Der Isenheimer Altar
und seine Botschaft
Eisenkraut - Verbena officinalis L.
von Uschi Schedlik
neu bearbeitet von Jörg Sieger
- Eisenkraut den mittelalterlichen Quellen
- Der 'Gart der Gesundheit'
- Der 'Macer floridus'
- Das 'Kreutterbuch' des Hieronymus Bock
- Das 'Contrafayt Kreuterbuch' des Otto Brunfels
Eisenkraut
Unter den auf dem sogenannten Besuchsbild des Isenheimer Altars abgebildeten Pflanzen ist das Eisenkraut sicher zu identifizieren. Es wird von allen Autoren und Botanikern bestätigt und ist vor dem Felsen auf der linken Seite der Altartafel, zwischen dem Spitz- und Breitwegerich zu erkennen.
Die Menschen, die am Antoniusfeuer erkrankt waren litten an einer Vergiftung durch Mutterkorn verseuchtes Mehl. Die Ursache der Krankheit wurde erst im 18. Jahrhundert allgemein bekannt. Dennoch scheinen die Antonitermönche schon früher geahnt zu haben, dass das Antoniusfeuer im Zusammenhang mit den Essgewohnheiten stand. Die Kranken erhielten mit Aufnahme ins Spital sozusagen eine Diät, deren Grundlage gutes Brot, Schweinefleisch und Antoniuswein war. ⋅3⋅
Durch diese gesündere Verpflegung mit Brot, hergestellt aus nicht dem Mutterkorn verunreinigten Mehl, sorgten die Mönche, ob bewusst oder eher zufällig dafür, dass die Kranken kein weiteres Gift mit ihrem Essen zu sich nahmen.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass dem Eisenkraut sowohl im 'Gart der Gesundheit' als auch im 'Macer Floridus' eine entgiftende Wirkung zugeschrieben wurde:
"ysern kruts safft mit win gedrucken benymt die vergifft in dem menschen" ⋅4⋅
"und trinkt man es mit Wein, so widersetzt es sich sämtlichen Giften" ⋅5⋅
Auch der deutsche Name Eisenkraut macht seine Bedeutung in der damaligen Zeit deutlich. Eisenkraut macht "hart" - wie "Eisen" - also widerstandsfähig gegen schlechte Einflüsse.
Darüberhinaus ist sowohl im 'Gart der Gesundheit' als auch im 'Macer Floridus' zu lesen, dass das Eisenkraut als Medizin für Todkranke benutzt wurden:
"vnd hilfet auch also gedrucken den sychenden" ⋅6⋅
"Hälst du das Kraut in deiner Hand und fragst einen Kranken:
"Sprich, Bruder, wie geht´s dir?" und der Kranke sagt: "Gut!", so
wird er leben; sagt er indessen: "Schlecht!", so besteht keine Hoff-
nung mehr auf Rettung." ⋅7⋅
Genau dieser Umstand könnte die Darstellung des Eisenkrautes auf den Tafeln des Isenheimer Altars motiviert haben. Betrachtet man nun das Besuchsbild, fällt auf, dass Meister Mathis das Eisenkraut nicht in der rechten Gruppe der Heilpflanzen, sondern zwischen Spitz- und Breitwegerich gemalt hat. Also zwischen den Pflanzen, die das 1992 wiedergefundenen Rezept des Antoniusbalsams enthält. In diesem Rezept sind ca. zwanzig Bestandteile aufgeführt. Das Eisenkraut und die übrigen Heilkräuter des Besuchsbildes finden sich nicht in dieser Liste. ⋅8⋅
Die Enttäuschung darüber mag groß gewesen sein, war man doch immer davon ausgegangen, in den Heilpflanzen zu Füßen der beiden Heiligen die Bestandteile der Antonitermedizin zu sehen.
Einige Autoren haben daraufhin gemutmaßt, die nicht in dem Rezept aufgeführten Heilpflanzen des Altares müssten - wenn sie nicht im Antoniusbalsam enthalten sind - dann wohl die Bestandteile des Antoniusweines sein. Das ist sehr unwahrscheinlich, oblag die Rezeptur der Antonitermedizin doch der Geheimhaltung. ⋅9⋅
Meister Mathis wird hier kaum eine vollständige Liste der Bestandteile dieser doch geheimen Medizin dargestellt haben, weder eine des Antoniusbalsam - wie belegt - noch eine solche des Antoniusweines.
So bleibt die Frage, warum Meister Mathis das Eisenkraut auf der linken Seite, zwischen den beiden Wegerichen platziert hat. Gibt es einen Grund dafür, muss man eine Bedeutung dahinter suchen, oder handelt es sich einfach nur um eine zufällige Darstellung.
