Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Weitere Pentateuchhypothesen ⋅1⋅
- 1. Ein Blick durch die Einleitungswerke
- 2. Kritikpunkte an der klassischen und neue Versuche für eine Pentateuch-Hypothese
- 3. Eine Kombination von Neuerer Urkundenhypothese und Ergänzungshypothese als praktikable Lösung des Pentateuchproblems
1. Ein Blick durch die Einleitungswerke
Die neueren Einleitungswerke bieten ein verwirrendes, uneinheitliches Bild zur Frage des Pentateuchs. ⋅2⋅
In der aktuellen Pentateuchkritik scheint also alles im Wandel begriffen.
2. Kritikpunkte an der klassischen und neue Versuche für eine Pentateuch-Hypothese
Das traditionell vor allem den Pentateuchquellen J und E zugeordnete Gut bietet viele Angriffsflächen.
Die Aufspaltungen von J und E bei Smend sen., Budde, Otto Eißfeldt, Georg Fohrer, Procksch in mehrere parallele Quellen oder Schichten machen dies bereits deutlich.
Wichtige Ansatzpunkte für die Kritk lieferten vor allem Hermann Gunkel ⋅3⋅ und Gerhard von Rad. ⋅4⋅
Weitere Erklärungsversuche unternehmen vor allem Rolf Rendtorff, ⋅5⋅ Hans Heinrich Schmid, ⋅6⋅ H. Vorländer, ⋅7⋅ M. Rose, ⋅8⋅ Otto Kaiser und H. Ch. Schmitt. ⋅9⋅
Eine echte Alternative zur Neueren Urkundenhypothese von Karl Heinrich Graf und Julius Wellhausen können die neuen Kritiker aber nicht bieten. Ihre Lösungen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben.
Und doch haben die Kritiker viele Schwachstellen der Neueren Urkundenhypothese und ihrer späteren Modifizierungen (durch Otto Eißfeldt, Georg Fohrer u. a.) aufgezeigt, die zu einer kritischen Betrachtung der Neueren Urkundenhypothese zwingen.
Hier setzen die Überlegungen von Erich Zenger, P. Weimar und Lothar Ruppert an.
3. Eine Kombination von Neuerer Urkundenhypothese und Ergänzungshypothese als praktikable Lösung des Pentateuchproblems
Ich versuche nun eine mögliche und auch praktikable Lösung des Pentateuchproblems aufzuzeigen. Dabei orientiere ich mich an einem Versuch, wie er vor allem von Lothar Ruppert in Freiburg vertreten wird.
Die einleitenden Untersuchungen bezüglich Dubletten, Widersprüchen und so weiter, wie wir sie Anfangs der Allgemeinen Einleitung angestellt haben, setze ich hier selbstverständlich voraus.
Das heißt, wir müssen - nach all dem, was wir bisher gesagt haben - festhalten, dass eindeutige Doppelungen zur Annahme zwingen, dass wir von parallelen literarischen Quellen und Urkunden auszugehen haben (z. B. Sintfluterzählung Gen 6-8).
Dabei scheint es ebenso geboten zu sein, eine jüngere Schicht anzunehmen, die aus Priesterkreisen stammt. ⋅10⋅
Darüber hinaus gibt es eindeutige Belege für weitere Schichten aus vorpriesterlicher Zeit. ⋅11⋅
Dies führt zu folgender Hypothese, die ich nun in sieben Thesen darstellen möchte:
- Es gibt zwei parallele Geschichtsdarstellungen, die wir mit den Ausdrücken "Jahwist" (J) und "Elohist" (E) bezeichnen. Ohne uns schon genauer festzulegen, datieren wir den sogenannten "Jahwisten" in die Zeit um das Jahr 1000 v. Chr. Die elohistische Schrift ist dabei etwas später entstanden und will anscheinend bewusst einige Aussagen von J korrigieren.
