Der Isenheimer Altar
und seine Botschaft
Leben und Offenbarungen der heiligen Brigitta
Nach der Übersetzung von Ludwig Clarus (1888) digitalisiert und bearbeitet von Gertrud Willy
Gebete, welche der heiligen Brigitta von Gott geoffenbart worden.
- Vorrede.
- Erstes Gebet. - In diesem der seligen Brigitta geoffenbarten Gebete wird die glorwürdige Jungfrau Maria andächtig und schön gepriesen wegen ihrer heiligen Empfängnis und Kindheit, sowie wegen aller tugendhaften Handlungen und Arbeiten, wegen der großen Schmerzen während ihres ganzen Lebens, ihres gar heiligen Todes und ihrer Aufnahme in den Himmel.
- Zweites Gebet. - In diesem der seligen Brigitta von Gott geoffenbarten Gebete wird Gott schön und andächtig gepriesen. Dasselbe enthält eine ernstliche Erzählung von seiner glorwürdigen Menschwerdung, aller Thaten, Mühen und Schmerzen seines Lebens und seines heiligsten Todes, von seiner Himmelfahrt, der Sendung des heiligen Geistes an seine Jünger u. s. w.
- Drittes Gebet. - In diesem der seligen Brigitta von Gott geoffenbarten Gebete werden schön alle Glieder des heiligsten Leibes unseres Herrn Jesu Christi und seine höchst tugendhaften leiblichen Thaten gepriesen.
- Viertes Gebet. - In diesem von Gott der seligen Brigitta geoffenbarten Gebete werden schön und andächtigst alle Glieder des glorwürdigen Leibes der Jungfrau Maria und ihre tugendsamen leiblichen Werke gelobt.
Gebete, welche der heiligen Brigitta von Gott geoffenbart worden.
Vorrede.
Da die selige Brigitta Gott beständig anlag und bat, er möge ihr eine ihm angenehme Art zu beten eingeben, begab es sich eines Tages, als sie betete, daß sie auf eine wunderbare Art im Geiste, mittels einer inneren Erhebung, verzückt ward. Und nun wurden ihr von Gott einige sehr schöne Gebete vom Leben, Leiden und Lobe Christi eingegeben; ingleichen vom Leben, Mitleid und Lobe der seligsten Jungfrau Maria, welche sie nachmals so gut auswendig behalten hatte, daß sie dieselben täglich mit Andacht hersagte. Später erschien ihr einmal die selige Jungfrau Maria im Gebete und sprach: "Ich habe Dir diese Gebete verdient und darum wirst Du, wenn Du dieselben mit Andacht sprichst, mit Trost von meinem Sohne heimgesucht werden."
Im ersten dieser Gebete wird die glorwürdige Jungfrau Maria wegen ihrer heiligen Empfängnis und Kindheit gepriesen, ingleichen wegen aller ihrer tugendhaften Werke und Arbeiten, wegen der großen Schmerzen, die sie erlitten, auch wegen ihres gesamten Lebens und Todes, sowie ihrer Aufnahme in den Himmel.
Das zweite Gebet preiset Christum, seine Menschwerdung, seine Mühsale und Arbeiten im Leben, seinen heiligsten Tod und seine 94 Himmelfahrt, sowie die Sendung des heiligen Geistes an seine Jünger.
Das dritte Gebet enthält ein Lob aller Glieder des heiligsten Leibes unseres Herrn Jesu Christi und seiner tugendlichen leiblichen Thaten.
Im vierten Gebete werden die Glieder des glorwürdigen Leibes der Jungfrau Maria gepriesen, ingleichen ihre leiblichen tugendsamen Handlungen.
Mein Herr, mein König und mein Gott! Ewige Ehre, unvergängliches Lob, Preis und Ruhm mit unendlicher Danksagung sei Dir, der Du jene würdigste und ehrenreichste Jungfrau erschaffen und hierzu Deine Mutter erwählt hast für alle, die im Himmel sind, für alle, die auf Erden des Trostes bedürfen, und die im Fegfeuer Hilfe und Tröstung durch sie erlangen. Der Du lebest und regierst mit dem Gott dem Vater in Einheit des heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Erstes Gebet.
In diesem der seligen Brigitta geoffenbarten Gebete wird die glorwürdige Jungfrau Maria andächtig und schön gepriesen wegen ihrer heiligen Empfängnis und Kindheit, sowie wegen aller tugendhaften Handlungen und Arbeiten, wegen der großen Schmerzen während ihres ganzen Lebens, ihres gar heiligen Todes und ihrer Aufnahme in den Himmel.
Gebenedeit seist Du, o meine Frau und Jungfrau Maria, Du heiligste Mutter Gottes, dessen bestes Geschöpf Du fürwahr bist. Niemand hat ihn jemals so innigst geliebt wie Du, glorwürdige Frau! Ehre sei Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, Mutter Gottes, die Du von demselben Engel, durch welchen Christus Dir verkündigt worden, auch Deinem Vater und Deiner Mutter verkündigt und in ihrer allerehrbarsten Ehe empfangen und geboren wurdest. Gebenedeit bist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du in Deiner heiligsten Kindheit, sogleich nach Deiner Entwöhnung, von Deinen Eltern in den Tempel getragen und der Obhut eines frommen Priesters mit anderen Jungfrauen anvertraut warst. - Preis Die, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du, 95 nachdem Du zu dem Alter gelangt, wo Du erkannt, daß Gott Dein Schöpfer sei, sofort denselben innigst über alles zu lieben angefangen, und Deine Zeiten bei Tag wie bei Nacht an verschiedene Ämter und Übungen zur Ehre Gottes weislich verteilt, auch Deinen Schlaf und die Speise Deines glorwürdigen Leibes dergestalt in Mäßigkeit gehalten hast, daß Du allezeit tauglich warst, Gott zu dienen.
