Der Isenheimer Altar

und seine Botschaft


Weiter-ButtonZurück-Button Leben und Offenbarungen der heiligen Brigitta

Nach der Übersetzung von Ludwig Clarus (1888) digitalisiert und bearbeitet von Gertrud Willy

Die Regel vom heiligen Erlöser, wie dieselbe auf göttliche Weise durch den Mund Jesu Christi seiner frommen Braut, der heiligen Brigitta, geoffenbart worden ist.

  • Als Einleitung, Kapitel I.
  • Kapitel II. - Christus redet mit seiner Braut, der seligen Brigitta, in einem Bilde und sagt, daß, seitdem andere Weinberge, d. h. Orden, einigermaßen verwüstet worden, er nun gegenwärtig einen neuen Weinberg anzulegen beabsichtige, nämlich einen neuen Orden, für den er dergestalt fleißig Sorge tragen will, daß er ihm lieblichen und süßen Wein bringe.
  • Kapitel III. - Christus redet mit der Braut, erklärt das zunächst vorhergehende Kapitel, und sagt zur Braut, daß sie selbst ein Weinstock in seinem vorgedachten Weinberge sein soll, d. h. die Stifterin des gedachten neuen, heiligsten Ordens, von welchem die Frucht bringenden Reben ausgingen. Deshalb ermahnt er sie, daß sie tugendhaft, standhaft, wachsam sein und das Irdische verachten soll, das bitter wie Gift ist.
  • Der neuen Regel Kapitel I. - Christus sagt der Braut, daß er diese neue Regel, welche den Klosterfrauen zum Andenken und zur Ehre seiner glorwürdigen Mutter, der Jungfrau Maria, gegeben wird, mit eigenem Munde angeben will.
  • Kapitel II. - Zur Hauptgrundlage dieser Regel macht Christus drei Tugenden, die Demut, die Keuschheit und Armut, indem er den Klosterfrauen verbietet, etwas Eigenes zu haben, sondern die Äbtissin soll sie mit allem Notwendigen versorgen.
  • Kapitel III. - Christus ordnet an, was für Betten und Lagergerät die Klosterfrauen haben sollen.
  • Kapitel IV. - Christus trifft hier Anordnungen über die Kleidung, den Anzug, die Fußbedeckung, die Schleier und die Krone der Klosterfrauen.
  • Kapitel V. - Christus verordnet hier, wie die Klosterfrauen das Chorgebet beginnen und an jedem Tage im Chore die Bitte um Verzeihung demselben voranschicken sollen; wie sie ferner dasselbe beendigen und täglich, sowohl an Werk- als an Feiertagen, die Tagzeiten von der heiligen Jungfrau Maria beten sollen.
  • Kapitel VI. - Christus setzt fest, wie und zu welchen Stunden die Klosterfrauen Stillschweigen beobachten sollen.
  • Kapitel VII. - Christus verbietet, daß keine weltliche oder geistliche Person, die Klausur der Klosterfrauen betreten, auch mit denselben nur in den bestimmten Zeiten reden darf.
  • Kapitel VIII. - Christus bestimmt, an welchen Tagen und wie die Klosterfrauen am Gitter mit weltlichen Personen sprechen mögen.
  • Kapitel IX. - Christus ordnet Zeit und Art der Fasten unter den Klosterfrauen an.
  • Kapitel X. - Christus ordnet Zeit und Weise für die Prüfung und Ausnahme der Klosterfrauen in den Orden an.
  • Kapitel XI. - Christus giebt die Weise der Einweihung, der Einsegnung und Einführung der Nonnen in das Kloster an.
  • Kapitel XII. - Christus bestimmt hier die Zahl der Klosterfrauen, Priester, Diakonen, sowie der Laien, welche dem gedachten Kloster dienen. Er erteilt Anordnungen über ihre Wohnung und den Chor, wo sie, sowohl Männer als Weiber, sitzen und stehen sollen.
  • Kapitel XIII. - Christus bestimmt hier die Zahl der Priester, Diakonen und Laien, welche dem gedachten Frauenkloster dienen sollen, desgleichen die Kleidung, welche sie zu tragen haben, auch die Weise, wie sie zu segnen und zu weihen sind.
  • Kapitel XIV. - Christus ordnet hier an, wie die Äbtissin erwählt werden soll, und wie sie hernach mit dem Konvente einen von jenen priesterlichen Brüdern zum Beichtvater erwählen soll, welcher allgemeiner Beichtiger sowohl der Klosterfrauen, als der Brüder des gedachten Klosters sein soll.
  • Kapitel XV. - Christus befiehlt hier, daß die Brüder und Priester des Klosters ausschließlich dem Gebete und der Lesung obliegen, auch an bestimmten Tagen den Klosterfrauen in ihrer Muttersprache das Evangelium predigen sollen.
  • Kapitel XVI. - Christus ordnet hier die Zeiten zu den Beichten für die Brüder und Schwestern an; auch, daß der Generalbeichtiger sich etliche Brüder und Priester zu Gehilfen im Beichthören erwählen kann.
  • Kapitel XVII. - Christus bestimmt, an welchen Tagen im Jahre sowohl die Klosterfrauen, als die Brüder kommunizieren sollen.
  • Kapitel XVIII. - Christus befiehlt, daß alle Donnerstage durch die Äbtissin Kapitel gehalten werden soll, und verordnet hier die Buße, welche den Klosterfrauen, den kranken sowohl als den gesunden, sowie auch den sterbenden, welche wider ihr Gelübde etwas Eigenes haben, aufzulegen ist.