Dass beide Darstellungen so eng parallel laufen, muss also nicht auf eine gemeinsame "Grundschrift" (G) zurückgeführt werden. ⋅12⋅ Es genügt die Annahme, dass die jüngere Schicht E den älteren jahwistischen Text benutzte, darüber hinaus jedoch frei und eigenständig gearbeitet hat. Sicher kann man zusätzlich auch von der gemeinsamen Vorgabe allgemeiner israelitischer Überlieferung ausgehen. - Beide Geschichtsdarstellungen wurden später von einem Redaktor zu einem "jahwistisch/elohistischen Geschichtswerk" (JE) zusammengefügt. ⋅13⋅
Dieser Redaktor hat dabei einerseits ganz J und E miteinander kombiniert, andererseits aber auch weiteres Überlieferungsmaterial eingearbeitet. (z. B. das Motiv der verschmähten Ehebrecherin in der Josefserzählung (Gen 39,6-19)). - Am Tempel in Jerusalem entsteht ausgehend von der dort verfaßten Gesetzessammlung des "Deuteronomiums" ein im Geist dieses "Deuteronomiums" geprägtes Geschichtswerk, das mit dem Buch Deuteronomium beginnt und den Königsbüchern endet. Dieses umfassende Geschichtswerk nennt man das "Deuteronomistische Geschichtswerk" (DtrG) - wir werden im Zusammenhang mit den Büchern Josua bis 2 Könige auf dieses Geschichtswerk eingehender zu sprechen kommen.
- Während des babylonischen Exils dient nun das alte "jahwistisch/elohistische Geschichtswerk" als Vorlage für ein weiteres Geschichtswerk. Dieses Geschichtswerk ist der Grundstock der später sogenannten Priesterschrift. Wir nennen es die "priesterschriftliche Grunderzählung" (PG). PG enthält eine Fülle eigener Erzählungen und ein neues, ganz eigenes Konzept für seine Darstellung. Es darf angenommen werden, dass die "priesterschriftliche Grunderzählung" das "jahwistisch/elohistische Geschichtswerk" ersetzen will.
- Andererseits wird wohl kurz vor der Entstehung dieser priesterschriftlichen Grundschrift (um 560 v. Chr.) das "jahwistisch/elohistische Geschichtswerk" von einer anderen Redaktorengruppe mit dem "Deuteronomistischen Geschichtswerk" kombiniert. JE wird als Vorspann des DtrG eingebaut und erweitert. ⋅14⋅
- In dieses Werk wurde im 5. Jh. die mittlerweile zur eigentlichen Priesterschrift (P) erweiterte "priesterschriftliche Grundschrift" (PG) in dieses große Geschichtswerk eingearbeitet.
- Um 400 v. Chr. wird das Buch Josua und die folgenden Bücher aus politischen Gründen vom Ensemble abgetrennt - wir werden im Zusammenhang mit dem "Deuteronomistischen Geschichtswerk" noch darauf zu sprechen kommen. Durch die Arbeit eines Endredaktors entstand nun der eigentliche Pentateuch. Dabei schien der Tod des Mose das passende Ende eines Corpus zu sein, das vornehmlich von diesem Mann handelt.
Ich folge mit diesen Thesen also der neueren Urkundenhypothese. Wobei eine ganze Reihe von Modifizierungen implizit notwendig sind.
So ist das jahwistische Werk (J) mit Einschränkungen als Geschichtswerk zu bezeichnen. Eine eigene Geschichtskonzeption dieser Schrift ist durchaus deutlich erkennbar.
In E erkennen einige Exegeten allerdings eher so etwas wie Geschichtsfragmente (Hans Walter Wolff, Erich Zenger). Bei einer genaueren Analyse, wie sie Lothar Ruppert beispielsweise in der Jakobs- bzw. der Josefserzählung vorgenommen hat, wird jedoch auch in der elohistischen Schicht eine eigene Geschichtskonzeption erkennbar. So scheint es angebracht zu sein, auch hinter E ein eigenes Geschichtswerk zu sehen.