Es ist durchaus möglich, dass es sich beim Eisenkraut auch um einen herausragenden Bestandteil der Antonitermedizin handelt. Vielleicht steht Spitzwegerich und Breitwegerich stellvertretend für den Antoniusbalsam und Eisenkraut stellvertretend für eine andere Medizin der Antoniter, etwa den Antoniuswein. Das gehört sicherlich in den Bereich der Spekulation, aber es ist zumindest denkbar, dass Meister Mathis hier einen Hinweis auf die hochgeschätzte Medizin der Antoniter gegeben und sie so gewürdigt hat, ohne dabei zu viel zu verraten.
Eisenkraut in den mittelalterlichen Quellen
Bevor hier die Texte der mittelalterlichen Abhandlungen im Wortlaut des jeweiligen Originales wiedergegeben werden, sei darauf hingewiesen, dass die hier vorgestellten Ausführungen zu den Pflanzen nicht dazu geeignet sind, Krankheiten selbst zu behandeln. In dem Buch "Höhepunkte der Klostermedizin - der 'Macer floridus'" weisen die Autoren und Übersetzer auf das nicht geringe Risiko eines solchen Tuns hin.
"Um etwaigen gefährlichen Missverständnissen vorzubeugen, sei folgendes vorweg gesagt: Dies ist kein medizinisches Hausbuch für den modernen Menschen, dieses Buch ist nicht als Anleitung zur Selbstmedikation zu gebrauchen. Zwar handelt es sich bei dem "Macer floridus" um das erfolgreichste Werk der Epoche der Klostermedizin, und es spricht auch manches dafür, dass dieses Lehrgedicht zur Selbsthilfe innerhalb und außerhalb des Klosters herangezogen wurde. Aber hier werden keineswegs nur mild wirkende Arzneipflanzen behandelt, die man bedenkenlos auch in der Drogerie vertreiben könnte, sondern es werden ebenso "echte Hämmer" herangezogen, Pflanzen, die schweren Schaden oder gar den Tod bringen können, auf die man - lange vor der Zeit der chemischen Pharmazie - aber nicht verzichten wollte oder konnte. Hinzu kommt, dass nach heutigem Wissen viele der Rezepte und Ratschläge kurios bis dubios erscheinen, ganz abgesehen davon, dass wir heute von einem Großteil der hier empfohlenen Anwendungen keine Erfahrungswerte besitzen." ⋅10⋅
Diese Bedenken lassen sich auf alle mittelalterlichen Kräuter- und Medizinempfehlungen übertragen und gelten selbstverständlich für alle in diesem Zusammenhang behandelten Pflanzen.
Den heutigen Kenntnisstand über die Wirkung der klassischen Heilkräuter gibt beispielsweise das 'Handbuch der Klostermedizin' ⋅11⋅ wieder. Auch entsprechende Websites geben hilfreiche Auskunft ⋅12⋅. Sehr schnell werden Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zur mittelalterlichen Verwendung der Kräuter deutlich.
Der 'Gart der Gesundheit' ⋅13⋅
Eine der wichtigsten Quellen über die Verwendung ist der "Gart der Gesundheit".
Lizenz: Bayerische Staatsbibliothek, München -
Cuba, Johannes von / Breydenbach, Bernhard von /
Reuwich, Erhard:
... Und nennen diß Buch zu latin Ortus sanitatis uff teutsch ein
Gart der Gesuntheit, Mentz 1485, Seite 321r = 641.
[BSB-Ink W-93 - GW M09766], zugeschnitten von Jörg Sieger,
CC BY-NC-SA 4.0
Verbena ysern krut Cap • ccccxij •
Lizenz: Bayerische Staatsbibliothek, München -
Cuba, Johannes von / Breydenbach, Bernhard von /
Reuwich, Erhard:
... Und nennen diß Buch zu latin Ortus sanitatis uff teutsch ein
Gart der Gesuntheit, Mentz 1485, Seite 321r = 641.
[BSB-Ink W-93 - GW M09766], CC BY-NC-SA 4.0
Erbena uel berbena uel sacra herba latine • greece gerebotanum
vel peristerion • arabice albea • Der meister Diascorides in
dem capitel gerebotanum id est verbena beschribet vns vnd
spricht daz der sy zweyerhand • Eyns wechset kromp • das aneer flecht
Das erste nennet pitagoras zů latin Centrum galli und die wechset
kromp • Die ander nēnet man zů latin gallanacia oder verbena • disse
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Cuba, Johannes von / Breydenbach, Bernhard von /
Reuwich, Erhard:
... Und nennen diß Buch zu latin Ortus sanitatis uff teutsch ein
Gart der Gesuntheit, Mentz 1485, Seite 321v = 642.
