Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Theologische Leitlinien des Lukas-Evangeliums ⋅1⋅
Wir können die Antwort hier tatsächlich kurz halten, weil wir im Zusammenhang mit der Apostelgeschichte, wenn wir dann auf den ganzen Wurf des lukanischen Doppelwerkes zurückblicken können, noch einmal auf diese Frage zurückkommen werden.
Es lässt sich aber schon jetzt sagen, dass sich Jesus bei Lukas von Anfang an als Messias bekennt. Das ist im Vergleich zum Markus-Evangelium ein auffallender Zug. Dieser Messias Gottes kann natürlich im Letzten nicht von Gott verlassen werden. Von daher wird die Änderung, die ich gerade eben genannt habe, in Lk 23,46 verständlich.
Andererseits betont Lukas die menschlichen Züge Jesu stärker als seine Markus-Vorlage.
- So liebt es der Verfasser des Lukas-Evangeliums, die Barmherzigkeit Jesu gegenüber den Sündern hervorzuheben (Lk 15,1ff).
- Auch erzählt er immer wieder Szenen der Vergebung, so etwa Lk 7,36-50, wo von der Salbung Jesu durch die Sünderin berichtet wird.
- Auch betont er gern die liebevolle Zuwendung Jesu zu den Geringen und Armen. Die Stolzen und reichen Genießer werden im Gegenzug hart behandelt.
Um in den Glanz dieser Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes zu gelangen, bedarf es nach Auskunft des Lukas-Evangeliums allein der Bekehrung.
Diese Bekehrung aber äußert sich vor allem in der Selbstverleugnung. So betont Lukas die Notwendigkeit einer entschiedenen und radikalen Loslösung von der althergebrachten Weise zu leben. Diese Lösung findet ihren Ausdruck insbesondere im Verzicht auf irdische Reichtümer.
Daneben unterstreicht natürlich auch Lukas immer wieder die Wichtigkeit und Bedeutung des Gebetes.
Interessanterweise erhält nun aber auch die Geschichte bei Lukas eine wesentlichere Komponente. Die römischen und jüdischen Daten, wie zum Beispiel beim Census des Quirinus, werden nicht nur genannt. Die Geschichte Jesu tritt durch ihre Nennung in die Dimension der Weltgeschichte ein.
Wenn man das Werk des Lukas mit der Apostelgeschichte zusammensieht, dann kann man sogar sagen, dass der Verfasser Jesu Wirken - weit weniger als dies die anderen Evangelien tun - als eschatologisches Zeichen hervorhebt. Es geht also nicht mehr so stark um das Ende der Zeiten. Jesu Wirken ist bei Lukas im Horizont des Ablaufes der Heilsgeschichte gezeichnet. Für ihn ist das Kommen Jesu Christi die Mitte der Zeit. Nun beginnt die Heilszeit der Gemeinschaft mit Christus in seiner Kirche. Conzelmann umschreibt dies folgendermaßen:
"Lukas schildert die Geschichte Jesu als die "Mitte der Zeit", als das Ende der messianischen Erwartung und Verheißung der Propheten (letzter Prophet war Johannes) und als Anfang der Kirchengeschichte." ⋅2⋅
Anmerkungen