Durch den Redaktor, der das "jahwistisch/elohistische Geschichtswerk" (JE) zusammenstellte - und vermutlich auch später noch, wurde weiteres, vordeuteronomistisches Gesetzesmaterial aufgenommen. Dazu gehört:
- das Privilegrecht Jahwes,
- das Bundesbuch,
- und das Heiligkeitsgesetz.
So ist also an dieser Stelle die Neuere Urkunden-Hypothese durch eine Art Fragmenten-Hypothese zu ergänzen (Erich Zenger).
Auf jeden Fall bedarf die Neuere Urkunden-Hypothese - vor allem im Bereich des "jahwistisch/elohistischen Werkes", aber auch bei späteren Schichten - der Abstützung durch eine Ergänzungs-Hypothese.
Das heißt: bei jeder Bearbeitung des Textes durch einen Redaktor, vor allem aber durch den Redaktor JE, wurde immer wieder auch neues Material in den Text mit aufgenommen. ⋅15⋅
Dieser Versuch einer Klärung des Pentateuch-Problems ist wie alle anderen Versuche nicht unumstritten. Ich möchte im Folgenden aber zeigen, dass er ganz brauchbare Ergebnisse in der Untersuchung der einzelnen Schichten zu Tage fördert.
Ich möchte nun also zu unserer eigentlichen Ausgangsfrage zurückkehren und eine Antwort auf die Frage versuchen,
- wer nun die Verfasser des Pentateuchs waren,
- wann sie gearbeitet haben
- und vor allem, welche Absicht sie mit ihren Schriften verfolgten.
Anmerkungen
Ganz in Frage stellt Rolf Rendtorff die Pentateuchquellen in seinem Einleitungswerk.
Es gibt auf der anderen Seite auch eine Reihe kompetenter ev. Autoren, welche die Ablehnung des Systems von Karl Heinrich Graf und Wellhausen nicht in diesem Umfang mitvollzogen:
Werner H. Schmidt, Einführung in das Alte Testament, Berlin 2. Auflage 1982;
L. Schmidt, § 7 Pentateuch, in: H. J. Boecker, H.-J. Hermisson, J. M. Schmidt, L. Schmidt, Altes Testament, Neukirchen-Vluyn 1983, 80-101;
Werner H. Schmidt, Ein Theologe in salomonischer Zeit. Ein Plädoyer für den Jahwisten, BZ 25 (1981), 82-102.
Die Konzeption dieser beiden Autoren verlässt die Neuere Urkundenhypothese nicht, ergänzt sie aber auch nicht. Zwar entkräftet sie die Position Rolf Rendtorffs, sie scheint jedoch die Probleme, welche die Kritiker Wellhausens aufzeigten, nicht lösen zu können.
Diesem vorliterarischen Ansatz entsprechend, musste er schon die Bedeutung der Quellenschriften, die er noch ohne Zögern annahm, sehr gering ansetzen. Er rechnete weniger mit selbständigen Quellenautoren als mit Sammlern.
Wegen der internen Spannungen rechnete er hierbei mit mehreren parallelen jahwistischen Sammlungen, z. B. in Gen 2-3 mit Je, Jj und Jr innerhalb der jahwistischen "Schule": Je bevorzugte אֱלֺהִים [">ælohim"], Jj יהוה ["jahwe"] und Jr harmonisierte diese Ausdrucksweisen in יהוה אֱלֺהִים ["jahwe >ælohim"]. Mit diesem weiten Verständnis der klassischen Pentateuchquellen kam er im Unterschied zu Budde, Smend jun., Otto Eißfeldt und Georg Fohrer ohne die Vermehrung der literarischen Quellen durch Aufspaltung der Quellen aus.