[BSB-Ink W-93 - GW M09766], CC BY-NC-SA 4.0
beyde kruter haben bletter die syn wyßsar vnd synt gekerffet glich dē
coriander bletter vnd haben eynē stam eins armß lang vn ein lange
wurtzel die ist dünne • Galienus in dem achtem bůch genāt simpli
ciu farmacorum in dem capittel peristerion • id est verbena spricht das
die sy drückener natuer vnd ist fast gůt genutzt zu süchten oder flies-
senden wunden oder zů alten schaden Diascorides spricht das die
wurtzel sy gůt mit win gedruncken vor die gelsuchte • vnd hilfet auch
also gedrucken dem sychenden • Ysern krut gestoßen vnd als eyn
plaster geleyt vff die wunden heylet vnd drücket sie zu handt •
Ysern kruts safft mit win gedruncken benymt die vergifft in dem
menschen • Die bletter vnd wurtzel geleyt in win vn den gedrunc=
ken benymt tercianā • Item der bletter ein quintin in win gethā
vnd den also laßen stan vier tage vnd darnach in dem munde ge
halten heylet die geswere dar yn • Diß krut gesotten in waßer vnn in
eyner wirtschafft die geste da mit begoßen macht sie frolich vnd wole
gemůt • Welcher tercianā hette der neme disser bletter dry und dry
wurtzeln vnd laß die stan in win vber nacht vnd trinck den an dem
anfang des febres es vergeet im zu handt • vnd der quartanā het der
neme vier bletter vnd vier wurtzeln • Platearius welcher diß krut
by ym dreyt vnn kumpt zu einē siechen vnn fraget yn wie es ym gang
antwort er wole so geneset er antwort er aber vbel so stirbet er • Diß
findet man auch geschrieben in dem passionario Der meister Pau
lus spricht das ysern krut gesotten mit waßer vnn daz genutzt reyni=
get den frauwen yr můter und brengt yn mestruum • Den samen
mit fenchil safft gemischt vnd das gelaißen in die augen reyniget sie
vnd macht ein clar gesicht Plinius spricht das die beyde verbena
als die krom vnd die flecht haben alle ein natuer • Auch spricht er das
verbena zu viel dingen gůt sy vnd sunderlichē gůt zů der lebern • vnn
zu dem erhaben oder zurswollen myltz • vnd ist auch gůte der siechen
lungen Ysern krut vnd wurtzeln gestoßen vnd da von gedruncken
verdrybet den stein vnd diß ist an vil menschen bewert worden
Ysern krut vß der erden gebrochen so die sonne ist ym widder mit
benonyen korner vmb hangen vnd also an den hals gehengt ist ver
dryben die fallend sucht spricht Albertus magnus de virtutibus her
barum • Albertus spricht auch so man das vorgeschrieben krut ist le=
gen in ein duphuß da sint vil duben sich sammelen •
Der 'Macer floridus' ⋅14⋅
Als zweiter Text soll die Abhandlung wiedergegeben werden, wie sie sich im sogenannten 'Macer floridus' findet. Hier zunächst der lateinische Wortlaut:
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Odo Magdunensis:
Macer floridus de viribus herbarum,
Genf, nicht nach 1506, Einzelseite
Res/4 Diss. 2804#Beibd.3,
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Verbena.
Verbenam gerobotanum peristereonque
Appellant greci species haec fertur habere
Binas, effectus est idem pene duabus
Cum vino iuvat yctericos si sepe bibatur;
Pestiferos morsus curat superaddita trita
Cum vino renovanda quidam per quattuor ista
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Odo Magdunensis:
Macer floridus de viribus herbarum,
Genf, nicht nach 1506, Einzelseite
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Est medicina dies oris bene vulnera purgat
Illius succus tepidus si volvitur ore
Hoc quoque facta recens herbe decoctio praestat
Hac etiam quaevis putredo repellitur oris
Si tepefacta diu volvatur fauce sonora.
Glutinat herba recens vulnus superaddita trita
Occurrit cunctis cum vino sumpta venenis.
Quae furit alterius febris accedendo diebus
Pellitur hac, tribus assumptis radicibus eius
Cum totidem foliis potetur aqua resoluta
Ista prius pauens quam frigus sentiat ullum
Hocque modo febribus quartanis illa medetur
Bis binis foliis cum tot radicibus haustis
Illius in vino si sit decoctio facta
Convivas hilares inter conuiuia sparsa
Reddere narratur. ut iam praescripta buglossa.
Hanc herbam gestando manu si quaeris ab aegro:
Dic frater: quid agis? bene si responderit eger,
Vivet. si vero male: spes est nulla salutis
Ex hac compositam quidam iussere coronam
Apponi capiti causa quacunque dolenti
Sic dicunt illam celerem conferre medellam
Plinius affirmat hanc omnibus esse salubrem
Visceribus. lateris iecoris mosque querelis,
Pectoris et vitiis et praecipue medicari
Pulmonum causis hanc asserit ille ptisique.
Parotidas reprimit adipi commixta vetusto.