  • Kapitel XIX. - Christus verbietet hier den Klosterfrauen, irgendwelche Geschenke anzunehmen und der Äbtissin, Erlaubnis zum Annehmen zu erteilen; er will auch nicht, daß sie selbst sich mit dieser Sünde beflecke, oder sich vor anderen durch ein kostbares Kleid auszeichne.
  • Kapitel XX. - Christus verordnet, wie Kirche und Kloster vollständig ausgebaut und immer die ausreichende Zahl von Klosterfrauen und Priestern zur Verrichtung des Gottesdienstes vorhanden sein soll, bevor im Kloster ein Konvent errichtet wird. Er trifft auch Verordnung wegen der Aussteuer und Darbringung, welche den neuaufzunehmenden Nonnen an das Kloster obliegt, auch wegen der Weise, dieselbe zu verwenden; ingleichen wegen der Rechenschaft, welche jährlich von den in diesem Jahre gemachten Ausgaben abgelegt, und wie das Einkommen, welches übrig ist, unter die Armen verteilt werden soll. Er ordnet auch eine sorgfältige Art an, um zu unterscheiden, ob jene Almosen gut oder übel erworben worden, welche ihnen gespendet werden, bevor die Äbtissin und der Konvent dieselben von den Darbringern annehmen.
  • Kapitel XXI. - Christus verordnet und setzt die Anzahl der Altäre, der Ornamente und Bücher fest, welche zur Verrichtung der göttlichen Ämter in der Kirche und dem Kloster vorhanden sein sollen.
  • Kapitel XXII. - Christus giebt hier Vorschriften über das Alter, welches die Klosterfrauen und Brüder haben sollen, sowie über die Zeit der Prüfung und Einweihung, bevor sie in den Orden aufgenommen werden.
  • Kapitel XXIII. - Christus verordnet hier, daß außer der Zeit des Gebetes, der geistlichen Lesung und der Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse die ganze übrige Zeit in frommer und ehrbarer Arbeit von den Klosterfrauen und Brüdern nützlich verwendet werden solle.
  • Kapitel XXIV. - Christus befiehlt, daß das Maß der Speisen mit Bescheidenheit, sowohl bei Adeligen als Nichtadeligen, bemessen und verteilt werden soll.
  • Kapitel XXV. - Christus trifft über die Art und Weise der Fenster oder Gitter Anordnung, und erklärt, daß die Klosterfrauen zur Zeit der Beicht daselbst mögen gehört, aber nicht gesehen werden dürfen. Er redet auch von dem Schalter und der Art und Weise, die dabei beobachtet werden soll. Auch verbietet er, daß irgend ein Beichtvater oder ein anderer Mann in das Kloster der Nonnen eintreten dürfe; ausgenommen, wenn einer Kranken die Sakramente zu reichen sind, oder eine Gestorbene zum Begräbnis herausgetragen werden muß.
  • Kapitel XXVI. - Christus verordnet, daß der Diöcesanbischof der Vater und Visitator des Klosters dieses Ordens, der Fürst des Reiches oder Landes aber dessen Schirmherr sein soll, der Papst jedoch der liebreiche Vormund, ohne dessen Erlaubnis kein Kloster dieses Ordens gegründet werden darf. Er sagt auch, daß einige fromme Brüder von der Regel des seligen Benedikt oder seligen Bernhard zu dieser Regel einige Kapitel in Bezug auf die Bestrafung von Ausschreitungen, auf die Vornahme von Visitationen und anderes hinzusetzen sollen, was sie für diese Regel als notwendig und nützlich erkennen.
  • Kapitel XXVII. - Christus befiehlt, daß im Kloster beständig ein Grab offen erhalten werden soll, an welchem täglich ein Gebet zu sprechen ist. Auch soll vor dem Eingange zur Kirche eine Totenbahre stehen, um das Andenken an den Tod im Herzen eingeprägt zu behalten.
  • Kapitel XXVIII. - Christus redet mit seiner Braut, der seligen Brigitta, und legt ihr das vor dem Anfange der Regel befindliche Kapitel aus, das von den verwüsteten Weinbergen handelt. Er sagt, seine verwüsteten Weinberge sind die Orden. in welchen die Regeln nicht beobachtet werden, und verspricht denjenigen Religiosen Hilfe und Gunst, welche sich bemühen, dieselben, soviel sie vermögen, zu beobachten und zu verbessern.
  • Kapitel XXIX. - Frau Brigitta, die Braut Christi, erzählt hier die wunderbare Weise, wie die gedachte Regel dieses Ordens durch den gebenedeiten Mund Christi einem Augenblicke gegeben worden ist.
  • Kapitel XXX. - Christus befiehlt der Braut, daß die vorgemeldete Regel dem Herrn Papste zur Bestätigung überreicht werde, und gebietet dem Papste, daß er dieselbe bestätigen solle.
  • Kapitel XXXI. - Christus redet mit der Braut und sagt ihr, sie solle dahin arbeiten, daß die gedachte Regel durch den Herrn Papst bestätigt werde; er verspricht Gnade und Hilfe allen denen, welche in diesen Orden treten, auch Mehrung des Friedens und Eintracht in dem Lande, wo ein Kloster dieses Ordens errichtet sein wird.