Unendliche Ehre sei Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du Deine Jungfräulichkeit Gott so demutsvoll geweiht, und darum nicht gesorgt hast, wer Dir vermählt würde, weil Du wußtest, daß der, dem Du zuerst Deine Treue gewidmet, mächtiger und besser war, als alle.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du allein mit göttlicher Liebe entzündet warst, mit ganzem Herzen und mit der ganzen Tugend Deiner Kräfte erhaben, den höchsten Gott, dem Du Deine Jungfräulichkeit geopfert, brünstig liebtest und betrachtetest, als der Engel von Gott an Dich gesandt wurden, Dich grüßte und Dir Gottes Willen verkündigte. Als Du ihm antwortetest, bekanntest Du Dich gar demütig als eine Dienerin Gottes, und der heilige Geist erfüllte Dich wunderbar mit aller Kraft. Gott der Vater sandte Dir seinen mit ihm gleichewigen und gleichen Sohn. Er ist in Dich gekommen, und hat sich aus Deinem Fleische und Blute dann den menschlichen Leib angenommen. Und so ist in jener gebenedeiten Stunde Gottes Sohn in Dir Dein Sohn geworden, lebend an allen seinen Gliedern, ohne jedoch die göttliche Majestät aufzugeben.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du den aus Deinem gebenedeiten Leibe erschaffenen Leib Christi Deinem Schoße bis zur Zeit seiner ehrenreichen Geburt hast wachsen und sich bewegen gefühlt. Du hast ihn eher, als alle, mit Deinen heiligen Händen berührt, in Tüchlein eingewickelt, nach der Weissagung des Propheten in eine Krippe gelegt, und mit der überaus heiligen Milch Deiner Brust voll Freuden mütterlich aufgezogen.
Ehre sei Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du ein verächtliches Haus, nämlich einen Stall, bewohntest und mächtige Könige von fern zu Deinem Sohne kommen sahest, welche voll tiefster Ehrerbietung Deinem Sohne demütig königliche Gaben verehrten, den Du nachmals auf Deinen kostbaren Händen im Tempel 96 dargestellt, sowie Du in Deinem gebenedeiten Herzen alles, was Du von ihm in seiner Kindheit gehört und gesehen, fleißig bewahrt hast.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du mit diesem heiligsten Kinde nach Ägypten geflohen, dasselbe mit Freuden später nach Nazareth gebracht und gesehen hast, wie dieser Dein Sohn Dir und Joseph bei zunehmendem Wachstume seines Leibes demütiglich gehorsam war.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du Deinen Sohn predigen, Wunder verrichten und die Apostel hast erwählen sehen, welche, durch sein Beispiel, seine Wunder und Lehren erleuchtet, die Wahrheit bezeugt haben, daß Jesus wahrhaft Dein und Gottes Sohn sei, und unter allen Völkern verbreitet haben, daß er es gewesen, welcher die Schriften der Propheten an sich selber erfüllt, als er für das menschliche Geschlecht den härtesten Tod geduldig ertrug.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du voraus gewußt, daß Dein Sohn gefangen genommen werden solle, und die Du ihn schmerzerfüllt mit Deinen seligen Augen gebunden, gegeißelt, mit Dornen gekrönt, nackt mit Nägeln hast ans Kreuz geheftet werden sehen, während viele ihn verachteten und einen Verräter nannten.
Preis Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du Deinen Sohn, da er mit Dir vom Kreuze herab redete, mit Schmerzen angeblickt, und als er im Todeskampfe zum Vater rief und seine Seele in dessen Hände befahl, mit Deinen gebenedeiten Ohren unter Schmerzen gehört hast.
Preis Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du Deinen Sohn, als er am Kreuze hing, vom Scheitel des Hauptes bis auf die Fußsohlen hinab erblaßt, aber von seinem eigenen Blute gerötet, grausam mit bitterem Leide hast gemordet werden sehen. Ebenso hast Du erblickt, wie seine Hände und Füße, samt seiner glorwürdigen Seite durchstochen und seine ganze Haut ohne irgend ein Mitleid auf das bitterste zerrissen worden.
Gedenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du mit weinenden Augen Deinen Sohn hast vom Kreuze abnehmen, in Tücher eingehüllt, in ein Grab gelegt und von Kriegsleuten 97 mit Deinen Thränen vergießenden Augen hast bewacht werden sehen.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du vom innerlichen Schmerze Deines Herzens aufs heftigste zerrissen, von Deines Sohnes Grabe getrennt, und von seinen Freunden in das Haus des Johannes, ganz voll Schmerz erfüllt, gebracht worden. Hier hast Du aber sogleich eine Erleichterung Deines großen Schmerzes empfunden, weil Du mit Sicherheit wußtest, daß Dein Sohn bald auferstehen würde.
Freue Dich, meine würdigste Frau und Jungfrau Maria, weil in demselben Augenblicke, in welchem Dein Sohn vom Tode auferstanden, er Dir, seiner seligsten Mutter, solches hat zu erkennen geben wollen, weil er Dir alsbald in Person erschienen, sodann aber erst anderen Personen sich als denjenigen vom Tode Auferstandenen zeigte, welcher an seinem lebendigen Leibe den Tod erlitten hatte.