Somit erhält J in der neueren Forschung (vor allem bei Gerhard von Rad) eine Art Doppelgesicht: zum einen ein Sammler von Traditionen (vgl. die "Jahwist. Schule" bei Hermann Gunkel), zum anderen auch ein eigenständiger Theologe, der seiner Zeit eine besondere, religiöse Botschaft und Geschichtsdeutung zu vermitteln hatte.
Gerhard von Rads Auffassung der Josefserzählung passt jedoch in keiner Weise zu seiner allgemeinen Konzeption:
Die Josefserzählung, die für den Zusammenhang der Pentateuchthemen "Erzväter" und "Auszug aus Ägypten" als Brückenthema unerlässlich scheint, trägt nach Gerhard von Rad als weisheitliche Novelle ihre anthropologisch-theologische Aussage in sich selbst, obwohl er sie teilweise J, teilweise E zuschreibt!
Entsprechend Gerhard von Rads Sicht wäre hier die Annahme von Quellen literarischer Art eigentlich überflüssig (J, E).
Rendtorff untersuchte vor allem die Erzvätererzählungen und vermisste literarische Verklammerungen des Erzvater-Erzählungsblocks nach hinten zur Urgeschichte und nach vorn zur Exodusgeschichte (Rück- bzw. Vorverweise). Waren solche vorhanden, deutete er sie als deuterokanonisch und spät.
Er folgerte daraus, dass im Pentateuch keine parallelen Dokumente vorliegen, sondern mehrere Erzählungsblöcke, Pentateuchthemen:
Urgeschichte,
Erzväter,
Auszug,
Sinai,
Wüstenzug,
Landnahme.
Sie bildeten jeweils eine Einheit.
Die sogenannte Priesterschrift P akzeptiert Rolf Rendtoff als literarische Quelle ebenso wenig, sondern versteht P nur als späten Redaktor.
Rolf Rendtoff übersah in seiner Theorie eine Reihe echter Doppelungen, die einer literarischen Klärung bedürfen, und mehrere Rückbezüge und Vorverweise in bestimmten Pentateuchschichten.
Die Kritiker Rolf Rendtoffs (Erich Zenger, L. Schmidt, Werner H. Schmidt) setzen besonders bei Ex 3 an, wo J und E parallel vorliegen (vgl. auch die Sintflutperikope).
Kein erstzunehmender Alttestamentler steht zur radikalen These Rolf Rendtoffs.
Hans Heinrich Schmid setzt das sogenannte jahwistische Werk - als eine Art Interpretationsprozess - in der Nähe der deuteronomischen Bewegung um das frühe 7. Jh. an.
Sein Hauptargument ist, dass es die Schriftpropheten voraussetzte und den Mose in Ex 3 nach dem prophetischen Schema der Prophetenberufung darstellte.
Schwachstellen dieses Konzepts werden von Erich Zenger ( in Z. 1980) aufgezeigt:
was bei Gerhard von Rad sehr früh datiert wird, schreibe Hans Heinrich Schmid einem "umfassenden vielgestaltigen, aber ... nicht mehr differenzierten analysierbaren Redaktions- und Interpretationsprozeß" zu; dadurch würden die Probleme, die bereits am Anfang der Urkundenhypothese vorlagen, nicht gelöst, sondern nur verschoben.
Es sei das Produkt eines längeren überlieferungsgeschichtlichen Prozesses und gehe analog zu D und P wahrscheinlich auf eine Schule zurück (Vgl. Vorländer, Entstehungszeit, 368ff.)
Es ist sehr fraglich, ob und wie sich die (auch von Vorländer vertretene) Abhängigkeit des P von diesem späten jehowistischen Werk denken lässt. Beide Werke wären nach Vorländers Konzeption eigentlich fast gleichzeitig anzusiedeln. Eine Ansetzung von P um 400 v. Chr., wie Vorländer sie vorschlägt, ist hinsichtlich der erzählenden Grundschrift von P willkürlich. Kurz nach 400 war der Pentateuch bereits abgeschlossen.
