla in Ephesus zurück und reiste von dort aus weiter nach Caesarea und über Jerusalem nach Antiochien. In Antiochien knüpfte er vermutlich die nach dem antiochenischen Konflikt abgebrochenen Beziehungen zur dortigen Gemeinde wieder neu.

In diesem Zusammenhang ist er möglicherweise auch wieder neu an die Kollektenverpflichtung, die er ja im Zusammenhang mit dem Jerusalembesuch des Jahres 45 / 46 n. Chr. übernommen hatte, erinnert worden. Seit dieser Zeit taucht die Frage nach der Kollekte in seinen Briefen nämlich immer wieder auf. Dass er im 1. Thessalonicherbrief von dieser Kollekte schweigt, könnte dadurch erklärt werden, dass er erst seit dem erneuten Besuch in Antiochien wieder damit Ernst machte. ⋅2⋅

Als Paulus später auf dem Landweg über Galatien und Phrygien wieder nach Ephesus zurückkehrte, was für den Herbst 51 n. Chr. zu denken ist, fand er dort - wie bereits erwähnt - eine judenchristliche Gemeinde vor. Apollos hatte in der Zwischenzeit schließlich in Ephesus gewirkt.

Noch im Herbst 51 n. Chr. trafen nun Nachrichten aus Korinth bei ihm ein und zwar über die Leute der Chloë, jener einflussreichen Frau aus der korinthischen Gemeinde, auf die wir ja auch bereits zu sprechen gekommen waren. Paulus hörte dabei von Gemeindespaltungen, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Apollos und seiner Mission in Korinth standen. Dies veranlasste ihn den in 1 Kor 5,9 erwähnten Brief zu schreiben.

Wenn man den ersten Korintherbrief nun literarkritisch untersucht, dann könnte dieser 1 Kor A folgendermaßen ausgesehen haben:

Briefanfang.
1 Kor 5,1-5
Über einen Blutschänder.
"Bei allem hört man von Unzucht unter euch, und zwar von einer Unzucht, wie sie nicht einmal unter den Heiden herrscht, dass nämlich einer die Frau seines Vaters hat." (1 Kor 5,1)
Paulus ordnet an, diesen Mann aus der Gemeinde auszuschließen.
1 Kor 6,1-11
Über das Prozessieren von Christen vor heidnischen Gerichten.
1 Kor 7,17-24
Über die eschatologische Freiheit; Unbeschnittene, die gläubig werden, brauchen sich nicht beschneiden zu lassen.
Hier könnte die Mission des Judenchristen Apollos ein deutlicher Hintergrund sein.
1 Kor 9,1-23
Selbstverteidigung des Apostels.
"Bin ich nicht frei? Bin ich nicht Apostel? Habe ich nicht unseren Herrn Jesus gesehen?..." (1 Kor 9,1) ⋅3⋅
1 Kor 9,24-11,34
Es folgen eine Reihe von Mahnungen.
1 Kor 9,24-27:
Mahnung mittels des Wettkampfbildes.
1 Kor 10,1-22:
Warnung vor dem Götzendienst, Götzenopferfleisch zu essen ist verboten.
1 Kor 10,23-11,1:
Näheres Eingehen auf das Götzenopferfleisch.
1 Kor 11,2-16:
Frauen sollen im Gottesdienst verschleiert sein, sie werden aber als prophetisch redend und laut betend vorausgesetzt.
1 Kor 11,17-33:
Missstände beim Abendmahl werden kritisiert; deshalb sei es zu Spaltungen gekommen.
Diese Mahnungen münden in den Satz:
"... Das Weitere aber werde ich anordnen, sobald ich komme." (1 Kor 11,34)
Die Grußworte, die den Brief mit Sicherheit abgeschlossen haben, wurden bei der Redaktion weggelassen.