Herbam (cui nomen foliis de mille dedere)
Betonicam que pari verbene pondere iunge
Hec mixta potentur aqua nullum medicamen
Utilius credunt illis: quos calculus angit
Non modicum laudare magos hanc asserit herbam
Plinius hanc cunctis dicunt obsistere morbis
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Odo Magdunensis:
Macer floridus de viribus herbarum,
Genf, nicht nach 1506, Einzelseite
Res/4 Diss. 2804#Beibd.3,
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Et quodcumque petet hac impetrare peructum
Sic et amicitias captari posse potentum
Et pelli febres et plurima talia fingunt
Que quamvis natura potens concedere posset
Vana tamen nobis et inania iure videntur.
Konrad Goehl und Johannes Gottfried Mayer übersetzen den Text folgendermaßen:
Verbena, das Eisenkraut
Die Verbéne wird von den / Griechen Hierobótanum und Peri-
sterion genannt. Sie soll zwei Arten haben; die bringen aber beide
gleiche Wirkung.
Mit Wein oftmals getrunken, nützt die Verbene den Gelbsüchti-
gen; sie heilt, mit Wein gestampft und aufgelegt, verderbliche Bisse;
doch jeden vierten Tag / muß dies Pflaster erneuert werden. Wälzt
man den lauen Saft im Munde, reinigt und heilt er Wunden in der
Mundhöhle; und gleiche Wirkung tut die frische Abkochung des
Krautes, denn auch durch sie wird jegliche Eiterfäule im Munde
vertrieben, wenn man sie lange lau im Schlund bewegt und dazu
singt (gemeint ist also: wenn man gurgelt). / Legt man das Kraut
gestampft auf eine frische Wunde, verklebt und leimt es diese; und
trinkt man es mit Wein, so widersetzt es sich sämtlichen Giften.
Ein Fieber, das an abwechselnden Tagen wächst und stärker wütet,
ein Wechselfieber also, wird vertrieben, wenn man drei Wurzeln
dieser Pflanze nimmt und sie mit ebenso viel Blättern in Wasser
auflöst und dann der Leidende dies Wasser trinkt, / bevor er noch
den Schüttelfrost verspürt. Auf gleiche Weise heilt man auch das
Viertagsfieber, wenn man zweimal zwei Blätter mit ebenso viel
Wurzeln ansetzt.
Kocht man das Kraut in Wein und wird die Abkochung beim
Festmahl unter die Gäste ausgesprengt, soll sie allesamt heiteren
Sinnes machen, / nicht anders als die oben genannte Buglóssa, die
Ochsenzunge.
Hälst du das Kraut in deiner Hand und fragst einen Kranken:
"Sprich, Bruder, wie geht´s dir?" und der Kranke sagt: "Gut!", so
wird er leben; sagt er indessen: "Schlecht!", so besteht keine Hoff-
nung mehr auf Rettung.
Manche Autoren und Gewährsleute geben die Anordnung, aus der
Verbene einen Kranz zu flechten / und diesen auf das Haupt des
Leidenden zu setzen, ungeachtet, welche Krankheit ihn quält; so,
sagen sie, bringet das Kraut schnelle Heilung.
Plinius versichert, Verbene sei heilsam für alle Eingeweide, für
Seiten- oder Rippenfellschmerzen, Beschwerden der Leber und Leiden
der Brust; und vorzüglich, bestätigt er, heile sie / Lungenkrankheiten
und Schwindsucht. Mit altem Schmalz gemischt, hilft sie bei
Mumps.
Mischt man das Kraut, welches den Namen von seinen tausend
Blättern hat (gemeint ist Achilléa millefólium, die Schafgarbe) sowie
Betónica, die Heilbatunge, in gleichem Verhältnis mit Verbene ins
Wasser und trinkt dieses, so gibt es angeblich kein / nützlicheres
Heilmittel für die Steinleidenden.
Plinius versichert, daß alle Zauberer dies Kraut (er meint Verbene)
über die Maßen loben und das sie sagen, es leiste sämtliche Krank-
heiten Widerstand, und jeglicher könne erlangen, was er wünsche,
wenn er sich damit salbe; ferner erdichten sie, es könne ebenso
Freundschaften mit den Mächtigen bewirken / und Fieber vertrei-
ben, und was dergleichen Dinge mehr sind. Uns freilich scheinen
Darstellungen dieser Art, - obgleich die mächtige Natur, wenn sie es
will, auch solcherlei gewähren kann, - nur leere Sprüche und Alt-
weibergeschichten zu sein; und diesen Standpunkt haben wir gewiß
mit Recht.
Das 'Kreutterbuch' des Hieronymus Bock ⋅15⋅
Folgen wir nun den Ausführungen des Hieronymus Bock in seinem 'Kreutterbuch' das erstmals 1539 aufgelegt wurde:
Lizenz: Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf -
Hieronymus Bock,
Kreuterbuch, Straßburg 1560, Seite 77v.
VD16 [B 6019],
zugeschnitten von Jörg Sieger,
zur freien Nutzung gekennzeichnet.
Lizenz: Universitäts-
und Landesbibliothek Düsseldorf
- Hieronymus Bock,
Kreuterbuch, Straßburg 1560, Seite 77v.