Die Regel vom heiligen Erlöser, wie dieselbe auf göttliche Weise durch den Mund Jesu Christi seiner frommen Braut, der heiligen Brigitta, geoffenbart worden ist.

Als Einleitung,

Kapitel I.

Im Reiche des Könige von Norwegen, welcher unter allen Königen gegen Mitternacht der äußerste ist, so daß jenseits seiner Länder kein für Menschen bewohnbarer Ort gefunden wird, begegnete es der Frau Brigitta, als sie gar eifrig dem Gebete oblag, daß, nachdem ihres Leibes Kräfte gleichsam vernichtet worden, ihre Seele mit einem vollkommensten Vermögen, mit allen ihren Kräften dasjenige zu schauen, zu hören und zu reden, was geistlich ist, ausgerüstet ward. Und das fand so statt, daß diese Frau öfter verzückt, in einer spirituellen oder intellektuellen Vision geistlicherweise sich viele Dinge mitteilen hörte, welche sie nachmals dem Erzbischofe von Upsala, samt drei anderen Bischöfen und einem sehr frommen Magister, der für einen großen Gottesgelehrten gehalten ward, und einem Gott ergebenen und sehr gottesfürchtigen Abte mit großer Ehrerbietung und Furcht Gottes demütiglich mitteilte, weil sie fürchtete, durch den trügerischen Engel der Finsternis in der Gestalt eines Engels des Lichtes hintergangen zu werden. Und diese alle, Seiten-Icon 5 sowie viele Freunde Gottes, welche es hörten, und darüber reifliche, geistliche, gegenseitige Erörterungen miteinander anstellten, bestätigten, daß der gedachten Person alles auf göttliche Weise, von einem guten Geiste der Wahrheit und des Lichtes, aus besonderer Gnade des heiligen Geistes geoffenbart worden. In einer solchen Offenbarung erblickte sie einst einen Mann und ein Weib von schöner Gestalt, und sogleich sprach eine Stimme zu ihr: Siehe, diese beiden Personen, welche Du siehest, sind Jesus Christus und seine Mutter Maria, welche Dir jetzt so erscheinen, wie sie waren, als sie in der Welt lebten. Wie aber ihre Leiber jetzt im Himmel sind, ist für Dich zu erkennen oder zu schauen unmöglich. Nachdem dieses Wort gesprochen worden, öffnete Jesus Christus, sowie er erschienen war, seine Lippen, redete und sprach.

Kapitel II.

Christus redet mit seiner Braut, der seligen Brigitta, in einem Bilde und sagt, daß, seitdem andere Weinberge, d. h. Orden, einigermaßen verwüstet worden, er nun gegenwärtig einen neuen Weinberg anzulegen beabsichtige, nämlich einen neuen Orden, für den er dergestalt fleißig Sorge tragen will, daß er ihm lieblichen und süßen Wein bringe.

"Ich bin wie ein gar mächtiger König, welcher seine Weinberge bepflanzte, und dieselben trugen lange Zeit sehr guten Wein. Endlich säete sein Feind gar schlimmen Samen hinein, welcher dermaßen aufging und sich verbreitete, daß die Reben nur mit großer Schwierigkeit Wein tragen konnten. Die Diener des Königs aber sprachen zu ihm: Herr! wir haben Deine Weinberge besehen und darin gar wenig Reben gefunden, welche Wein tragen. Jener gar schlimme Same aber, der zu nichts nützt, als zum Verbrennen, ist über die Maßen ausgewachsen. Der Herr antwortete ihnen: Ich werde mir einen neuen Weinberg anlegen, wohin man Reben bringen soll, und dieselben werden Wurzeln treiben. Und ich selber will denselben fruchtbar machen, und er wird erfüllt werden mit dem besten Weine. Ich selber werde über ihn wachen, daß alles Schädliche, was hineingepflanzt wird, abdorre, abfalle, ausgerottet und unschädlich, der Wein aber um so kräftiger und süßer werde. Seiten-Icon 6 Wenn aber der Wein aus diesem Weinberge in meine Versammlung kommen wird, werden sich alle freuen, und dem Herrn, welcher den Weinberg anlegte und fruchtbar wachte, wird Ehre und Preis zu teil werden. Es wird sich auch derjenige erfreuen, welcher die Wurzeln gelegt hat; auch wird Gott dessen nicht vergessen, welcher die Reben herbeigetragen hat. Aus diesem Weinberge aber werden viele schon lange dürr gewesene Weinberge sich zu erneuern und je nach dem Tage ihrer Erneuerung Frucht zu tragen beginnen."

Kapitel III.

Christus redet mit der Braut, erklärt das zunächst vorhergehende Kapitel, und sagt zur Braut, daß sie selbst ein Weinstock in seinem vorgedachten Weinberge sein soll, d. h. die Stifterin des gedachten neuen, heiligsten Ordens, von welchem die Frucht bringenden Reben ausgingen. Deshalb ermahnt er sie, daß sie tugendhaft, standhaft, wachsam sein und das Irdische verachten soll, das bitter wie Gift ist.