Soweit also zu diesem ersten Schreiben, das Paulus von Ephesus aus nach Korinth sandte.

b. Das jüngere Schreiben (1 Kor B) und sein geschichtlicher Rahmen

Nun veränderte sich die Situation. Zum einen traf Apollos mittlerweile wieder in Ephesus ein. Paulus schreibt in 1 Kor 16,12:

"Was sodann den Bruder Apollos betrifft, so habe ich ihm wiederholt zugeredet, er möge mit den Brüdern zu euch gehen; aber es war überhaupt kein Wille da, jetzt zu gehen; er wird jedoch kommen, sobald sich gute Gelegenheit bieten wird." (1 Kor 16,12.)

Darüber hinaus kamen Stephanas, Fortunatus und Achaikus, Mitglieder der Gemeinde in Korinth, zu Paulus, um ihn um Rat zu fragen. Sie hatten offensichtlich einen Brief der korinthischen Gemeinde dabei, in dem eine Reihe von Fragen formuliert waren (1 Kor 7,1).

Paulus hatte jetzt ein deutlicheres Bild von der Gemeinde in Korinth und den Zuständen dort gewonnen. Und er hatte auch erfahren, dass nach Apollos noch eine Reihe anderer Missionare in Korinth gewesen waren. Sie stammten wohl möglicherweise aus dem Umfeld des Petrus. Auf ihn haben sie sich zumindest berufen und dabei das Apostolat des Paulus in Frage gestellt.

Die Gemeinde von Korinth befand sich also schon sehr früh im Spannungsfeld der Einflüsse von Apollos, Paulus, anderen judenchristlichen Missionaren und nicht zuletzt natürlich der heidnischen Welt.

Möglicherweise haben die verschiedenen Hausgemeinden in der Folge begonnen, sich gegeneinander auszuspielen. Sie scheinen sogar in Streit miteinander geraten zu sein. Gerade die Anweisung aus 1 Kor A, den Blutschänder aus der Gemeinde auszuschließen, könnte hier ein Streitpunkt gewesen sein.

Dies veranlasste Paulus, einen ausführlicheren Brief nach Korinth zu schreiben, in dem er vor allem auf die Fragen einging, die ihm Stephanas, Fortunatus und Achaikus in jenem korinthischen Schreiben übermittelt haben. Auch die Missverständnisse, die über die Anweisung gegenüber dem Blutschänder entstanden waren, versuchte er nun zu klären:

"Ich schrieb euch in dem Briefe: ihr sollt mit Unzüchtigen keinen Verkehr pflegen. Das bezog sich nicht auf die Unzüchtigen dieser Welt überhaupt oder auf die Habgierigen, die Räuber und Götzendiener; sonst müsstet ihr ja aus der Welt hinausziehen. Nun aber schrieb ich euch: ihr sollt keinen Verkehr unterhalten mit einem, der zwar den Brudernamen führt, dabei aber ein Unzüchtiger oder Habgieriger oder Götzendiener oder Lästerer oder Trunkenbold oder Räuber ist. Mit einem solchen sollt ihr nicht einmal zusammen essen." (1 Kor 5,9-11.)

Er mühte sich also darum, einen falschen Eindruck, der durch sein erstes Schreiben entstanden war, zu korrigieren.

Weiter teilte er der Gemeinde in Korinth mit, dass er bis Pfingsten in Ephesus bleiben wolle (1 Kor 16,8). Daraus können wir also schließen, dass wir uns bereits im Frühjahr 52 n. Chr. befinden müssen, etwa um die Zeit des Osterfestes. Damit können wir die Entstehung von 1 Kor B recht genau datieren.

Wenn man den heutigen Textzusammenhang kritisch untersucht, dann müsste 1 Kor B nun folgendermaßen ausgesehen haben.