J setze den in Dtn 1-3 gebotenen geschichtlichen Aufriss voraus.
J sei jünger nicht nur als D, sondern auch als DtrG.
Kritische Stellung bezieht: Erich Zenger, Theol. Revue (78/1982).
Schmitts Thesen zeigen sich sehr viel differenzierter als die bislang dargestellten globalen Auffassungen, da er die unübersehbaren Doppelungen und nicht harmonisierbaren Spannungen im Pentateuch ernsthaft berücksichtigt, wenn auch nur in einem kleinen Abschnitt, in der Josefgeschichte, die er bearbeitete.
Obwohl Schmitt von J und E spricht, versteht er wie O. Kaiser das Werden des vorpriesterlichen Pentateuch nicht mehr im Sinne einer Zusammenarbeitung paralleler Dokumente, sondern als Ergänzung der jeweils älteren Darstellung durch eine jüngere Bearbeitung.
So rechnet Schmitt in der Josefserzählung mit einer frühen "Juda-Schicht" aus salomonischer Zeit, die in der späten Königs- oder (nach)exilischen Zeit eine Ergänzung (E) erhalten habe.
Das "elohistische" Werk (am Ende der staatlichen Zeit um 600) (oder exilisch) sei in Kenntnis der älteren Einzelüberlieferungen geschrieben, um diese zu ergänzen.
Dieser "Späte Elohist" der Josefserzählung sei im wesentlichen (hinsichtlich des Erzählgutes) mit dem herkömmlichen Elohisten identisch. Bei der vorelohistischen Schicht rechnet Schmitt nicht mit einer durchgehenden Schicht aus der frühen Königszeit, sondern - ähnlich wie Rolf Rendtoff - mit schriftlichen Bearbeitungen einzelner Pentateuchthemen. Beim "Späten Elohisten" handele es sich also um den ersten Gesamtentwurf im Pentateuch.
Offensichtlich hat Schmitt, unter Beibehaltung der Terminologie der Neueren Urkundenhypothese, eine neue Ergänzungshypothese vorgelegt, mit Anleihen hinsichtlich der früheren Überlieferungen bei Rolf Rendtoff (Lothar Ruppert.)
Die Schmittsche literarkritische Analyse der Josefserzählung, die seine Ergänzungshypothese abstützt, erscheint Ruppert nicht überzeugend (vgl. auch: Lothar Ruppert, Die Literarkritische Analyse der Josefserzählung - Antrittsvorlesung vom 21.05.1984, in: BZ 29/H1 I(1985)).
Schmitts "Später Elohist" ist nach Ruppert zwar weitgehend mit einer gründlichen Überarbeitungsschicht der Josefserzählung identisch, diese Überarbeitungsschicht stammt jedoch nicht aus dem 5. Jh., sondern ist schon um 700 entstanden und identisch mit der jehowistischen Schicht, die Ruppert mit Weimar und Erich Zenger in das ausgehende 8. Jh. in Jerusalem ansiedelt.
Dennoch hat Schmitt wahrscheinlich gemacht, dass eine Ergänzungshypothese, entgegen der Meinung der Schule von Karl Heinrich Graf/Julius Wellhausen, bei der Lösung des Pentateuchproblems sehr hilfreich sein kann.
Die Priesterschrift ist entworfen aus der Intention, ein älteres Werk durch eine neue, theologisch tiefere Schau zu ersetzen.
Allerdings hat die Endredaktion des Pentateuch diese ältere Geschichtsdarstellung mit der Priesterschrift verbunden, indem sie die jüngere Darstellung an passender Stelle in die ältere einfügte bzw. umgekehrt.
Die Priesterschrift wollte offensichtlich eine parallele Geschichtsdarstellung, nicht Endredaktion der Pentateuchüberlieferung sein (wie bei Rolf Rendtoff: 1. Red: DtrG / letzte Red.: P).