VD16 [B 6019], zugeschnitten von Jörg Sieger,
zur freien Nutzung gekennzeichnet.
Von Verbena / Yisenkraut.
Cap. lxix.
Das kraut Verbena ist ein ge=
mein gewaechs / würt allenthal
ben funden / in doerffern / hin=
der den zeünen / an den mauren vnn
auff den Kirchhoeffen / sonderlich an
den vngebawten oerten / würt etwan ei
ner elen hoch mit vilen neben dün=
nen reißlein / einem baeumlein gleich.
Die wurtzel zaßecht / nit sehr lang
der stengel dünn vnnd vierecket / die
bletter zerspalten / mit dreien vnder
scheiden / auff der einen seitten der
bletter weißfarb / ein jedes blat an=
zuesehen als ein Hanenkamp. Da=
rumb er etlich Cristam Gallina=
ceam nennen. Die stengel tragen sehr
kleine purpur weisse leibfarbe bluem
lin an den gypffeln / werden selten iij.
oder iiij. blůmlin zů einem mal an
den stengeln gesehen / so bald die auß=
fallen / gehn die nechsten knoeflin o=
ben an den außgefallenen herfür.
Der samen würt lang / als des ro=
ten Wegerichs. Diß gewaechs so es
gruen ist reücht so zimlich wol / am
geschmack bitter.
Das ander Verbena mit dem dae
len bluemlein / das die Teutschen für
das weiblein halten / ist droben im
xxxij capitel vnder den Senffen
beschriben / als es dann auch ein Senff geschlecht ist / mit gestalt vnnd ge=
schmack.
Das Verbenam supinam Diosco. kenne ich nit eygentlich. Es waechßt aber
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Hieronymus Bock,
Kreuterbuch, Straßburg 1560, Seite 78r.
VD16 [B 6019], zugeschnitten von Jörg Sieger,
zur freien Nutzung gekennzeichnet.
aber ein kraut an den feüchten wasserechten stetten / als auff den graeben /
vnnd an den pfützen / gemeinlich ein jeder stock mit einem braunen runden
stengel / von zaßechten wurtzel / etwan ander halb elen lang / würt der sel
big eintzig stengel / mit gewerben oder gleychen. Des bletter seind dem vor=
drigen Verbene mit den kerffen etwas gleich / dann ein jedes braun blatt ist
vnderscheiden / vnd in drei theil zerschnitten / wie am Eisenkraut. Das ge=
waechß dregt im Augstmonat schwartzgaele runde / ungestirnte / vnnd doch ge
fuellte blůmen / wie das Dürzwurtz. Ein jede blům aber ist in ein gruen run=
des raedlein gesetzt / anzůsehen als ein aug / mit braunen augbrawen / das auß
einem gruenen gestirnten raedlin leuchtet. Der samen steügt dahien / wie an der
Creützwurtz / eins vbelen geruchs / vnnd hencket sich an die Kleider mit zweien
spitzlin.
Von den Namen.
Der namen Verbena ist gemein / das ihn die weiber wissen / dann sie
mit dem kraut auch narrheit treiben / in ihren Verbenis / oder wurtz=
wueschen. Die vrsach ist vast deren / so solche Teüffelische aberglauben in der
Christenheit solten wehren / so seind sie die ersten. So heisset nun Verbena
bei vns Eisenkraut / Eiserich / darumb das man das eisen damit herten
thůt. Darumb nit vnbillich Agricola feria in Dioscoride ferrariam zuele=
sen vermeinet. Sonst heißt gemeinlich Herba sacra / Sagminalis / Hiero=
botane / Verbenaca / Peristerion. Dio. lib. iiij. cap. lviij. gibt ihm noch vil mehr
namen / vnnd spricht / man nennens auch Bunion / Philotrodotem / Junonis la=
chrymam / Mustele sanguinem / Mercurij sanguinem / Cristam gallina=
ceam / Trixalim / Exuperam / Feriam oder Ferrariam / Pempsempte. Pli=
nius nenets Blattariam Hermol. Barbarus nents Columbarem / Luci=
niam / Lustraginem / Militariam / Petonomon Panchromon / Vermina=
cam. Im Pandeccario heißt es Centrum Galli.
Das and' / so auff den wasserechten oertern wachßt / hab ich nie zů Teutsch
hoeren nennen / moecht wol Hanen kamp heissen / vmb der zerkerfften bletter
willen / dieweil sie wie der Hanen kreiden oder kaemp gestalt sein. Sonst
nent mans Fotzen ygel. Ist es nun Verbenaca supina / so ist es auch sa=
cra herba genant / deßgleichen Peristerion / Erigemon / Chamelycon / Si=
deritin / Curitin / Persephonion / Jouis colus / Dichromom / Callefis / Hip=
parissos / Demetrias / Erysceptrum / herba Cincinalis / Vertipedium / Mi
litaria / Crista gallinacca / Pemphtenphtham. In Apul. cap. lxvj Or=
thos / Trigonon / Thiophenges / Perasdacryon / Hema gales / Hema her=
mu / Zimicum / Matricalis / Herculania / Azirgozol. Item cap. iij. Apu. nen
nets Diosatim pecorobon collectis / Aristeron / Camelicon / Phersephonion.