"Ich bin der Schöpfer aller Dinge und von niemand erschaffen. Unter allem, was ich erschaffen, habe ich nichts zu solcher Würde erschaffen, wie den Menschen, den ich zum Herrn über alles gesetzt habe, was auf Erden erschaffen worden. Ich habe ihm auch Verstand gegeben, daß er sich dessen nach seinem Bedürfnisse und seiner Bequemlichkeit bedienen, mich auch wegen der ihm erteilten Gnade rühmen möge. Allein unter allen Wesen reizt keines mich so zum Zorne, wie der Mensch, und außer ihm steht mir alles zu Befehl. Ich habe Dir zuvor gesagt, daß ich einem Könige gleiche, welcher gute Weinberge bepflanzte, die lange Zeit gute Frucht gaben. Welche andere Weinberge waren diese, als die Orden und Satzungen der heiligen Väter, wodurch die Dürstenden erquickt, die Kalten erwärmt, die Stolzen gedemütigt, die Blinden erleuchtet wurden? Jetzt aber beklage ich mich, daß die Mauern meines Weinberges verwüstet sind, die Wächter schlafen, die Diebe hineingehen, die Wurzeln von den Maulwürfen untergraben worden, die Reben saftlos und dürr sind, auch die Beeren vom Winde an den Boden gerissen und mit Füßen getreten werden. Damit es deshalb an Wein nicht ganz gebreche, werde ich mir von neuem einen Wein- Seiten-Icon 7 berg pflanzen, in welchen Du die Reben meiner Worte trogen wirst; mein Freund soll dieselben legen; ich selber aber, Gott, will sie mit meiner Gnade fruchtbar machen. In diesen Weinberg aber will ich Wächter senden, welche des Nachts nicht schlafen. Ich will eine Mauer herumziehen durch die göttliche Liebe. Ich will in dem Weinberge die Wurzeln des guten Willens befestigen, welche nicht durch des Teufels Versuchungen untergraben werden sollen. Ich will die Reben des thätigen Eifers ausbreiten, vielen die Beeren ihrer guten Meinung und Andacht süß machen. Deshalb mußt Du, die Du die Reben tragen sollst, stark und standhaft sein zum Tragen, bereit und wachsam im Annehmen, getreu und vorsichtig in der Behutsamkeit, daß der Teufel Dich nicht betrüge. Derjenige aber, welcher die Reben setzen soll, muß bedachtsam sein, daß er sie an den rechten Ort setze, sorgfältig und achtsam in der Behütung derselben vor Kälte und Hitze. Deshalb stehe fest und liebe mich von ganzem ganzem Herzen. Fliehe alle Hoffart und ergreife alle Demut, bewahre Deinen Mund und alle Deine Glieder zu meiner Ehre. Gehorche, wie ich Dir befohlen; erforsche stündlich Dein Gewissen, wie und wieweit Du sündigst. Erhebe Dich sogleich wieder zu mir, wenn Du fällst; kümmere Dich nicht um der Welt Ehren, noch um ihre Freunde, weil, wenn Du mich hast, Dir alles süß werden wird. Und wenn Du mich vollkommen liebst, wird Dir alles außer mir, was von der Welt in bitter werden wie Gift." Seiten-Icon 8

Der neuen Regel

Kapitel I.

Christus sagt der Braut, daß er diese neue Regel, welche den Klosterfrauen zum Andenken und zur Ehre seiner glorwürdigen Mutter, der Jungfrau Maria, gegeben wird, mit eigenem Munde angeben will.

"Diesen Orden also will ich zur Ehre meiner liebreichsten Mutter zuerst und hauptsächlich durch Frauen errichtet haben. Seine Ordnung und Satzungen werde ich mit eigenem Munde auf das vollständigste erklären."

Kapitel II.

Zur Hauptgrundlage dieser Regel macht Christus drei Tugenden, die Demut, die Keuschheit und Armut, indem er den Klosterfrauen verbietet, etwas Eigenes zu haben, sondern die Äbtissin soll sie mit allem Notwendigen versorgen.

"Die Grundregel dieses Ordens und des Heiles ist wahre Demut, reine Keuschheit und freiwillige Armut; deshalb ist niemand erlaubt, etwas Eigenes zu haben, auch durchaus die geringste Sache, ja auch nicht einmal einen Heller zu besitzen, oder mit Händen zu bewahren; auch kein Gold oder Silber zu haben, wenn es nicht etwa zu einer Stickereiarbeit dienen soll, oder die Berührung des Silbers notwendig ist, und auch das nicht ohne Rat und Erlaubnis der Äbtissin. Alles Notwendige soll man von der Seiten-Icon 9 Äbtissin erwarten, nämlich die von der Regel vorgeschriebenen Kleider, das Bett, das Arbeitsgerät. Sie sollen nichts besitzen, was die Regel nicht erlaubt."

Kapitel III.

Christus ordnet an, was für Betten und Lagergerät die Klosterfrauen haben sollen.

"Man soll aber wissen, daß das regelmäßige Lagergerät aus Streu bestehen soll; darüber sollen zwei Laken von grobem Tuch gebreitet werden, aber ohne Leintuch und Federkissen. Unter dem Haupte soll ein Federkissen, mit Leinwand überzogen, liegen; ingleichen ein ähnlich mit Linnen überzogenes Hauptkissen."

Kapitel IV.