Freue Dich darum, meine hochwürdigste Frau und Jungfrau Maria, die Du gesehen, wie nach Überwindung des Todes, und nachdem der Hervorbringer des Todes unter die Füße getreten und der Eingang zum Himmel eröffnet worden, Dein wieder auferstandener Sohn mit der Krone des Siegers triumphiert hat und am vierzigsten Tage nach seiner Auferstehung ehrenreich als ein König, in Begleitung der Engel, zu seinem Reiche in den Himmeln vor den Augen vieler aufgefahren ist. Freue Dich, Du, meine würdigste Frau und Jungfrau Maria, weil Du zu sehen verdient hast, wie Dein Sohn nach seiner Himmelfahrt auch seinen Aposteln und Jüngern den heiligen Geist, mit welchem er Dich zuvor erfüllt, sendete, auch in ihnen die Inbrunst der Liebe wahrte, und ihre Herzen mit dem rechten katholischen Glauben auf eine wunderbare Art erleuchtete.
Freue Dich noch weiter, meine Frau und Jungfrau Maria, und laß die ganze Welt sich Deiner Liebe erfreuen, weil nach seiner Himmelfahrt Dein Sohn Dich zum Troste seiner Freunde und zur Stärkung des Glaubens, zur Hilfe der Bedürftigen und den Aposteln zum heilsamen Rate noch viele Jahre in dieser Welt gelassen hat; daß er sodann durch Deine gar weisen Reden, ehrbaren Gebärden und tugendhaften Werke unzählige Juden und un- 98 gläubige Heiden zum katholischen Glauben bekehrt und dieselben wunderbar erleuchtet hat, Dich für eine Jungfrau und Mutter, und ihn für Deinen Sohn und Gott und zugleich wahren Menschen zu erkennen.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, die Du aus brünstiger Zuneigung und mütterlicher Liebe ohne Unterlaß stündlich zu Deinem geliebten Sohne, der schon im Himmel saß, zu kommen begehrt, auch, als Du noch auf dieser Welt weiltest, nach dem Himmlischen geseufzt, Dich demütig nach dem Willen Gottes gerichtet und dadurch auf unaussprechliche Weise die Dir von der göttlichen Gerechtigkeit zuerkannte ewige Herrlichkeit vermehrt hast.
Ewige Ehre und Herrlichkeit sei Dir, meine Frau und Jungfrau Maria, weil, als es Gott gefiel, Dich aus der Verbannung dieser Welt herauszunehmen und Deine Seele in seinem Reiche ewig zu ehren, er Dich gewürdigt, Dir solches durch seinen Engel anzukündigen, und gewollt hat, daß Dein ehrwürdiger, schon gestorbener Leib durch seine Apostel in aller Ehrerbietung im Grabe bestattet werde.
Freue Dich, meine Frau und Jungfrau Maria, weil Deine Seele bei Deinem überaus leichten Tode von der Macht Gottes umfangen worden, und er selbst dieselbe väterlich bewahrt und beschützt hat. Damals hat auch Gott der Vater selbst alles, was erschaffen worden, Deiner Macht unterworfen, der Sohn Gottes hat Dich, seine würdige Mutter, auf den erhabensten Platz neben sich ehrenvoll gesetzt, und der heilige Geist hat Dich, die ihm verlobte Jungfrau, zu seinem herrlichen Reiche getragen und wunderbar erhöht.
Freue Dich ewiglich, meine Frau und Jungfrau Maria, weil Dein Leib einige Tage nach Deinem Tode im Grabe bestattet gelegen, bis er durch die Macht Gottes mit Deiner Seele wiederum in Ehren verbunden worden.
Freue Dich sehr, Mutter Gottes, glorwürdige Frau und Jungfrau Maria, weil Du Deinen Leib nach Deinem Tode zugleich mit Deiner Seele belebt, mit der Ehre der Engel, im Himmel aufgenommen zu werden, zu sehen verdient und erkannt hast, daß Dein glorwürdiger Sohn mit der Menschheit wahrer Gott sei, den Du 99 mit Freudenjubel erblickt hast als gerechtesten Richter über alle Dinge, und Vergelter der guten Werke.
Freue Dich auch, meine Frau und Jungfrau Maria, weil das allerheiligste Fleisch Deines Leibes erkannte, wie es bereits als Frau und Jungfrau im Himmel sich befinde, und auch sah, daß es in keiner Weise durch irgend eine Tod- oder läßliche Sünde befleckt worden, vielmehr erkannte, daß es alle tugendhaften Werke so liebevoll vollbracht, daß Gott Dich von Rechts wegen mit höchster Auszeichnung hat ehren müssen. Du hast damals auch erkannt, daß, wer Gott in dieser Welt am brünstigsten lieben wurde, von demselben im Himmel die ihm nächste Stelle erhalten solle. Und weil dem ganzen himmlischen Hofe bekannt gewesen, daß unter den Engeln und Menschen keiner mit solcher Liebe, wie Du, Gott geliebt, deshalb war es billig und recht, daß Gott Dir auf dem höchsten Sitze der Herrlichkeit samt Seele und Leib den Ehrenplatz anwies.
Gebenedeit seist Du, o meine Frau und Jungfrau Maria, weil jegliche gläubige Kreatur für Dich die heilige Dreifaltigkeit deshalb preiset, weil Du ihr würdigstes Geschöpf bist, da Du für die elenden Seelen alsbaldigste Verzeihung erwirkst, und für alle Sünder die treueste Fürsprecherin und Vorsorgerin bist. Gepriesen sei daher Gott, der höchste Kaiser und Herr, welcher Dich zu so großen Ehren erschaffen, daß Du im Reiche der Himmel ewiglich eine Kaiserin und Frau werden, und mit ihm für und für von Ewigkeit zu Ewigkeit regieren sollest. Amen!
Zweites Gebet.
In diesem der seligen Brigitta von Gott geoffenbarten Gebete wird Gott schön und andächtig gepriesen. Dasselbe enthält eine ernstliche Erzählung von seiner glorwürdigen Menschwerdung, aller Thaten, Mühen und Schmerzen seines Lebens und seines heiligsten Todes, von seiner Himmelfahrt, der Sendung des heiligen Geistes an seine Jünger u. s. w.
