Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Zur sozialen Schichtung der Bevölkerung ⋅1⋅

Dass die soziale Schichtung der Bevölkerung gravierende Unterschiede aufwies, lässt sich von vorneherein vermuten. Die beißenden Klagen der alttestamentlichen Propheten sprechen hier ja eine deutliche Sprache.

1. Die Oberschicht

Eine dünne Schicht von Großgrundbesitzern bildete die Oberschicht in Israel. Diese Großgrundbesitzer konnten es sich leisten, in einer Stadtwohnung in Jerusalem zu wohnen.

2. Die Unterschicht

Fischer mit einem Netz.

Fischer mit einem Netz.

Foto-Button© Katholisches Bibelwerk Linz, Kapuzinerstr. 84, A-4020 Linz

Die Masse der Bevöl­kerung bestand aber aus Kleinbauern und Tage­löh­nern.

Von ihnen waren vor allem die Tagelöhner am schlechtesten dran. Sie lebten gleichsam von der Hand in den Mund, fanden jeweils nur für kurze Zeit Arbeit, manchmal nur für einen Tag, und mussten dann Tag für Tag darauf war­ten, dass sie von jemandem angeworden wurden. Ganz ähnlich wie das das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg schildert, standen sie dann auf dem Marktplatz herum und harrten der Dinge, die da kommen sollten (vgl. Mt 20,1-16).

Tagelöhner wurden im übrigen nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt. Auch für die Fischerei und andere Geschäfte konnten sie angeworben werden. Von Zebedäus, dem Vater des Jakobus und Johannes, hören wir, dass er für den Fischfang Lohnarbeiter beschäftigte (Mk 1,20).

Der Tageslohn betrug wohl - so lässt der Evangelienbericht zumindest vermuten - in der Regel einen Denar.

3. Die Mittelschicht

Natürlich existierte auch in Israel so etwas wie eine soziale Mittelschicht. Sie dürfte im gesellschaftlichen Gefüge so etwas wie ein stabilisierender Faktor gewesen sein.

Zu dieser Mittelschicht gehörten die Handwerker, die Kleinhändler, aber auch die Leviten und die gewöhnlichen Priester, von denen es 7000 gegeben haben soll.

Die einfachen Priester wurden zu einem Wochendienst am Tempel eingeteilt. Bei der großen Menge von Priestern - das Amt wurde in der Regel ja vererbt - wurden sie nur selten vom Dienst getroffen. Sie konnten also unmöglich vom Tempel leben und waren gezwungen, neben ihrem Priesteramt einen anderen Beruf auszuüben.

So konnten es sich die meisten Priester auch kaum leisten, in der Hauptstadt zu wohnen. Jericho, das in unmittelbarer Nähe von Jerusalem liegt, war daher ein beliebter Wohnort für die einfachen Priester. Jericho galt deshalb auch als Priesterstadt.

4. Sklaven

Unter diesen drei sozialen Schichtungen muss man - wie in der gesamten antiken Welt - dann die Sklaven ansiedeln.

Das Vorhandensein von Sklaven in Israel wird uns auch in den Gleichnissen der synoptischen Evangelien bestätigt. Manchmal ist das in den Übersetzungen aber nicht gleich auszumachen, weil das entsprechende griechische Wort, nämlich der Begriff δοῦλος ["doulos"], normalerweise mit "Knecht" übertragen wird. Das aber beschönigt. Wir sollten diesen Begriff nach Möglichkeit mit "Sklave" übersetzen, um nicht unter der Hand harmonisierende soziale Bedingungen in die Zeit Jesu hineinzutragen.

Denn auch für Israel gilt, dass wir uns die Situation der Sklaven in ihrer ganzen Härte vorzustellen haben. Sklave zu sein bedeutete auch in Israel, Eigentum eines anderen zu sein, und zwar mit allen Negativerscheinungen, die dieses Faktum beinhaltet.

Erst auf diesem Hintergrund darf man dann darangehen einzuräumen, dass die Situation der Sklaven im jüdischen Haus nicht ganz so hart gewesen ist, wie die in einem griechischen oder römischen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Sklave ein Jude, also ein Volksgenosse, war.

Der jüdische Sklave wusste sich immerhin unter dem Schutz des Gesetzes. Und gemäß diesem Gesetz musste er genauso behandelt werden, wie beispielsweise ein Tagelöhner, der seine Arbeitskraft verkaufte. So war es ihm immerhin möglich zu einem bescheidenen Eigentum zu gelangen.

Am wichtigsten aber war die Gesetzesvorschrift, dass im Sabbatjahr, also in jedem siebten Jahr, die jüdischen Sklaven in die Freiheit zu entlassen waren. Hier offenbart sich ein höchst humaner Zug des israelitischen Gesetzes. Die Polemik der Propheten aber macht schon deutlich, dass auch hier sehr vieles reine Theorie blieb.

Noch schwieriger war es um heidnische Sklaven bestellt. Sie erfreuten sich der jüdischen Privilegien nicht. Darum bemühten sich eine ganze Reihe heidnischer Sklaven darum, als Proselyten in die Synagoge aufgenommen zu werden.

Abschließend möchte ich nur noch erwähnen, dass die Anzahl der Sklaven in Israel nicht annähernd so hoch gewesen sein dürfte, wie etwa in Griechenland oder gar im Rom der damaligen Zeit.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Vgl.: Joachim Gnilka, Jesus von Nazareth (Herders Theologischer Kommentar zum NT - Supplementband 3) (Freiburg/Basel/Wien 1990) 66-74. Zur Anmerkung Button