Christus trifft hier Anordnungen über die Kleidung, den Anzug, die Fußbedeckung, die Schleier und die Krone der Klosterfrauen.

"Der Anzug der Schwestern werden zwei Hemden von weißem, grobem Tuch sein, eines zum täglichen Gebrauche, das andere in die Wäsche; ein Rock von grauem, grobem Tuche und eine Kutte, deren Ärmel nicht weiter reichen dürfen, als zur äußersten Spitze des mittleren Fingers. Die um die Hand herabhängenden Falten sollen, wenn Handarbeiten verrichtet werden, mit einem Knopfe wie andere Ärmel zur Hälfte an die Arme geheftet werden. Auch einen Mantel von grauem, grobem Tuche, wie der Rock und die Kutte, sollen sie haben. Dieser Mantel darf auswendig keine Falten, noch sorgfältigen Besatz haben, sondern er muß eng und glatt, nur auf den Nutzen, nicht auf die Eitelkeit berechnet, im Sommer auch ganz einfach sein, im Winter dagegen gefüttert, aber nicht mit zartem Pelz, sondern mit Lamm- oder Schaffell. Von solchen Fellen darf man auch einen Überwurf im Winter tragen. Der Mantel soll auch eine Handbreit von der Erde abbleiben, und mit einem hölzernen Knopfe vor der Brust zusammengehalten werden. Als Fußbekleidung sollen sie im Sommer Bundschuhe tragen bis an die Seiten-Icon 10 Knöchel und Strümpfe bis an die Kniee, im Winter aber die Fußbekleidung bis an die Kniee, mit grobem Tuche gefüttert, und ebenso weit hinaufreichende Strümpfe. Der Hauptzierat soll eine Binde sein, mit welcher Stirn und Wangen umgeben sind, und welche einen Teil des Gesichtes bedeckt, und deren äußere Enden eine Nadel am Hinterhaupte zusammenhält. Darüber soll ein Schleier von schwarzgefärbter Leinwand getragen werden. Denselben sollen, damit er nicht herabfällt, drei Nadeln befestigen, eine vor der Stirn, die beiden anderen an den Ohren. Über den Schleier soll eine Krone von weißen Leinen gesetzt werden, auf welche fünf Stücklein von rotem Tuche, wie fünf Tropfen, genähet werden sollen; das erste vor die Stirn, das andere am Hinterkopfe, das dritte und vierte um die Ohren, das fünfte oben mitten auf dem Haupte, nach Art eines Kreuzes. Diese Krone soll mitten auf dem Haupte eine Nadel an dem Kopf befestigen. Diese Krone sollen sowohl Witwen, als Jungfrauen zum Zeichen der Enthaltsamkeit und Keuschheit tragen."

Kapitel V.

Christus verordnet hier, wie die Klosterfrauen das Chorgebet beginnen und an jedem Tage im Chore die Bitte um Verzeihung demselben voranschicken sollen; wie sie ferner dasselbe beendigen und täglich, sowohl an Werk- als an Feiertagen, die Tagzeiten von der heiligen Jungfrau Maria beten sollen.

"Die Schwestern sollen täglich aus Ehrerbietung gegen meine Mutter, die Jungfrau Maria, feierlich die Tagzeiten derselben singen, mit drei Lesungen an Feiertagen sowohl als an Werktagen. Alle Tage, nachdem das Zeichen zur Vesper gegeben worden, sollen die Schwestern zusammenkommen, und zuerst der rechte Chor ein Ave Maria lesen, sich vor dem anderen Chore tief neigen und sprechen: Verzeihet uns um Gottes und seiner liebreichsten Mutter Maria willen, wenn wir euch mit Worten, Werken, Zeichen oder Winken beleidigt haben. Wir verzeihen, wenn in euch irgend einige Schuld wider uns ist, dieselbe gar gern. Der andere Chor soll sich auf ähnliche Weise verneigen, lesen und um Verzeihung bitten, und also sollen sie zur Vesper gehen. Am Ende aller Tagzeiten Seiten-Icon 11 sollen sie die Antiphon Ave Maria samt der Kollekte in folgender Weise singen: Allmächtiger, ewiger Gott, der Du Dich herabgelassen hast, für uns von der keuschesten Jungfrau geboren zu werden, laß uns, wir bitten Dich, Dir mit keuschem Leibe dienen und mit demütigem Herzen gefallen! Ein anderes Gebet an die Jungfrau: Wir bitten Dich auch, liebreichste Jungfrau Maria, Du Königin der Welt und der Engel, daß Du denen, welche das Fegfeuer läutert, eine Erquickung, den Sündern Verzeihung, den Gerechten Beharrlichkeit im Guten erwirken wollest. Beschütze auch uns Gebrechliche vor den drohenden Gefahren durch Christum, unseren Herrn! - Auch an allen Fest- und Werktagen soll durch die Schwestern bei der Messe zu Ehren meiner Mutter gesungen werden, und an jeglichem Samstage werden die Schwestern nach der Messe meiner Mutter ein Salve Regina singen."

Kapitel VI.

Christus setzt fest, wie und zu welchen Stunden die Klosterfrauen Stillschweigen beobachten sollen.