P war also ein Verfasser mit eigenem Stil.
Das heißt, dass man auch vorpriesterlich von mehreren Schichten ausgehen muss.
Der Befund beispielsweise von Ex 3 mit Rück- und Vorverweisen lässt keine andere Wahl, als mindestens zwei mehr oder weniger parallele Geschichtsdarstellungen anzunehmen (cf. L. Schmidt im Sammelband "Altes Testament"). Ein wichtiges Scheidungskriterium ist der Gebrauch des Gottesnamens יהוה ["jahwe"] / אֱלֺהִים [">ælohim"].
Kommt man aber mit drei erzählenden Pentateuchquellen (Jahwist, Elohist und Priesterschrift) aus?
Bei einer Hexateuchsynopse stellt man fest, dass ein Rest bleibt, der keiner dieser drei Quellen zuzuordnen ist.
Zusätzlich bleiben Spannungen:
Im Garten Eden werden zwei Bäume nebeneinander genannt. Welcher Baum ist aber dann gemeint, wenn in Gen 2,16 oder Gen 3,3 vom Baum in der Mitte des Gartens die Rede ist?
Die Menschen werden zweimal aus dem Garten geschickt. Das eine Mal werden sie entlassen, um den Ackerboden zu bearbeiten (Gen 3,23), das andere Mal werden sie vertrieben (Gen 3,24).
Früher haben sich die Exegeten damit geholfen (Hermann Gunkel, Budde), verschiedene jahwistische Erzählungen oder Bearbeitungen anzunehmen; Hermann Gunkel nahm als Verfasser eine jahwistische Schule an.
Eine andere Möglichkeit - wenn man an der individuellen Verfasserschaft der Pentateuchquellen festhält - besteht darin, mehr als die drei o.g. Erzählquellen anzunehmen.
So gelangt man beispielsweise zu einer Aufspaltung des Jahwisten in L(aienquelle) oder N(omadenquelle) und J wie etwa bei Otto Eißfeldt und Georg Fohrer.
Es bleibt jedoch ungeklärt, wie sich einander sehr nahe Quellenschriften erklären lassen.
Otto Eißfeldt nimmt an, dass J1 (L) älter sei als der Jahwist. Georg Fohrer, dessen Nomadenquelle identisch mit der Laienquelle bei Otto Eißfeldt ist, hält sie für jünger.
Georg Fohrer nahm bereits zwei Grunderzählungen (G1 eine knappere, G2 eine erweiterte Fassung) an.
Auf G1 gehe die Nomadenquelle (J1), auf G2 der Jahwist (J2) und der Elohist zurück.
Auch diese Rekonstruktion erscheint nicht überzeugend, scheint doch Georg Fohrers N verschiedentlich den Jahwisten vorauszusetzen.
Auch der Elohist setzt zuweilen das jahwistische Werk voraus. Letzteres ist erkennbar an den parallelen Darstellungen von der Gefährdung der Sarah (Gen 12,10ff; Gen 20). Aus dem ersten Vorfall scheint Abraham nichts gelernt zu haben. In Gen 20 bezeichnet Abraham dann allerdings Sarah als seine Schwester (sie ist Halbschwester). Hier wird offenbar die erste Version korrigiert.
Ähnliches ist bei der Vertreibung der Hagar (Gen 16,21) zu finden. Sie wird mit Abrahams Zustimmung in die Wüste geschickt, kommt zurück, gebiert im Hause Abrahams den Ismael (Gen 16). Als Sarah Isaak geboren hatte, bestand diese darauf, dass Hagar mit Ismael vertrieben werde. Jedoch, erst als Jahwe dies Abraham ausdrücklich erlaubte, wurden sie weggeschickt (Gen 21).
(Vgl.: Lothar Lothar Ruppert, BZ (I/1985); Lothar Ruppert, II. Teil des Genesiskommentars.)