Gebenedeit seist Du, mein Herr und mein Gott und geliebteste Liebe meiner Seele, der Du Ein Gott in drei Personen bist. - Ehre und Preis sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du in 100 den Leib einer Jungfrau gesendet worden, allein immer mit dem Vater im Himmel bleibst, während der Vater mit seiner Gottheit in Deiner Menschheit unzertrennlich bei Dir in der Welt bleibt.
Ehre und Lob sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du vom heiligen Geiste im Schoße der Jungfrau empfangen, leiblich gewachsen bist und in demselben bis zur Zeit Deiner Geburt demütig gewohnt hast, nach Deiner fröhlichen Geburt aber Dir hast gefallen lassen, von den überaus reinen Händen Deiner Mutter berührt, in Tücher eingewickelt und in eine Krippe gelegt zu werden.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du gewollt, daß Dein unbeflecktes Fleisch beschnitten, Du auch Jesus genannt und von Deiner Mutter im Tempel dargebracht werden solltest.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du Dich im Jordan von Deinem Diener Johannes hast taufen lassen.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du mit Deinem gebenedeiten Munde den Menschen in Person die Worte des Lebens gepredigt und vor ihnen durch Dich selber viele Wunder in Gegenwart gewirkt hast.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du die Schriften der Propheten erfüllt und der Welt vernünftiglich geoffenbart hast, daß Du wahrer Gott seist.
Benedeiung und Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du vierzig Tage lang auf wunderbare Weise in der Wüste gefastet, auch vom Teufel versucht zu werden verstattet, denselben aber, da es Dir gefiel, mit einem einzigen Deiner Worte vertrieben hast.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du Deinen Tod vor der Zeit vorausgesagt und beim letzten Abendmahle aus dem Stoffe des Brotes auf wunderbare Weise Deinen kostbaren Leib geheiligt, auch denselben zum Gedächtnisse Deines hochwürdigsten Leidens an Deine Apostel liebevoll ausgeteilt, der Du mit Deinen heiligen, kostbaren Händen ihre Füße gewaschen und Deine höchste Demut demütiglich an den Tag gelegt hast.
Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du in dem Schrecken des Leidens und Todes aus Deinem unschuldigen Leibe statt des Schweißes Blut geschwitzt, nichtsdestoweniger aber unsere Erlösung, welche Du bewirten wolltest, vollendet und solcherweise Deine Liebe, 101 welche Du zum Menschengeschlechte getragen, auf die deutlichste Art geoffenbart hast.
Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du von Deinem Jünger verkauft, von den Juden gekauft und für uns gefangen worden und mit einem einzigen Worte Deine Feinde zu Boden geworfen, nachmals Dich aber deren unreinen, räuberischen Händen freiwillig zum Gefangenen überliefert hast.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du zu Kaiphas geführt worden und demütig gestattet hast, daß Du, der Richter aller Dinge, dem Gerichte des Pilatus überantwortet wurdest.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du vom Pilatus zu Herodes geschickt worden und erlaubt hast, daß Du von ihm verlacht und verachtet wurdest, auch eingewilligt hast, daß Du zu demselben Richter Pilatus wieder zurückgesendet wurdest.
Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, für die Verspottung, welche Du erlitten, als Du, mit dem Purpur angethan, mit sehr scharfen Dornen gekrönt dagestanden, auch überaus geduldig ertragen hast, daß Dir in Dein glorwürdiges Antlitz gespieen werde, Deine Augen verhüllt wurden und der ungerechten unselige Hände Dich grausam schlugen.
Preis Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du voll höchster Geduld gestattet hast, daß man Dich an die Säule band, unmenschlich geißelte, blutig vor das Gericht des Pilatus führte, wo Du Dich wie ein unschuldiges Lamm hast sehen lassen.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du vor Pilatus die Schand-und Lügenreden Dir hast vorwerfen lassen, und hast geduldig mit Deinen gebenedeiten Ohren hast anhören wollen, daß die Stimme des Volkes um Freigebung des schuldigen Räubers bat, Du Unschuldiger aber verdammt wurdest.
Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du mit Deinem ganzen glorwürdigen Leibe zum Kreuzestode verurteilt wurdest, und auf Deinen heiligen Schultern Dein Kreuz mit Schmerz getragen hast, auch grausam an die Stätte des Leidens geführt, Deiner Kleider beraubt und also an das Holz des Kreuzes hast geheftet werden wollen.
Unermeßliche Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, weil Du 102 demütiglich für uns gelitten hast, daß die Juden Deine ehrwürdigen Hände und Füße mit einem Seile auseinanderzerrten, und dieselben mit eisernen Nägeln grausam an das Holz des Kreuzes hefteten, Dich auch einen Verräter nannten, über Dir einen mit schmählichen Worten der Schande geschriebenen Titel anhefteten und Deiner vielfältig spotteten.
Ewiges Lob und Dank sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du mit solcher Sanftmut so grausame Schmerzen für uns erlitten hast. Denn als Dein gebenedeiter Leib am Kreuze von allen seinen Kräften verlassen ward, verdunkelten sich Deine gütigen Augen, Dein schönes Gesicht ward wegen Abnahme des Blutes ganz mit Blässe überzogen, Deine gebenedeite Zunge dorrte vor Hitze aus und Dein Mund ward benetzt vom bittersten Tranke. Deine Haare und Dein Bart waren mit Blut aus den Wunden Deines heiligsten Hauptes angefüllt. Die Knochen der Hände und Füße des ganzen kostbaren Leibes wurden aus ihren Fugen nicht ohne großen und heftigen Schmerz gezogen, die Adern und die Nerven Deines ganzen gebenedeiten Leibes wurden grausam zerrissen.