Von der Krafft vnd Würckung.
Das Kraut Verbena / würt noch heütiges tags mehr zů der Zauberei
dann zů der Arzney gesamlet vnnd auffgehaben / mag aber inn leib vnd
ausserhalb genommen werden.
Innerlich.
Die newen kreütter meister geben dem Eisenkraut zů / dz es nützlich sei beinahe
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Hieronymus Bock,
Kreuterbuch, Straßburg 1560, Seite 78v.
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beinahe zů allen jnnerlichen presten / als zů der verstoppften lebern / miltz vnn
nieren /inn Wein gesotten vnd gedruncken.
Das wasser von Eisenkraut gebrant / soll gleiche Würckung haben / die
verschlossene Leber vnnd Lungen roerlein zů eroeffnen / die gaelsucht auß zůrtei=
ben / das gifft zůuerjagen / vnd schier alle tugent / wie droben vom Gaman=
der gemelt ist.
Eüsserlich.
Eisenkraut mit eßig zerstossen / vnnd auff das wild fewr gelegt / stillet
vnd leschet den brandt.
Eisenkraut mit honig vermengt / vnd auffgelegt / hefftet die wunden zue
samen. Das kraut mit altem schweinem schmalz zerstossen / vnnvbergelegt /
benimmet den schmerzen / vnd legt nider die geschwulst den weibern an heim
lichen enden.
Verbena wasser soll ein experiment sein für das grausam hauptwee / an
die stirnen vnnd schlaeff gestrichen. Ein nützlich wasser für das Essem im
mund / deßgleichen zů aller verserung der heimlichen glider / für feigwar=
zen / vnd dergleichen / darmit geseübert vnd geweschen.
Das ander Eisenkraut mit den gaelen Senff bluemlein / ist vnd' den Senff=
kreüttern beschriben.
Das dritt / das wir Hanen kamp teütschen / hat die Würckug vnn krafft /
schlangen vnd andere gewuerm zůuertreibē / aller massen wie von der Dür=
wurz Conyza gemelt ist worden. Mag auch zů alten schaeden (die da staets
vmb sich fressen) genützt werden.
Das 'Contrafayt Kreuterbuch' des Otto Brunfels ⋅16⋅
Abschließend seien die Ausführungen des Otto Brunfels aus seinem 'Contrafayt Kreuterbuch' angeführt.
Lizenz: Bayerische Staatsbibliothek, München -
Otto Brunsfeld, Contrafayt Kreüterbuch: nach rechter
vollkommener Art, unnd Beschreibungen der alten,
besstberümpten Ärtzt, vormals in teütscher Sprach,
der masßen nye gesehen, noch im Truck außgangen;
sampt einer gemeynen Inleytung der Kreüter Urhab,
Erkantnüsß, Brauch, Lob, und Herrlicheit,
Straßburg 1532, Seite 45.
Regensburg, Staatliche Bibliothek -- 999/2Philos.3079,
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Otto Brunsfeld, Contrafayt Kreüterbuch: nach rechter
vollkommener Art, unnd Beschreibungen der alten,
besstberümpten Ärtzt, vormals in teütscher Sprach,
der masßen nye gesehen, noch im Truck außgangen;
sampt einer gemeynen Inleytung der Kreüter Urhab,
Erkantnüsß, Brauch, Lob, und Herrlicheit,
Straßburg 1532, Seite 46.
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Otto Brunsfeld, Contrafayt Kreüterbuch: nach rechter
vollkommener Art, unnd Beschreibungen der alten,
besstberümpten Ärtzt, vormals in teütscher Sprach,
der masßen nye gesehen, noch im Truck außgangen;
sampt einer gemeynen Inleytung der Kreüter Urhab,
Erkantnüsß, Brauch, Lob, und Herrlicheit,
Straßburg 1532, Seite 47.
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Ißenkraut
Von dem Nammen.
