Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Zu diesen Schriften
- 1. Gemeinsame Merkmale dieser Bücher
- a. Welche Bücher gehören zu dieser Gattung?
- b. Der Stellenwert historischer und geographischer Angaben
- c. Zur Absicht dieser Bücher
- 2. Das Problem der Deuterokanonischen Schriften
Wir kommen nun zu einer Reihe von Büchern, die in den verschiedenen Bibelausgaben an ganz verschiedenen Orten zu finden sind.
1. Gemeinsame Merkmale dieser Bücher
Sie zeichnen sich aber alle durch eine gemeinsame Eigenschaft aus. Sie sind allesamt novellenartige Erzählungen. Ihre Hauptabsicht ist ganz einfach, den Leser zu erbauen. Sie wollen gefallen, aber dennoch durch ihre Darstellung dem Leser eine bestimmte Aussage vermitteln.
a. Welche Bücher gehören zu dieser Gattung?
Diese Literaturgattung ist zum Teil schon sehr alt. Sie nimmt ihren Anfang in der Josefs-Novelle der Genesis.
Zu den eigenständigen Büchern dieser Gattung gehören in der Bibel dann
- das Buch Rut, als vielleicht ältestes von ihnen,
- das Buch Jona, das sich heute im Zwölfprophetenbuch findet, obwohl es eigentlich kein Prophetenbuch ist,
- und dann die Bücher Tobit, Judit und Ester.
b. Der Stellenwert historischer und geographischer Angaben
Diese Bücher gehen dabei häufig sehr frei mit Geschichte und Geographie um. Hier sind vor allem das Jona-Büchlein und die Bücher Tobit, Judit und Ester zu nennen.
Nach der Darstellung des Buches Tobit erlebte der alte Tobit zum Beispiel
- in seiner Jugend noch die Reichsteilung beim Tod Salomos im Jahre 931 v. Chr. (Tob 1,4),
- er wurde dann mit dem Stamm Naftali in Gefangenschaft geführt (Tob 1,5. 10), ein Ereignis, das erst 734 v. Chr. stattfand.
- Und sein Sohn Tobias starb dann gar erst nach der Zerstörung Ninives im Jahre 612 v. Chr. (Tob 14,15).
Noch viele solcher Ungereimtheiten wären hier zu nennen. Wir werden bei der Betrachtung der einzelnen Bücher auf die eine oder andere noch zu sprechen kommen.
c. Zur Absicht dieser Bücher
Diese erstaunlichen Freiheiten lassen sich nur erklären, wenn die Verfasser etwas anderes schreiben wollten als ein Geschichtswerk. Sie gehen zwar in der Regel von tatsächlichen Begebenheiten aus. Diese waren aber nur so etwas wie ein Vorwand für die eigentliche Erzählung. Von geschichtlichen Begebenheiten ausgehend wurde die Darstellung dann nämlich weiterentwickelt.
Dem Verfasser scheint es denn auch ganz besonders auf diese Weiterführungen anzukommen. Sie sind sein eigentliches Werk und enthalten auch seine eigentliche Botschaft.
Es kommt also darauf an, die Aussageabsicht jedes Buches zu bestimmen und die Lehre, die es geben will, herauszuarbeiten.
2. Das Problem der Deuterokanonischen Schriften
Dass die genannten Bücher in der Regel wohl jüngeren Datums sind - mit Ausnahme vielleicht des Buches Rut, macht schon ihre Einordnung unter die כְּתוּבִים ["ketubim"], die "Schriften", den dritten und jüngsten Teil des hebräischen Kanons, deutlich.
Lediglich das Buch Jona ist von seinem Thema her unter die Prophetenschriften eingereiht worden. Es findet sich dort im sogenannten Zwölfprophetenbuch.
a. Keine Aufnahme in den hebräischen Kanon
Einige dieser Bücher - oder Teile von ihnen - sind schon gar nicht mehr in den hebräischen Kanon aufgenommen worden. Sie wurden auf griechisch verfasst oder sind nur noch in ihrer griechischen Übersetzung zugänglich.
Zu diesen Schriften gehören - wie wir ja bereits gesehen haben
- Teile des Buches Daniel.
Im Zusammenhang mit den hier besprochenen biblischen Lehr-Erzählungen kommen dann
- Teile des Ester-Buches,
- sowie die Bücher Judit,
- und Tobit,
hinzu. Ferner sind - jetzt über die Lehr-Erzählungen hinausgehend -
- das Buch Baruch, das die Septuaginta unter die Prophetenbücher einordnet,
- die Bücher Weisheit,
- und Jesus Sirach,
- sowie die beiden Makkabäer-Bücher hier anzuführen.
Man nennt diese Schriften, die "deuterokanonische Bücher". Sie sind erst in zweiter Linie, also auf dem Wege der griechischen Übersetzung, in den Kanon der Schriften gelangt.
b. Der unterschiedliche Stellenwert dieser Bücher im Christentum
Das Christentum hat diese Bücher erst nach einem gewissen Schwanken in der Zeit der Kirchenväter anerkannt.
Ihre Anerkennung wurde vor allem dadurch gefördert, dass diese Schriften in den ersten Jahrhunderten - trotz aller Diskussionen - oft gelesen und benutzt wurden.
Hier spielt sicher die Tatsache, dass die urchristlichen Gemeinden vorzugsweise die griechische Bibelausgabe benutzten, eine große Rolle.
So tauchen die deuterokanonischen Schriften endgültig in den offiziellen Kanonverzeichnissen des Westens seit der römischen Synode von 382 n. Chr. auf.
Im Osten sind sie seit dem sogenannten Trullanischen Konzil von Konstantinopel aus dem Jahre 692 n. Chr. in offiziellen Listen verzeichnet.
Die Reformatoren haben diese deuterokanonischen Schriften ganz aus dem Kanon ausgeklammert. In der evangelischen Tradition gelten sie als apokryph und nicht zur Heiligen Schrift gehörig.