Und so unmenschlich warst Du gegeißelt und durch schmerzliche Wunden verletzt, daß Dein Fleisch und Deine unschuldigste Haut unerträglich zerfetzt worden. Und also gepeinigt und voll Schmerzen hast Du, o mein süßester Herr, am Kreuze zugebracht und die Stunde des Todes mit überaus großem Schmerze geduldig und demütig erwartet.
Ewige Ehre sei Dir, Herr Jesu Christe, der Du in solche Angst versetzt Deine würdigste Mutter, welche niemals gesündigt, noch jemals in die mindeste Sünde gewilligt hat, mit Deinen gütigen Augen voll Liebe demütig angeblickt, und indem Du sie tröstetest, Deinem Jünger zur treuen Hut überwiesen hast.
Ewige Benedeiung sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du, als Du Dich im Todeskampfe befandest, allen Sündern Hoffnung der Verzeihung gewährt hast, als Du dem Schächer, welcher sich zu Dir bekehrt, voll Barmherzigkeit die Herrlichkeit des Paradieses versprachest.
Ewiges Lob sei Dir, mein Herr Jesu Christe, für jegliche Stunde, während welcher Du am Kreuze für uns Sünder die Bitterkeiten und Ängste ausgestanden hast. Denn die 103 überaus scharfen Schmerzen, welche von Deinen Wunden ausgingen, durchdrangen grausam Deine glückliche Seele, und gingen wild durch Dein heiligstes Herz, bis Du beim Brechen desselben selig den Geist aufgegeben, und denselben unter Neigung des Hauptes in die Hände Gottes, Deines Vaters, demütig empfohlen, dann aber tot am ganzen Körper erstarrt bist.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du mit Deinem kostbaren Blute und heiligsten Tode die Seelen erlöst, und dieselben erbarmungsvoll aus der Verbannung zum ewigen Leben zurückgeführt hast.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du am Holze des Kreuzes tot gehangen und alsbald Deine Freunde mächtiglich aus dem Kerker der Hölle erlöst hast.
Gebenedeit seist Du, mein Herr Jesu Christe, der Du für unser Heil Deine Seite und Dein Herz mit einer Lanze hast durchbohren lassen und um uns zu erlösen, Dein köstliches Blut so reichlich, desgleichen das Wasser aus Deiner Seite vergossen, auch Deinen heiligsten Leib nicht eher vom Kreuze hast abnehmen lassen wollen, bevor die Erlaubnis dazu vom Richter gegeben war.
Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, daß Du Deinen gebenedeiten Leib durch Deine Freunde hast vom Kreuze abnehmen und in die Hände Deiner heiligsten Mutter legen, von ihnen in Tücher einwickeln, im Grabe beisetzen und von Kriegsknechten hast wollen bewachen lassen.
Ewige Ehre sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du am dritten Tag von den Toten wieder auferstanden bist und Dich denjenigen lebendig gezeigt hast, denen Dich zu zeigen Dir gefiel; daß Du ferner auch nach vierzig Tagen vor vielen Augen zu den Himmeln aufgefahren bist und daselbst Deinen Freunden, welche Du aus der Vorhölle befreit, ehrenvolle Plätze angewiesen hast.
Frohlocken und ewiges Lob sei Dir, mein Herr Jesu Christe, der Du den heiligen Geist in die Herzen Deiner Jünger hineingesendet und die unermessene göttliche Liebe in deren Geistern vermehrt hast.
Gedenedeit seist Du, löblich und ewiglich hoher Ehren voll, mein Herr Jesu Christe, der Du auf dem Throne in Deinem Himmelreiche, in der Herrlichkeit Deiner Gottheit sitzest, leiblich 104 mit allen Deinen heiligsten Gliedern lebst, welche Du vom Fleische der Jungfrau angenommen hast, und also auch kommen wirst am Tage des Gerichtes, um die Seelen aller Lebenden und Toten zu richten, der Du lebst und herrschest mit dem Vater und dem heiligen Geiste von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Drittes Gebet.
In diesem der seligen Brigitta von Gott geoffenbarten Gebete werden schön alle Glieder des heiligsten Leibes unseres Herrn Jesu Christi und seine höchst tugendhaften leiblichen Thaten gepriesen.
"Mein Herr Jesu Christe, obgleich ich wohl weiß, daß Dein gebenedeiter Leib unablässig gepriesen und mit süßem Gesange und Jubel der Bürger des Himmels droben gefeiert wird, begehre ich doch, weil ich schuldigermaßen Dir unendlich zu danken verpflichtet bin, obwohl ich eine thörichte und unwürdige Person bin, mit ganzem Herzen und Munde allen Gliedern Deines kostbaren Leibes meinen Dank darzubringen und dieselben, soviel ich vermag, zu loben und zu ehren.
O mein Herr Jesu Christe, weil Du wahrhaft ein höchster Piester und Bischof bist, der Du zum ersten Male und vor allem, um uns mit der Speise der Engel zu sättigen, aus dem materiellen Brote Deinen wahren und gesegneten Leib auf wunderbare Weise geweiht hast, deshalb muß Dein ehrenreicher priesterlicher Stuhl zur Rechten Gottes, des Vaters, in Deiner seligen und in Ewigkeit geheiligten Gottheit sein! Amen.