Kein kraut ist / das bey den Roemeren in
groesszerem ansehen vnd herrlicheyt sey gesein / dann dißes Ißenkraut / etwan ge
nannt Hierobotane / das ist / ein heyligtes kraut. Die Heydnischē priester / haben
dißes kraut on vnderlaß in tempel bewaret / damit ires Gottes / Jupiters altar
gereyniget. Vnd so die Roemer ire Legation haben woellen auß schicken gegen
iren feyndten / haben sye dißes kraut von der priesterschafft geforderet / vnd Ißen
kraut bey ynen gehebt / vermeynendt / sye solten dester meher glücks haben / vnd
von irer widerpart zů růwkummen / was sye vor begerten. Ire Schwatzkünstler
schreiben also daruon / das es krafft habe / den boeßen feyndt zů zwingen / vnd zů
allen zaubereyen dyenstlich. Welches auch Vergilius bezeüget. Item wer sich
mit Ißenkraut safft bestreicht / dem moeg nyemants abholdt sein / man můssz yn
lieb haben. Es moege ym auch kein feber schaden / vnd beyläuffig kein kranckheyt
sey / dar zů Ißenkraut nicht dyenstlich. Weiter / so man das gasthauß damit be=
sprenget / so sollen die gest alle froelich daruon werden / vnd keynesthyers gifft da
gelasszen. Wer ein gůts kreütlin für die würt / vnd die vnfridsamen eeleuüd / wo
ym also wer. Vnn deren gleichen vil stempeneyen / vnn aberglaeubische fabelen hab
en sye mit dißem kraut vßgericht. darzů vil gethan ir glaub vnd zůuersicht.
wie dann in allen dingen / vnd ich das für die vrsach hab / das wir heüt der glei=
chen nit koennen / noch wisszen. Vrsach. Wir halten nicht daruff / wie ich dann in
dem kraut Betonica auch angeregt habe. Es würt auch darumb Ißenkraut ge
nennet / darumb / das mit dißem kraut das ißen hertter / wie der stabell. Vnd
Peristereon / das ist / vff teütsch Daubenkraut / darumb / das es die Dauben
lieb haben / vnd auch etliche andere geflügel.
Wie vor zeiten diszes kraut gegrab=
en / vnd gesamlet.
Es haben aber genante Roemische vnd Kryechische magi / nit yede Ver=
bena angenommen / hat auch nit ein yede die krafft gehabt / sonder ward zum jar
ein mal gegraben / vmb den vffgang des haupsternes / mit der warnemung /
das in der selbigen stund / weder Sonn noch Mon gesehen wurde. Man hatt
auch zůuor das erdtrich besprengē muesszen mit whab / vnd honig / vnd ymmen vff
geopfert. Darnach macht der Zauberer ein Circkel darumb mit einem schwerdt /
vnd ynnerthalb des selbigen kreyß / grůbe er das kraut mit der lincken handt /
vnd hůbe es entpor. Darnach so trücknet er es in dem schatten / yedes in sonder=
heyt / blaetter / stengel / vnd wurtzel.
Statt seines gewächsz.
Es wechßet zwar allenthalben / vnd naemlich an den ebenen felden / die feücht
seind / vnd ist am anfang feyßt / vnd so es den Brachmonat vnd Augst erzeych=
et / verwechßt es seicht / vnd würt ye zaerter vnd maegerer.
Gestalt vnd geschlecht.
Ich můsß bye meinen eygenen yrrthůmb anzeygen. dann in dem Latinischen.
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Otto Brunsfeld, Contrafayt Kreüterbuch: nach rechter
vollkommener Art, unnd Beschreibungen der alten,
besstberümpten Ärtzt, vormals in teütscher Sprach,
der masßen nye gesehen, noch im Truck außgangen;
sampt einer gemeynen Inleytung der Kreüter Urhab,
Erkantnüsß, Brauch, Lob, und Herrlicheit,
Straßburg 1532, Seite 48.
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Herbario hab ich dißes krauts zweyerley geschlecht angezeyt / maennlichs vnd
weiblichs / vnd ist aber / wie ich bericht werde / nit das recht weiblin / sonder Goldt
blůme / oder Grindtkraut genannt / wiewol mir doch solchs von einem glaubhafft
igen hocherfarnen Doctor anzeygt ward / welchem ich gefolgt / vnd also für das
weiblin dargeben habe. Aber in der warheit so seind maennlin vnd weiblin ein=
ander gar gleich / allein das eins hymmelblaw / das andere gelbe bluemlin hatt /
seind so nahe bey einander / das auch erlich (wie Plinius spricht) desßen gar kein
en vnderscheydt geben woellen / vnd auch gleiche kraefft beyden zů geschriben.
Ißenkraut wechßt etlichs eines arms lang. Sein stengel ist auch fyereckecht /
dynn. Die blaetter stond von einander ye zweyer finger breyt / grobheit halb nit
vngleich den Eychbaeumen blaettern / doch schmaeler / vnd kleyner / graw faerbig /
seind auch gekerbet gleich den Coriander blaettern. Die wurtzel lang vnd dynn.
Complexion.
Sein Complexion vnd natürliche krafft ist zůtrücknen / vnd zůheylen.
Artzeneyen.
Die blaetter von dißem kraut / sampt frischen reynbergem schmalz / oder
mit roßen oele / über ein wunden gelegt / heylet sye.
Genante blaetter genetzet in esszig / vnd über sanct Anthonius fewer gelegt /
kuelet es.
Ißenkraut würt für ein sonderlich kleynot geachtet bey den Wundaertzen / zů
allen wunden / sye seyen frisch / oder faule / zů allen geschwaeren / kroepff / vnd verhert
eten aderen.