"Um den Ernst des Schweigens zu erhalten, soll von der ersten Frühe an bis nach Absingung der Messe meiner Mutter niemand etwas zu reden erlaubt sein. Nachdem diese Messe beendet worden, soll an gebührenden Orten zwischen den Tagzeiten, bis der Tischsegen gelesen wird, Erlaubnis gegeben werden, über geistliche Erholung, Beobachtung des Ordens und andere notwendige Sachen zu reden. Leichtfertige und müßige Worte sollen allezeit gänzlich gemieden werden. Wenn sodann die Danksagung in der Kirche gelesen worden, können die Schwestern, bis die Vesper beginnt, miteinander reden. Dann soll, bis das Gratias nach dem Abendessen in der Kirche gelesen worden, das Stillschweigen sorgfältig beobachtet werden. Für die kleine Zwischenzeit zwischen dem Gratias und der Kollation ist die Erlaubnis gegeben, zu sprechen. Sobald die Kollation begonnen, soll mit allem Eifer dem Stillschweigen obgelegen werden, bis am folgenden Tage die gesungene Messe von meiner glorwürdigen Mutter beendigt ist. Auch soll man wissen, wie zu allem erwähnten Stillschweigen die Schwestern ganz allgemein ver- Seiten-Icon 12 bunden werden, diejenigen ausgenommen, welche zu solchen Verrichtungen verordnet sind, die ohne Sprechen nicht vollzogen werden können. Denn alles muß auf vernünftige Weise geschehen, damit die Gelegenheit zum Bösen abgeschnitten werde."

Kapitel VII.

Christus verbietet, daß keine weltliche oder geistliche Person, die Klausur der Klosterfrauen betreten, auch mit denselben nur in den bestimmten Zeiten reden darf.

"Da jegliche Gelegenheit zu irgend einer Not oder Bitte entfernt ist, so soll kein Weltlicher, weder Mann noch Frau, kein Ordens- noch ein anderer Geistlicher die Klausur der Klosterfrauen betreten. Es wird ihnen auch die Unterredung mit allen, ausgenommen zu gewissen Zeiten, untersagt."

Kapitel VIII.

Christus bestimmt, an welchen Tagen und wie die Klosterfrauen am Gitter mit weltlichen Personen sprechen mögen.

"Zu nachstehender Zeit mögen die Klosterfrauen mit Weltleuten reden, nämlich von der Non bis zur Vesper, und zwar nur an den Sonntagen und großen Festen der Heiligen; doch sollen sie nicht herausgehen, sondern an den dazu bestimmten Fenstern sitzen, denn niemand wird nach seinem Eintritte aus der Klausur herauszugehen gestattet. Begehrt etwa eine, sich den Eltern oder lieben, ehrbaren Freunden zu zeigen, so kann das Fenster geöffnet werden. Wenn sie aber das Fenster nicht öffnet, wird ihr für die Zukunft ein desto reichlicherer Lohn versprochen."

Kapitel IX.

Christus ordnet Zeit und Art der Fasten unter den Klosterfrauen an.

"Im Advent sollen alle bei Fastenspeisen bis an meinen Geburtstag fasten. Am Freitage vor dem Sonntage Quadragesimä Seiten-Icon 13 sollen sie anfangen, bei Fastenspeisen bis zum Osterfeste zu fasten. Vom Freitage nächst meiner Himmelfahrt bis zum Pfingstfeste sollen sie bei Fischen und Milchspeisen fasten. Vom Feste der Kreuzeserhöhung werden sie bis zum Feste des heiligen Michael bei Fischen und Milchspeisen fasten. Vom Feste Allerheiligen bis zum Advent werden sie bei Fischen und Milchspeisen fasten. An folgenden Tagen sollen sie bei Brot und Wasser fasten: nämlich vor den vier Festtagen meiner Mutter Maria, der Reinigung, Verkündigung, Assumption und Geburt; an allen Apostelvorabenden (mit der Ausnahme, daß, wo zwei Apostel in einem Feste zusammen begriffen werden, z. B. Petrus und Paulus, Philippus und Jakobus, Simon und Judas, das eintägige Fasten für beide gilt); am Tage Johannis vor der Porta latina; Johannis des Täufers und des seligen Erzengels Michael, Allerheiligen, am Karfreitage und am Vortage meines Fronleichnamsfestes. An diesen Tagen sollen alle bei Brot und Wasser fasten. Doch soll man wissen, daß von allen Fasten die Kranken und Alten auszunehmen sind. Auch mit denen soll man Nachsicht haben, an denen man erkennt, daß sie für die Verrichtung ihrer Obliegenheiten wirklich zu schwach werden, wenn sie fasten. Zu den übrigen Zeiten des ganzen Jahres sollen sie in jeder Woche viermal Fleisch essen, nämlich am Sonntage, am Montage, Dienstage und Donnerstage. An diesen Tagen sollen sie zu Nacht Fische und Milchspeisen genießen. Am Mittwoch aber werden sie sich des Fleisches sowohl beim Mittags- als beim Abendessen enthalten. Es wird jedoch an diesem Tage erlaubt sein, von den Fischen und Milchspeisen zu genießen. An den Freitagen des ganzen Jahres werden sie in Fastenspeisen fasten. Außerdem sollen sie an allen anderen Fasttagen nach den Satungen der Kirche fasten."

Kapitel X.

Christus ordnet Zeit und Weise für die Prüfung und Ausnahme der Klosterfrauen in den Orden an.

