Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Habakuk ⋅1⋅
- 1. Geschichtlicher Hintergrund
- 2. Überblick
- 3. Habakuk, ein Kultprophet?
- 4. Zur Theologie Habakuks
- 5. Zur Wirkungsgeschichte
Der nächste in der Reihe der Schriftpropheten dürfte Habakuk sein.
Über seine Person ist beinahe nichts bekannt. Aus seinem Buch lässt sich aber die Zeit seines Auftretens annähernd erschließen.
1. Geschichtlicher Hintergrund
Der Hauptinhalt des Buches ist der Untergang eines Bedrückers. Dabei ist allerdings nicht ganz klar, wer nun dieser Bedrücker genau ist.
- Eine Möglichkeit ist, dass Habakuk hier an den König Jojakim von Juda denkt. Unter seiner Herrschaft sind die alten Zustände wieder eingerissen, die Joschija (639-609 v. Chr.) in seiner Regierungszeit durch seine Reform beseitigen ließ. ⋅2⋅ Diese Deutung ist aber eher unwahrscheinlich.
- Möglich ist auch, dass hier an die Assyrer gedacht ist. Von einigen Exegeten wird diese These vertreten. Dann würde Habakuk kurz vor dem Untergang Ninives, also kurz vor 612 v. Chr., schreiben.
- Man kann aber auch annehmen, dass die Bedrücker von Anfang bis Ende die in Hab 1,6 genannten Chaldäer sind. Dieser Deutung schließen wir uns in der Folge an.
Die Chaldäer bzw. Neubabylonier werden als Werkzeuge Gottes genannt. Gott hat sie gerufen, um sein Volk, das unter Jojakim wieder in die alten Fehler zurückgefallen ist, zu bestrafen.
Doch wie konnte ein solch grausam und ungerecht vorgehendes Imperium wie die Babylonier ein Gerichtswerkzeug in der Hand des heiligen Gottes sein und bleiben?
Darauf hat Habakuk folgende Antwort: Die Chaldäer vollziehen zwar Gottes gerechtes Strafgericht an Israel, aber sie werden selbst für alles was sie an Ungerechtigkeit und Gräueltaten verüben zur Rechenschaft gezogen werden. Jahwe selbst wird aufbrechen, um sie zu bestrafen und sein Volk zu retten. ⋅3⋅
Dieses göttliche Eingreifen erwartet der Prophet mit Angst, die schließlich in Freude übergeht.
Wenn diese Deutung zutrifft, dann wäre das Buch in die Zeit zwischen der Schlacht bei Karkemisch im Jahre 605 v. Chr. und der ersten Belagerung Jerusalems 597 v. Chr. zu datieren.
In der Schlacht bei Karkemisch war Nebukadnezzar der ganze Vordere Orient zugefallen und die Vormachtstellung der Babylonier war gesichert. Dies wäre der früheste Zeitpunkt für die Abfassung des Habakuk-Buches.
Da das Buch in seinem Verlauf noch von einem König in Israel spricht, müssen wir uns andererseits noch deutlich vor dem Untergang Jerusalems befinden.
Damit wäre Habakuk etwas bzw. nur wenig später als Nahum aufgetreten, nämlich um 600 v. Chr.
2. Überblick ⋅4⋅
Werfen wir zunächst einen Blick auf den Aufbau und den Inhalt des Habakuk-Buches:
"Ich lasse erstehen ein ungestümes Volk - die Chaldäer" (Hab 1,6)
Umstritten ist vor allem die Ursprünglichkeit des Kapitels 3. In einem Habakuk-Kommentar, den man in Qumran gefunden hat, fehlt dieses Kapitel. Dies ist allerdings noch kein ausschlaggebender Beweis dafür, dass das 3. Kapitel ursprünglich nicht zum Buch gehörte. Ohne Hab 3 wäre der Aufbau des Buches ein Torso.
Auffallend sind auch die musikalischen Angaben am Anfang und am Ende des Psalmes in Hab 3. Sie weisen darauf hin, dass die Stellen um den Psalm in Hab 3 im Gottesdienst verwendet wurden.
Von diesen Stellen aber auf den gottesdienstlichen Gebrauch des ganzen Buches zu schließen, was ab und zu getan wird, das würde zu weit gehen. Genauso sinnvoll ist es anzunehmen, dass Habakuk in einigen Teilen seines Buches eben bewusst einen liturgischen Stil nachahmt.
3. Habakuk, ein Kultprophet?
Von diesem angeblichen gottesdienstlichen Charakter des Habakuk-Buches hat man auch geschlossen, dass Habakuk ein Kultprophet gewesen sei.
Damit umschreibt man eine Prophetengattung, die am Tempel in Jerusalem gleichsam institutionalisiert gewesen sein soll. Diese Kultpropheten hätten liturgische Aufgaben gehabt und wären ein fester Bestandteil des Kultes gewesen.
Diese angeblichen Kultpropheten sind aber rein hypothetisch. Es gibt keinen direkten Beleg für ihr Vorhandensein.
4. Zur Theologie Habakuks
In der Lehre der Propheten bringt Habakuk eine neue Note: Er wagt es, von Gott Rechenschaft über seine Regierung der Welt zu fordern.
Zugegeben, Juda hat gesündigt, aber warum wählt Gott, der heilig ist (Hab 1,12), der zu reine Augen hat, um das Böse zu sehen (Hab 1,13), die barbarischen Chaldäer, um seine Rache zu vollziehen? Warum lässt er den Bösen durch einen noch Böseren bestrafen? Warum erweckt er den Anschein, der ungerechten Gewalt auch noch zum Triumph zu verhelfen?
Es ist die Frage nach dem Bösen, die hier im Hinblick auf die Völker aufgeworfen wird.
Hier ist Habakuk in seinem Fragen höchst modern.
Die Antwort, die er von Gott erhält, lautet, dass trotz gegenteiligen Anscheins das Recht am Ende siegen wird. Gott bereitet dem Recht den endgültigen Sieg, auch wenn es auf scheinbar widersprüchlichen Wegen geschieht.
"Siehe, es vergeht, wer keine Redlichkeit in sich hat, der Gerechte aber wird leben durch seine Treue." (Hab 2,4.)
Dieses Wort ist so etwas wie die kurze Zusammenfassung der Theologie des Habakuk.
5. Zur Wirkungsgeschichte
Paulus greift Hab 2,4 auf. Er fügt diese Stelle in seine Lehre vom Glauben ein. In Röm 1,17 und Gal 3,11 klingt Habakuk an.
Anmerkungen