1 Kor 1,1-9
Briefadresse und Danksagung. Als Mitabsender wird Sosthenes genannt.
1 Kor 1,10-4,21
Über das Problem der Gemeindespaltung in Korinth.
1 Kor 1,11:
Leute der Chloe berichten über 4 Gruppierungen in Korinth:
Apollosanhänger - also von Apollos bekehrte Christen vorzüglich der intellektuellen Schicht,
Kephasanhänger - war Petrus in Korinth oder waren hier Petrusschüler am Werk? -,
Paulusanhänger,
eine Christospartei - hierbei ist es unklar, ob es sich um eine nachträgliche Glosse handelt, oder ob dies die Bezeichnung für diejenigen ist, die den Gruppenkampf nicht mitmachten.
1 Kor 4,17
erwähnt Paulus, dass Timotheus auf dem Weg nach Korinth ist.
1 Kor 4,18-20
kündigt er einen eigenen Besuch an (vgl. 1 Kor 11,34 und 1 Kor 16,5-9). Dies wäre sein zweiter Besuch in Korinth.
1 Kor 5,6-8
Die Gemeinde hat keinen Grund sich zu rühmen.
"Schön ist euer Rühmen nicht. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Schafft den alten Sauerteig hinaus, auf dass ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ja ungesäuert seid, denn unser Pascha ist geschlachtet, nämlich Christus. Darum wollen wir das Fest nicht feiern mit altem Sauerteig, nicht mit dem Sauerteig der Schlechtigkeit und Bosheit, sondern mit dem ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit." (1 Kor 5,6-8)
Ist dies ein indirekter Hinweis auf die Abfassungszeit des Briefes im Umfeld des Festes, das hier als Beispiel dient?
1 Kor 5,9-13
Anmerkungen zur Zucht innerhalb der Gemeinde.
Paulus geht auf den älteren Brief ein und klärt die Missverständnisse über den Umgang mit Unzüchtigen ab.
1 Kor 6,12-20
Weiterführung der Abhandlung über die πορνεία ["porneía"], die Unzucht.
1 Kor 7,1-16
Ab jetzt beantwortet Paulus Fragen eines Briefes aus Korinth.
Hinweise auf die Überbringung dieses Schreibens finden sich möglicherweise in 1 Kor 16,15.
Die Antworten sind alle eingeleitet mit der Wendung περὶ δὲ ["perì dè"] - "Über das [was ihr zu... geschrieben habt]".
Zunächst Antworten über Ehefragen.
1 Kor 7,25-39
Über Jungfrauen und Witwen.
1 Kor 8,1-13
Über Götzenopferfleisch - Es gibt keine Götzen, man kann das Götzenopferfleisch daher verzehren.
Paulus schwächt seine frühere Position, wohl im Blick auf die sozialen Belange der Gemeinde ab.
1 Kor 12,1-31
Über Charismen und die Einheit der Gemeinde.
1 Kor 13,1-13
Das "Hohe Lied der Liebe" unterbricht zwar den Zusammenhang - lassen wir es verlegenheitshalber aber dennoch hier stehen. Gehört es in einen ganz anderen Textzusammenhang und ist von einer dritten Quelle hierhergelangt?
Dies ist möglich, aber nicht zwingend. Eine Einordnung in den Brief B ist nicht unmöglich.
1 Kor 14,1-40
Anwendung der Ausführungen von Kapitel 12 im Blick auf den Gottesdienst.
Das Zungenreden wird von ihm ganz stark eingeschränkt:
"Ist jedoch kein Ausleger anwesend, so soll (der Zungenredner) in der Gemeindeversammlung schweigen; er soll vielmehr für sich und vor Gott beten." (1 Kor 14,28)
Nach den genaueren Informationen aus Korinth ändert Paulus auch seine Meinung über die Mitwirkung von Frauen. Sie haben zu schweigen.
1 Kor 15,1-58
Auferstehungskapitel: Gegen die Leugnung der Auferstehung.
1 Kor 16,1-4
Anweisungen für die Kollekte.
Auch diese Anweisungen gehen wohl auf Anfragen der Korinther zurück.
Paulus lässt die Frage, ob er selbst nach Jerusalem reisen wird, um die Kollekte zu überbringen, hier offen.
1 Kor 16,5-9
Pauli Reiseplan.
Bis Pfingsten möchte er noch in Ephesus bleiben, dann über Makedonien nach Korinth kommen und dort überwintern.
1 Kor 16,10-11
Timotheus ist auf dem Weg nach Korinth und soll, wenn er ankommt gut aufgenommen werden und mit dem Bericht wieder zurückkommen. Paulus rechnet also damit, dass der Brief vor Timotheus in Korinth eintrifft.
Daraus könnte man folgern, dass Timotheus über den Landweg nach Korinth geht, während der Brief mit dem Schiff transportiert wurde.
1 Kor 16,12
Beantwortung der Anfrage über Apollos.
1 Kor 16,13-24
Briefschluss mit Mahnungen und Grüßen. Empfehlungen für Stephanas und Grüße von Aquila und Prisca.