"Wenn eine gebeten hat, in den Orden aufgenommen zu werden, soll sie nie vor Ablauf eines Jahres aufgenommen, sondern ihr zuvörderst gesagt werden: Komm' nach drei Monaten wieder zu Seiten-Icon 14 uns, inzwischen wollen wir uns Deinetwegen bedenken. Kommt sie zur festgesetzten Zeit wieder, so soll die Äbtissin bei ihr nachforschen, welches Verlangen sie bei der Bitte um Aufnahme in den Orden leitet, und welche Bande sie an die Welt fesseln. Wenn ihre Gründe und ihr Vorsatz vernommen worden, soll man ihr sagen: Tochter! unter dem Anscheine des Guten liegt zuweilen der Strick der Täuschung verborgen und wegen Nichtbeachtung der Zukunft werden viele betrogen. Komm' daher über etliche Monate wieder und zeige uns Dein Begehren, ob es auf gutem Grunde beharrt. Kommt sie nun wieder und demütigt sie sich wie zuvor, so soll man ihr die Strenge und Härte des Ordens zeigen, und wie sie die Welt verachten und die Verwandten vergessen müsse. Hat sie das alles zu halten versprochen, so soll am Ende des Jahres die ganze Versammlung ihre Zustimmung zu ihrer Aufnahme erklären. Ist sie eine solche Person, daß hinsichtlich ihres Lebens kein Bedenken stattfindet, so können alle schon anfangs ihrer Postulation ihre Zustimmung erklären; allein sie darf vor einem Jahre durchaus nicht zum Eintritte, zur Gelübdeablegung und zum Tragen des Klostergewandes zugelassen werden. Und alsdann sollen am Ende des Jahres, wenn sie angenommen wird, beide Teile auf das Probejahr verzichten, das in den Klöstern anderer Orden beobachtet zu werden pflegt. Nachdem nun also die Verwilligung des Eintrittes erlangt worden, soll zum Bischofe der Diöcese geschickt und derselbe zu kommen gebeten werden, um sie einzuweihen. Kommt nun dieser Bischof oder auch ein anderer mit seiner oder eines anderen, der die gewöhnliche Gerichtsbarkeit in dem Sprengel ausübt, gegebenen Erlaubnis, so soll er sich an die Kirchenthüre begeben zu der Person, welche in den Orden eintreten will und dort wartet. Vor der Thüre soll der Bischof sie fragen und sprechen: Bist Du frei und von jeglichem Bande der Kirche ledig, namentlich von der Ehe, von Gelübden, vom Banne? Wenn sie antwortet: Wahrhaftig, ich bin frei! so soll der Bischof weiter fragen: Treibt Dich etwa Scham oder Schmerz über weltliche Widerwärtigkeit in den Orden? Oder nötigt Dich etwa die Menge Deiner nicht bezahlten Schulden? Antwortet sie: Weder dergleichen Scham noch Schmerz treibt mich hierzu, sondern die brennende Liebe zu Christo, und alle meine Schulden habe ich nach meinem Vermögen bereits bezahlt; dann Seiten-Icon 15 soll der Bischof weiter sprechen: Begehrst Du den Eintritt in diesen Orden im Namen Jesu Christi und zur Ehre seiner heiligsten Mutter, der Jungfrau Maria? Spricht sie: Ja! so mag sie der Bischof in die Kirche hineinführen und sprechen:Sehet, nun tritt sie würdig ein in diesen Orden. Wenn sie nun hineingeht in die Kirche, so soll vor ihr eine rote Fahne hergetragen werden, auf deren einer Seite das Bild meines leidenden Leibes gemalt sein muß, und auf der anderen das Bild meiner Mutter, damit die neue Braut, wenn sie das Zeichen des neuen Bräutigams, welcher am Leibe gelitten hat, anschaut, Geduld und Armut lerne, und wenn sie die jungfräuliche Mutter anblickt, Keuschheit und Demut. Nachdem sie nun in die Kirche eingeführt worden, soll sie sich neben die Kirchenthüre stellen, der Bischof aber auf die andere Seite, nicht weit von ihr, hintreten und ihren Ring weihen. Nachdem zwei Fackeln angezündet worden, welche brennend vor der Fahne hergetragen werden und so lange brennen müssen, als die Messe gefeiert wird, soll der Bischof dieses Gebet sprechen: Allmächtiger ewiger Gott! welcher Du Dir heute in Barmherzigkeit und Mitleid eine neue Braut verlobt hast, segne diesen Ring, daß, wie Deine Dienerin das Zeichen einer neuen Braut äußerlich an den Händen trägt, also sie auch verdiene, inwendig Deinen Glauben und Deine Liebe zu tragen. Im Namen des Vaters u."

Kapitel XI.

Christus giebt die Weise der Einweihung, der Einsegnung und Einführung der Nonnen in das Kloster an.