O mein Herr Jesu Christe, Du bist fürwahr das Oberhaupt aller Engel und Menschen und ein würdiger König der Könige und Herr aller Herrscher, da Du alle Deine Werke aus wahrer und unaussprechlicher Liebe verrichtest. Und weil Du Dein gebenedeites Haupt demütiglich mit einer Dornenkrone hast krönen lassen, darum sind Dein Haupt und Deine Haare gebenedeit, und sollen herrlich mit dem kaiserlichen Diademe geschmückt werden, und Himmel und Erde, Meer und alles, was erschaffen worden, müßte in Ewigkeit Deiner Herrschaft und Gewalt unterworfen sein und gehorsamen! Amen. 105 Mein Herr Jesu Christe, weil Deine glänzende Stirn sich niemals von der richten Gerechtigkeit und Wahrheit abgewendet, deshalb soll diese Deine Stirn gebenedeit und mit königlichen und triumphierenden Ehren von allen Kreaturen gepriesen werden! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Du mit Deinen leuchtenden, liebevollen Augen gütig alle diejenigen anschauest, welche von Dir mit wahrer Liebe Gnade und Barmherzigkeit begehren, deshalb seien Deine Augen, Augenlider und herrlichen Augenbrauen gebenedeit und Dein ganzes liebenswürdiges und schönes Antlitz müsse unaufhörlich vom ganzen himmlischen Heere der Bürger droben gepriesen werden! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Du mit Deinen gütigen Ohren gern alle hörest und erhörest, welche Dich demütig anreden, deshalb seien diese Deine Ohren gebenedeit und ewiglich der Ehre voll! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, da Deine gebenedeite liebliche Nase den Geruch des verwesenden Leichnams Lazari nicht gescheut, noch auch den entsetzlichen Gestank, welcher geistlicherweise vom Verräter Judas ausging, da er Dich küßte, deshalb sei Deine kostbare Nase gebenedeit, und es möge ihr der Geruch der Süßigkeit und des Lobes von allen vergelten werden ewiglich! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Du mit Deinem Munde und Deinen gebenedeiten Lippen zu unserem geistlichen und leiblichen Heile und Unterweisung im Glauben die Worte des Lebens und der Lehre gar oft gepredigt, deshalb sei Dein ehrwürdiger Mund gebenedeit, desgleichen Deine Lippen für jegliches Wort, das aus ihnen hervorging! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Du mit Deinen reinsten Zähnen zur Erhaltung Deines gebenedeiten Leibes die leibliche Speise in höchster Mäßigkeit zerkleinert, so seien Deine Zähne von allen Deinen Geschöpfen gesegnet und geehrt! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Deine Zunge niemals zum Reden sich bewegte, noch geschwiegen, wo es nicht recht und nützlich und in Deiner Gottheit verordnet war, darum sei diese Deine Zunge gebenedeit! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Du in Deinem schönen Antlitze, nachdem es Deinem Alter gebührte, in schicklicher Weist einen herr- 106 lichen Bart getragen, deshalb müsse Dein ehrwürdiger Bart ewiglich verehrt und angebetet werden! Amen.
Mein Herr Jesu Christe! Gebenedeit seien Deine Kehle, Magen und Eingeweide und Dein ganzes heiliges Innere, und mögen ewiglich darum geehrt werden, weil sie Deinen kostbaren Leib in seiner gebührenden Ordnung schicklich ernährten, und Dein leibliches Leben zur Erlösung der Seelen und Freude der Engel auf vollkommene Weise unterhielten! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, der Du mit Recht von allen ein Führer genannt wirst, weil Du die schwere Bürde des Kreuzes auf Deinen heiligen Schultern und mit Deinem Halse getragen, bevor Du der Hölle Pforten mächtig erbrachest und der Auserwählten Seelen zum Himmel führtest, deshalb sei Deinem gebenedeiten Halse und Schultern, welche solches ertrugen, Ehre und ohne Ende ewiger Preis! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, weil Dein gebenedeites königliches und großmütiges Herz nimmermehr durch Qualen, Schrecken oder Schmeicheleien von der Verteidigung Deines Reiches der Wahrheit und Gerechtigkeit hat können abgewendet werden, Du auch Deines hochwürdigen Blutes in keinerlei Weise geschont, sondern mit großmütigem Herzen für die Gerechtigkeit und das Gesetz getreulich gestritten, auch die Vorschriften des Gesetzes und die Räte der Vollkommenheit Deinen Freunden und Feinden unverzagt gepredigt, auch zur Verteidigung derselben mit Deinen heiligen Nachfolgern im Streite den Tod erlitten und den Sieg erlangt hast, deshalb ist es recht, daß Dein unbesiegtes Herz im Himmel und auf Erden allezeit gepriesen und von allen Kreaturen und Streitern mit Triumph und Ehren unablässig gefeiert werde! Amen.
Mein Herr Jesu Christe, tapfere Streiter und getreue Diener dieser Welt setzen ihr Leben im Kriege mit Freuden dem Tode aus, damit ihre Herren sich der Erhaltung des eigenen Lebens erfreuen mögen; aber Du, o mein guter Herr, bist schnell zum Tode am Kreuze geeilt, damit Deine Diener nicht elendiglich umkommen möchten. Damit ist es recht, daß Dein ehrenreiches und unverzagtes Herz von allen Deinen Dienern, welche Du auf solche Weise erlöst hast, und von allen anderen ewiglich angebetet, auch von den englischen Chören demütig gelobt werden möge! Amen. 107 Mein Herr Jesu Christe, Du hast mit Deinen ehrwürdigen Händen und Armen die Kräfte Samsons wunderbar übertroffen, indem Du dieselben geduldig an das Kreuz hast heften lassen und also Deine Freunde mit Gewalt der Hölle entrissen hast. Deshalb müsse diesen Deinen Gliedern von allen, die Du erlöset, unablässige Ehrerbietung, ewiges Lob und immerwährende Ehre erwiesen werden! Amen.