c. Die Redaktion des ersten Korintherbriefes

In den jüngeren und ausführlicheren Brief 1 Kor B wäre dann - unserer Hypothese zufolge - der ältere und kürzere 1 Kor A eingearbeitet worden, und zwar auf folgende Weise:

Brief B
 Brief A
1 Kor 1,1-9: Briefanfang.
1 Kor 1,10-4,21: Spaltungen.
 in 1 Kor 4,19 spricht er von "aufgeblasenen Leuten".
1 Kor 5,1-5: Über den Blutschänder.
1 Kor 5,2 enthält ebenfalls das Wort "aufgeblasen". Diese Stichwortverbindung lässt den Redaktor diesen Abschnitt hier aus 1 Kor A hier einfügen.
1 Kor 5,6-13: Sauerteigbeispiel und Erklärung der ersten Auskünfte über den Blutschänder.
Beides fügt sich harmonisch an die Anweisungen aus 1 Kor A an.
1 Kor 5,12 bringt das Stichwort κρινεῖν ["krineîn"] ("urteilen"). Dies bietet erneut eine Überleitung.
1 Kor 6,1-11: Christen sollen nicht vor weltlichen Gerichten prozessieren.
Im heutigen Textzusammenhang stoßen nun in 1 Kor 5,11 (6 Begriffe) und 1 Kor 6,9-11 (9 Begriffe) zwei Lasterkataloge aufeinander.
1 Kor 6,12-20: Erneute Abhandlung über die Unzucht.
1 Kor 7,1-16: Beantwortung der Fragen (περὶ δὲ... ["perì dè..."]). In 1 Kor 7,15 findet sich das Wort καλέω ["kaléo"] ("berufen"), das die Klammer zum nächsten Absatz bietet.
1 Kor 7,17-24: Der Abschnitt über die eschatologische Freiheit wird nicht mit περὶ δὲ... ["perì dè..."] eingeleitet. Hier wird also die begonnene Aufzählung durchbrochen.
Motiviert könnte die Einfügung hier durch das Stichwort καλέω ["kaléo"] aus 1 Kor 7,17 sein.
1 Kor 7,25-39 und 1 Kor 8,1-13 nehmen die unterbrochene Aufzählung mit περὶ δὲ... ["perì dè..."] wieder auf.
1 Kor 9,1-23: Die Selbstverteidigung des Apostels unterbricht die Reihung der Antworten erneut.
Dies ist der wichtigste Hinweis dafür, diesen Absatz und dann auch die nachfolgenden in 1 Kor A zu suchen. Nähere Belege, auch für den Grund der Einfügung an dieser Stelle sind nicht leicht auszumachen.
1 Kor 9,24-11,34: In der Folge wird der ganze Rest des 1 Kor A angefügt.
1 Kor 12,1-16,24: Der Rest des heutigen Textzusammenhanges folgt 1 Kor B.

4. Die Einheitshypothese

Natürlich kann man auch hier wieder davon ausgehen, dass der ganze Brief ein einheitliches Schreiben aus der Zeit um das Osterfest des Jahres 52 n. Chr. ist. Die Unebenheiten, Widersprüche und Doppelungen müssten dann durch Diktat des Paulus oder seine Unkonzentriertheit erklärt werden.