Ißenkraut wasszer getruncken / morgens vnd abendts / yedes mal vff iij. oder
iiij.lot / thůt vff die verstopffte leber / treibet die würm / reyniget die nyeren / zer=
malmet den stein / leget das krymmen / heylet innwendige geschwaere. Ist gůt für
vergiffte / dreytaegig feber / engbrüstigkeyt / lungen geschwaere / schwindsucht / ma=
gen weethumb / hauptwee / geelsucht / blůtharn. Vnd sol gebraucht werdē nach
gelegenheyt der kranckheyt / allen tag zwüret / oder ein mal / wie das die bescheyd=
enheyt des Artzts wol soll wisszen.
Ausszerthalb des leibs mag man solichs auch brauchē / für zan wee im mundt
genommen / die wunden vnd schaeden darmit geweschen / geschwulst mit tuechlin
darinn genetzt / vnd darüber geschlagen / fisteln / daryn getropfft / vnd geweschen.
Albertus spricht / wann man das kraut in ein Taubhauß lege / so samlen sich
die Tauben.
Die wurtzel puluerizyert / vnd getruncken / vertreibet den steyn.
Der som von dißen kraut / mit fenchel safft vermischt / vnd in die augen ge=
than / reyniget sye / des gleichen sein distillyert wasszer.
Das kraut sampt der wurtzeln / gesotten vnd getruncken / bringet den fraw=
en iren blůmen.
Macer spricht (ich halt es aber für ein fantasey) so yemant das kraut bey ym
truege / vnd kaeme zů einem syechen / vnd fragte yn / wie es ym gyenge. Antwurt
er / wol / so soll es dem syechen auch wol ergeen. Antwurt er / übel / so würt er
sterben.
Ein decoction von dißem kraut / vnd den mundt darmit geschwenckt / heylet
die feüle / oder das Esszen genat im mundt.
Dißer wurtzel drey / mit dreyen blaettlinen in wasszer gesotten / vnd getrun=
Lizenz: Bayerische Staatsbibliothek, München -
Otto Brunsfeld, Contrafayt Kreüterbuch: nach rechter
vollkommener Art, unnd Beschreibungen der alten,
besstberümpten Ärtzt, vormals in teütscher Sprach,
der masßen nye gesehen, noch im Truck außgangen;
sampt einer gemeynen Inleytung der Kreüter Urhab,
Erkantnüsß, Brauch, Lob, und Herrlicheit,
Straßburg 1532, Seite 49.
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cken / vordē wee / vertreibet das dreitaegig feber / vnd dißer wurtzelē. iiij. mit fyer
blaettlin / das soll das fyertaegig feber vertreiben.
Dißes krauts wurtzel am hals getragen / on vnd'laß / ist gůt für die Orklamm.
Welchē ein rosender hund gebissen hat / dem soll man dißes kraut in die wund
legen / vnd darzů weyssen koernlin / vnd die selbig darin lassen das es feücht werde.
Darnach das selbig einer hennen dar werffen / ysset sye es / so ist der syech geneßen /
vnd würt jm nicht schadē / isset sye es nit / so leg ein ander gerstē korn in die wund
das es auch die feüchigkeyt ynsupffe / vnnd würff es der hennen darnach für / ditz
so lang das sye es ysset.
Von dißem kraut soll man wasser brennen / puluer / syrup / vnd decoction mach
en. Vnd nympt mich grossz wunder / das die aertzet sein so gar kleinen brauch ha=
ben gegen die anderen kreüteren zů rechnē / seitmal diß kraut von den Altē so heylig
vnd kostlich genennt vnd geacht / darzů solcher hoher krefften.
Literaturhinweise
Die Quellenschriften sind greifbar:
Hieronymus Bock, Kreutterbuch, 1577, gedruckt zu Straßburg,
Otto Brunfels, Contrafayt Kreutterbuch, 1532 gedruckt zu Straßburg,
Johann Wonnecke von Cube, Hortus sanitatis Germanice, erschienen bei Peter Schöffer 1485 in Mainz, Reprint 1966, (München-Allach 1966).
Der "Macer floridus" ist in Deutscher Übesetzung herausgegeben worden von:
Konrad Goehl und Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.), Höhepunkte der Klostermedizin: der 'Macer floridus' und das Herbarium des Vitus Auslasser. - Erweiterte Reprintauflage der Originalausgabe von 1832 ab Seite 28 (Leipzig 2001).
Weiterführende Informationen bieten:
Brigitte Hoppe, Das Kräuterbuch des Hieronymus Bock, Wissenschaftshistorische Untersuchung (Stuttgart 1969),
Henning Haeupler, Thomas Muer, Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (Stuttgart 2000),
P. H. List und L. Hörhammer (begonnen von W. Kern †, hrsg. in Gemeinschaft H. J. Roth und W. Schmidt) Hangers Handbuch (Berlin, Heidelberg, New York 1977) Band 6, 422.
Anmerkungen