O mein Heer Jesu Christe, in Ewigkeit müssen Deine kostbaren Rippen und Dein Rücken von allen geistlich gesinnten Menschen, welche in irdischer Arbeit schwitzen, dafür gebenedeit und in Ewigkeit geehrt werden, daß Du von Deiner Kindheit bis zum Tode unablässig für unsere Erlösung gearbeitet, und unsere Sünden mit großer Beschwernis und Schmerzen auf Deinem Rücken getragen hast! Amen.
O mein Herr Jesu Christe, Du höchste Reinheit und wahre Lauterkeit, gebenedeit und gepriesen werden mögen Deine unschuldigsten Lenden über alle englische Reinheit, die im Himmel ist, und über die Reinigkeit aller derer, welche in der Welt Keuschheit und Jungfräulichkeit bewahrt haben, denn die Keuschheit und Jungfräulichkeit aller können mit Deiner Reinheit und Lauterkeit nicht verglichen werden! Amen.
O mein Herr Jesu Christe, verehret und demütiglich geehret werden müssen von allen Geschöpfen des Himmels und der Erde Deine Kniee, samt den Kniekehlen und den Schienbeinen über alle, welche vor ihren Herren und Meistern die Kniee beugen und denselben Ehrerbietung erweisen, weil Du, o Herr aller Dinge, vor Deinen Schülern in aller Demut die Kniee beugtest! Amen.
Mein Heer Jesu Christe, frommer Meister, gebenedeit und immerdar angebetet werden müssen Deine seligsten Füße, weil Du den rauhen Weg, den Du andere gelehrt, mit großem Schmerze in dieser Welt mit bloßen Füßen gewandelt bist und endlich dieselben für uns mit scharfen Nägeln hast an das Kreuz heften lassen, der Du lebst und herrschest mit Gott, dem Vater, in der Einigkeit des heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen." 108
Viertes Gebet.
In diesem von Gott der seligen Brigitta geoffenbarten Gebete werden schön und andächtigst alle Glieder des glorwürdigen Leibes der Jungfrau Maria und ihre tugendsamen leiblichen Werke gelobt.
"O meine Frau und mein Leben, Königin des Himmels, Mutter Gottes! Obwohl ich versichert bin, daß Dein glorwürdiger Leib vom ganzen himmlischen Hofe mit wohltönendem Jubelgesange unablässig in den Himmeln gepriesen wird, begehre ich unwürdige Person mit dem ganzen Verlangen meines Herzens Deinen kostbaren Gliedern, soviel mir auf Erden möglich ist, Lob und Dank zu sagen. Deshalb, o meine Frau und Jungfrau Maria, möge Dein Haupthaar mit Deinen Haarlocken, welche das Diadem der Herrlichkeit ziert, gepriesen werden, denn sie sind heller strahlend, als der Glanz der Sonne, und wie die Haare des Hauptes nicht gezählt werden können, so sind Deine Tugenden zahllos.
O meine Frau und Jungfrau Maria, mehr, als der Glanz des Mondes, gelobt werden müssen Deine Stirn, Dein ehrbarstes Antlitz, weil kein Gläubiger in dieser finsteren Welt Dich angeblickt, der nicht empfunden, daß von Deinem Antlitze sich einiger geistliche Trost über ihn ergösse.
Gebenedeit seist Du, meine Frau und Jungfrau Maria, deren Augenlider und Augenbrauen die Strahlen der Sonne übertreffen!
Gebenedeit seien Deine überaus schamhaften Augen, o meine Frau und Jungfrau Maria, welche nichts begehrt haben von den vergänglichen Sachen, die sie in dieser Welt erblickten, weil, so oft Du Deine Augen aufhobst, ihr Anblick den Glanz der Sterne vor dem ganzen himmlischen Hofe überstrahlte!
O meine Frau und Jungfrau Maria, gepriesen werden müssen Deine allerseligsten Wangen über der Morgenröte Schönheit, welche mit weißer und roter Farbe überaus schön aufgeht. Also auch haben Deine schönen Wangen, während Du in dieser Welt gewesen, mit ihrem hellen Glanze vor Gott und den Engeln geleuchtet, denn Du hast sie niemals um weltlicher Pracht oder eitlen Ruhmes willen sehen lassen. 109 O meine Frau und Jungfrau Maria, verehrt und geehrt werden mögen Deine ehrbarsten Ohren über alle Kräfte des Meeres und die Bewegung aller Wasser, weil diese Deine Ohren wider allen unreinen Fluß des weltlichen Gehöres allezeit sich tapfer verschlossen haben.
O Jungfrau Maria, Herrscherin! gelobt werde Deine süßeste Nase, welche aus Kraft des heiligen Geistes niemals Atem eingezogen oder ausgelassen, ohne daß Dein ganzes Denken immer bei dem Höchsten war. Und obwohl Du zuweilen geschlafen, hast Du doch Deinen Willen niemals von ihm abgewendet. Darum sei immerdar süßer Duft des Preises und der Ehre vor Deiner Nase von der wohlriechenden Vermischung aller Gewürze und aller Kräuter, welche einen lieblichen Wohlgeruch ausgehen zu lassen pflegen.
O meine Frau und Jungfrau Maria, gepriesen werde Deine Zunge, welche Gott und den Engeln höchst angenehm gewesen, mehr als alle fruchttragenden Bäume; denn alle Worte, die Deine Zunge vorbrachte, haben niemals einer Person geschadet, sondern haben allezeit jemand genützt, Deine Zunge war gar klug und männiglich süßer zu hören, als irgend eine Frucht von süßestem Geschmacke.
O meine Königin, Frau und Jungfrau Maria, gepriesen werde Dein gebenedeiter Mund, samt Deinen Lippen, vor der Rosen und aller Blumen Lieblichkeit, besonders aber wegen Deines gebenedeiten, demütigsten Wortes, das Du mit demselben kostbaren Munde dem Engel Gottes antwortetest, als Gott selber seinen Willen, den er durch die Propheten vorausverkündigt, durch Dich in der Welt vollziehen wollte. Durch die mächtige Kraft dieses Wortes hast Du den Teufel in der Hölle niedergeschmettert, und die Chöre der Engel im Himmel in ihren Ehren wieder hergestellt.