Dies ist aber wirklich nicht in allen Punkten befriedigend.

5. Die Darstellung der Totenauferstehung des 1. Korintherbriefes im Vergleich mit dem 1. Thessalonicherbrief

Auf eine inhaltliche Frage des ersten Korintherbriefes möchte ich abschließend an dieser Stelle noch eingehen. Wir haben hier nämlich, nach den Äußerungen des Paulus im ersten Thessalonicherbrief, die zweite Darlegung über die Auferstehung der Toten.

Auffallend ist nun, dass Paulus in 1 Kor 15 die Frage nach der Totenauferstehung anders beantwortet als in 1 Thess 4.

Nach der Auskunft, die Paulus im 1. Thessalonicherbrief gibt, werden bei der Wiederkunft Christi zuerst die Toten auferweckt. Sie werden also ins irdische Leben zurückgerufen. Dann werden alle gemeinsam erhöht und verherrlicht.

Paulus schildert die Auferstehung im 1. Thessalonicherbrief demnach als ein Vorgang in zwei Akten.

Nach dem 1. Korintherbrief werden die Lebenden verwandelt und die Verstorbenen werden auferweckt. Die Auferweckung selbst beinhaltet demnach bereits die Verwandlung.

Hier schildert Paulus also eine Auferstehung quasi in einem Akt.

Dass die Auferweckung eine Verwandlung beinhalten muss, ist für das Spätjudentum eine Selbstverständlichkeit. Ein Eingehen in die himmlische Welt ist ohne Verwandlung nicht denkbar.

Auf diesem Hintergrund ist ja übrigens auch die Verklärung Christi zu sehen. Er wird den Jüngern als der bereits Auferstandene verwandelt gezeigt.

Nach 1 Kor 15 und 1 Thess 4 gibt es nun also zwei differierende Aussagen des Paulus über die eschatologische Rettung.

In Saloniki scheint er das erste Mal mit der Frage nach den Verstorbenen konfrontiert worden zu sein. Die Antwort, die er damals gab, das Sprechen von einer Auferweckung ins irdische Leben hinein, mutet beinahe wie eine Verlegenheitslösung an.

Im 1. Korintherbrief wird die Auferweckung nun aufgewertet. Im Akt der Auferweckung ist der Eintritt in die himmlische Welt eingeschlossen. Somit wird in der theologischen Entwicklung des Paulus das Geschehen der Auferweckung gleichsam von einer zunächst untergeordneten zu einer zentralen Heilskategorie.

Nach unserer Chronologie liegt zwischen diesen beiden Aussagen etwa ein Jahr. Hier setzt die These Lüdemanns an, die davon ausgeht, dass eine solche theologische Entwicklung einen viel größeren zeitlichen Abstand zwischen beiden Briefen voraussetzt.

Mit Rudolf Pesch trauen wir Paulus jedoch diese theologische Flexibilität zu. Seine im 1. Thessalonicherbrief eher spontan gegebene Antwort ist nun genauer durchdacht. Wir werden sehen, dass er - wo es um seinen eigenen Tod geht - wenige Jahre später im Philipperbrief, noch einmal anders reden wird, als in diesen eher allgemeinen Auskünften.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button

2 Silvanus wird nach diesem Aufenthalt in Antiochien nicht mehr in seiner Begleitung erwähnt. So ist anzunehmen, dass er in Antiochien blieb. In 1 Petr 5,12 wird ein Silvanus als Mitarbeiter des Petrus vorausgesetzt. Möglicherweise ist hier an die gleiche Person gedacht. Zur Anmerkung Button

3 Nach dem Wort ἀπολογία ["apología"] in 1 Kor 9,3 wird dieser Text, der eine Verteidigung des apostolischen Rechtes und der Praxis des Paulus ist, "Kleine Apologie" genannt. Zur Anmerkung Button