Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Die prophetische Bewegung bis zu den Schriftpropheten im Überblick ⋅1⋅

Werfen wir auf diesem Hintergrund nun einen kurzen Blick auf die prophetische Bewegung in Israel, bevor wir uns den eigentlichen Propheten-Schriften direkt zuwenden.

1. Der Anfang der prophetischen Bewegung in Israel

Was immer wieder übersehen wird, das ist, dass die Bibel Moses an die Spitze der Prophetenreihe stellt (Dtn 18,15. 18). Er wird sogar als der Größte von allen Propheten bezeichnet (Num 12,6-8; Dtn 34,10-12).

Mose war es schließlich, der Jahwe von Angesicht zu Angesicht geschaut, mit ihm von Mund zu Mund gesprochen und sein Gesetz dem Volke übergeben hat.

Dieses Privileg, mit Gott zu sprechen und seine Weisung zu vernehmen, hörte mit dem Tod des Mose - nach der Überzeugung des Gottesvolkes - in Israel aber nicht auf. Bereits über Josua, den Nachfolger des Mose heißt es, er sei

"[... ] ein Mann, in dem Geist vorhanden ist." (Num 27,18, vgl. Dtn 34,9.)

Aus der Richterzeit sind dann weitere Propheten belegt:

  • die Prophetin Debora (Ri 4-5),
  • und ein weiterer, allerdings anonymer Prophet (Ri 6,8)

werden im Richterbuch genannt.

Mit der Gestalt des Samuel, der ausdrücklich als Prophet und Seher bezeichnet wird (1 Sam 3,20; 9,9; vgl. 2 Chr 35,18) kommt das Prophetentum dann zu einem neuen Höhepunkt.

2. Prophetengruppen und Einzelpersönlichkeiten von David bis zu den Schriftpropheten a. Prophetengruppen

Prophetischer Geist breitet sich - nach dem biblischen Bericht - dann auch in Gruppen von Ekstatikern aus, über deren seltsames Auftreten wir bereits oben gesprochen haben (1 Sam 10,5; 1 Sam 19,20).

Später trifft man dann auf die maßvolleren Gemeinschaften der "Prophetenjünger" (2 Kön 2 usw.) und selbst nach der Rückkehr aus dem Exil erwähnt die Bibel noch "Propheten", verwendet das Wort also in der Mehrzahl und denkt dabei offenbar an Prophetengruppen (Sach 7,3).

Der Einfluss dieser Gruppen auf das religiöse Leben des Volkes lässt sich nicht mehr bis ins Letzte aufhellen.

b. Einzelpersönlichkeiten

Außerhalb dieser Gemeinschaften erscheinen aber vermehrt ausgeprägte Einzel-Persönlichkeiten:

Die Chronikbücher fügen diesen älteren Angaben dann noch eine Reihe weiterer Prophetennamen hinzu:

Darüber hinaus nennt das chronistische Werk auch noch weitere Propheten, allerdings ohne Namensangabe.

c. Prophetenpersönlichkeiten vor den Schriftpropheten, über die wir gut unterrichtet sind

Die meisten der hier aufgeführten Propheten kennen wir nur aus wenigen Anspielungen in den Texten des Alten Testamentes. Einige jedoch treten deutlicher hervor:

(1) Natan

Natan beispielsweise kündet David die Fortdauer seines Geschlechtes an. Diese berühmte Prophezeiung des Natan ist das erste Glied einer Kette von - immer deutlicher werdenden - Verheißungen über den Messias, als den Sohn Davids (2 Sam 7,1-17).

Derselbe Natan macht David aber auch schwere Vorwürfe wegen seines Vergehens mit Batscheba. Dabei ist bemerkenswert, dass er dem David, der Reue zeigt, dann auch wieder die göttliche Vergebung zusagt (2 Sam 12,1-25).

(2) Elija

Israel und Juda in Elias Zeit

Israel und Juda in Elias Zeit.

Foto-Button© Westminster John Knox Press

Besonders ausführlich sind wir durch die Erzählungen der Königsbücher über Elija und Elischa unterrichtet. In einem Augenblick, als das Eindringen fremder Kulte die Jahwe­religion in Gefahr brachte, erhebt sich Elija als der Streiter für Jahwe. Auf dem Gipfel des Karmel erringt er einen glanzvollen und drastisch geschilderten Sieg über die Baalspropheten (1 Kön 18).

In der Schilderung der Königsbücher wird dabei großer Wert auf die Darstellung gelegt, wie Elija Gott am Horeb begegnet. Dadurch wird Elija in die unmittelbare Nähe zu Mose gerückt. Der Bundesschluss am Horeb hatte ja einst den Prophetenrang des Mose begründet (1 Kön 19).

Als Verteidiger des Glaubens ist Elija auch der Hüter der rechtlich-sittlichen Ordnung; er schleudert das göttliche Strafurteil gegen Ahab, der Nabot ermordet hat, um sich seines Weinbergs zu bemächtigen (1 Kön 21).

Sein geheimnisvolles Ende (2 Kön 2,1-18) umgibt seine Gestalt mit einem Glanz, der in der jüdischen Überlieferung dann größer und größer geworden ist.

(3) Elischa

Im Gegensatz zu Elija, der als einsamer Propheten gezeichnet wird, ist Elischa mit dem Leben seiner Zeit eng verbunden:

  • Er tritt während des moabitischen Krieges (2 Kön 3), und der aramäischen Kriege auf (2 Kön 6-7).
  • Er spielt bei der Revolte des Hasael in Damaskus (2 Kön 8,7-15) und des Jehu in Israel eine Rolle (2 Kön 9,1-3).
  • Er wird von den Großen zu Rate gezogen, von Joasch in Israel (2 Kön 13,14-19), von Ben-Hadad in Damaskus (2 Kön 8,7-8) und von Naaman, dem Syrer (2 Kön 5).
  • Und er steht in Verbindung mit den Gruppen der "Prophetenjünger", die über ihn Wundergeschichten erzählten (2 Kön 4,1-7. 38-44; 6,1-7).

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Vgl.: Alfons Deissler, Anton Vögtle (Hrsg.), Neue Jerusalemer Bibel (Freiburg / Basel / Wien 1985) 1004-1033. Zur Anmerkung Button