O Jungfrau Maria, meine Gebieterin und mein Trost, geehrt werde ewiglich Dein Hals, mit Deinen Schultern und Deinem Nacken, über aller Lilien Anmut, weil Du niemals Deine gedachten Glieder anders, als zu Nützlichem oder zur Ehre Gottes geneigt oder aufgerichtet hast, denn gleichwie eine Lille sich nach dem Wehen des Windes bewegt und neigt, also bewegten sich alle Deine Glieder nach der Eingebung des heiligen Geistes.
O meine Frau, meine Kraft, meine Süßigkeit, gebenedeit mögen 110 werden Deine heiligsten Arme, samt Deinen Händen und Fingern, und auch ewiglich geehrt über alle kostbaren Edelsteine, welche Deinen tugendhaften Werken verglichen werden, weil, wie Deine tugendhaften Werke den Sohn Gottes zu Dir gelockt, also ihn auch Deine Arme und Hände mit der Umarmung mütterlicher Liebe umfaßt haben.
O meine Frau, meine Erleuchtung, gesegnet seien Deine heiligsten Brüste über alle süßesten Wasserquellen, weil, wie das springende Wasser derselben Trost und den Dürstenden Erquickung gewährt, also Deine heiligen Brüste, indem sie den Sohn Gottes säugten, uns Dürftigen Arznei und Trost darreichten.
O meine Frau und Jungfrau Maria, gebenedeit sei Deine köstlichste Brust, welche über das reinste Gold gar köstlich ist, weil, als Du unter Deines Sohnes Kreuze ganz voll Schmerz gestanden, Du Deine glorwürdigste Brust unter dem Schlage der Hämmer wie in einer hartklemmenden Presse aufs heftigste zusammengedrückt gefühlt hast. Und obwohl Du Deinen Sohn von Herzen liebtest, hast Du doch lieber die bitterste Pein dulden wollen, daß er für die Erlösung der Seelen sterben möge, als daß er den Tod meiden möchte, während jene verloren gingen. Und also bist Du in der Tugend der Standhaftigkeit überaus fest geblieben, als Du Dich in aller Widerwärtigkeit gänzlich dem göttlichen Willen gefügt hast.
O meine Gebieterin, Du Freude meines Herzens, Jungfrau Maria, gepriesen und geehrt werde Dein ehrwürdigstes Herz, welches zu Gottes Ehre so überaus entflammt gewesen über alle Geschöpfe des Himmels und der Erde, daß die Flamme seiner Liebe in die Höhe der Himmel zu Gott dem Vater emporstieg. Darum ist auch der Sohn Gottes vom Vater mit dem Feuer des heiligen Geistes in Deinen glorwürdigen Schoß hinabgestiegen, welcher doch kein vom Vater gesondertes Dasein hat, obwohl er nach Gottes Ratschlusse in Deinem jungfräulichen Schoße in ehrbarster Weise Mensch geworden ist.
O meine fruchtbarste Frau und jungfräuliche Jungfrau, gebenedeit sei Dein seligster Leib über alle fruchtbar keimenden Äcker, weil, wie der Same, welcher auf gutes Erdreich fiel, aus sich seinem Besitzer hundertfältige Frucht trägt, also Dein jungfräulicher und höchst fruchtbarer Leib Gott dem Vater mehr als tausendfältige 111 gesegnete Frucht getragen. und gleichwie des reichen Überflusses der Frucht des Ackers halber der Herr gerühmt wird, und die Vöglein und andere Tiere, sich freuend, davon genießen, also wird Gott wegen der gebenedeiten Frucht auf dem fruchtbaren Acker Deines Leibes im Himmel höchlichst geehrt, die Engel freuen sich und die Menschen auf Erden genießen reichlich davon und leben.
O meine Frau, überaus weise Jungfrau, ewiglich gelobt werden mögen Deine heiligsten Füße über alle Wurzeln, welche unausgesetzt Frucht bringen. So also seien gebenedeit Deine Füße, welche Gottes glorwürdigen Sohn, die süßeste, in Deinem Leibe eingeschlossene Frucht, trugen, während Dein Leib ungeschwächt und Deine Jungfräulichkeit immerdar unversehrt blieb. O, wie ehrbar wandelten Deine heiligsten Füße einher! Wahrlich, von jedem Schritte derselben ist der himmlische König getröstet, und der ganze himmlische Hof erfreut und mit Fröhlichkeit erfüllt worden.
O meine Frau und Jungfrau Maria, Mutter aller! Gott, der Vater, samt dem Sohne und heiligen Geiste, möge in seiner unbegreiflichen Majestät ewiglich gepriesen werden für das heiligste Kämmerlein Deines ganzen Leibes, in welchem der Sohn Gottes auf das lieblichste ruhte, den das ganze Heer der Engel in den Himmeln zusammen preist, und die gesamte Kirche ehrfurchtsvoll auf Erden anbetet.
Und Du, o mein Herr, mein König und mein Gott, Dir sei ewige Ehre, immerwährendes Lob, Benedeiung und Preis mit unendlichem Danke, daß Du diese hochwürdigste und ehrbarste Jungfrau erschaffen und dieselbe Dir zur Mutter erwählt hast für alle, welche im Himmel und auf Erden wie auch nur immer getröstet sind, und auch für die, welche im Fegfeuer durch Dich Hilfe und Trost empfangen haben, der Du lebest und herrschest mit dem Vater in der Einigkeit des heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen." 112