"Danach, wenn der Ring gesegnet worden, soll der Bischof an die Dienerin Gottes herantreten und sprechen: Du sollst Gott und mir an seiner Statt versprechen, daß Du Deinen geistlichen Vorgesetzten gehorchen, auch diese Regel nach Deinen Kräften bis an Deines Lebens halten willst. Verspricht sie, dieses thun zu wollen, so soll der Bischof hinzufügen: Mit solcher Meinung sollst Du Deinem Gott Treue gewähren und geloben, daß Du nichts wie Deinen Gott lieben wollest, und Du sollst in ihn willigen mit ganzem Verlangen. Darauf soll sie antworten: Ich willige mit Seiten-Icon 16 ganzem Herzen und mit ganzem Gemüte in meinen Gott, und biete mich ihm in aller Einfalt des Herzens dar. Dann soll ihr der Bischof wieder antworten: und ich, an Gottes und seines eingeborenen Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi Statt, willige in Dich. Dann soll er folgendes Gebet lesen: Jesus Christus, der wahre Gott und wahre Mensch, der sich herabgelassen, in den Schoß der Jungfrau niederzusteigen, werde in Deiner Seele fest, und Du in ihm. Im Namen des Vaters u. s. w. Dann soll er den Ring an den Finger ihrer rechten Hand stecken und sprechen: Ich weihe Dich zu einer Braut Gottes und zu seinem immerwährenden Besitze. Im Namen des Vaters. Nach diesem soll der Bischof an den Altar treten und die Messe von der heiligen Dreieinigkeit zu singen anfangen; die Dienerin Gottes wird inzwischen unten neben der Sakristei stehen. Wenn aber das Offertorium beginnt, soll sie hervor- und an den Altar hinantreten, opfern und sogleich an ihren Ort zurückgehen. Wenn aber das Offertorium gesprochen worden, sollen ihre Kleider, welche die Regel zu tragen befiehlt, und welche schon zubereitet sind, aus dem Kloster zu dem Bischofe vor den Altar getragen werden. Er hat dieselben zu segnen und folgendes Gebet zu sprechen: Herr Jesus Christus, der Du den Tod der Sünder nicht willst, sondern Buße begehrst, wir bitten Deine Güte, Du wollest diese Kleider, welche zum Zeichen ihrer Demut und Buße diese Deine Dienerin zu tragen Willens ist, zu segnen Dich herablassen, damit sie, nachdem sie die Eitelkeit dieser Welt verlassen, verdienen möge, Dich mittels der wahren Demut anzuziehen. Im Namen des Vaters u. s. w. Nachdem die Kleider geweiht worden, soll der Geistlichen einer die Dienerin Gottes vor den Bischof zu dem Altare rufen; sie soll auf entblößten Füßen nahen, die äußeren Gewänder vor dem Altare abthun, und nur in einem Rocke bleiben, um das geweihte Kleid zu empfangen. Sie soll dann durch den Bischof mit dem durch die Regel vorgeschriebenen Rocke bekleidet werden, und der Bischof hierauf folgendes Gebet sprechen: Der allmächtige Gott gebe Dir wahre Buße in Dein Gewissen, und vollkommene Reue in Dein Herz. Im Namen des Vaters u. s. w. Dann soll sie ihre Füße mit Bundschuhen verwahren und der Bischof dieses Gebet sprechen: Unser Herr Jesus Christus gebe Deinen Füßen einen rechten Gang, und gewähre Seiten-Icon 17 Dir, nun so auf dem Wege des Heils einherzugehen, daß Du nimmer wieder in die Sünde willigst, er schenke Dir auch eine wahre Besserung von den begangenen Sünden, und eine Sicherung gegen künftige. im Namen des Vaters u. s. w. Bei Anlegung der Kutte soll der Bischof dieses Gebet sprechen: Der Herr Jesus Christus, die Hoffnung aller Christen, gebe Dir Hoffnung und Vertrauen in Dein Gemüt, damit Du also auf Gottes Barmherzigkeit hoffen mögest, daß Du seine Gerechtigkeit nicht vergessest, und seine Strenge also fürchtest, daß Du seine Liebe und Güte nicht vernachlässigst. Im Namen des Vaters u. s. w. Beim Umthun des Mantels spreche er folgendes Gebet: Der Herr, der allmächtige Gott, der Anfang des wahren Glaubens, stärke und befestige Deine Seele im wahren Glauben, und gebe Dir zu glauben, was geglaubt werden muß, auch im guten Beginnen bis an das Ende des Lebens zu verharren. Im Namen des Vaters u. s. w. Darauf soll der Mantel mit einem hölzernen Knopfe zugeknöpft werden, und der Bischof dieses Gebet sprechen: Unser Herr Jesus Christus, welcher wegen der übergroßen Liebe, womit er uns geliebt, an das Holz des Kreuzes geheftet und zum bittersten Tode verdammt worden ist, möge Deine Seele mit dem Andenken seines Leidens anheften und durchbohren, damit Deine Liebe allein zu Gott brenne und das Feuer der göttlichen Liebe Dich umfange, und Dir in seinem gesegneten Arme, worin alle Heiligen ruhen, Ruhe gebe. Im Namen des Vaters u. s. w. Hernach wird sie selbst ihr Haupt mit der Binde verhüllen, der Bischof eine Nadel hineinstecken und folgendes Gebet sprechen: Unser Herr Jesus gewähre Deiner Seele Schatten und Erquickung, daß nichts Schädliches ihr nachteilig zu sein vermag. Im Namen des Vaters u. s. w. Nach Auflegung des Schleiers soll der Bischof dieses Gebet sprechen: Unser Herr Jesus Christus gebe Deinem Verstande geistliches Licht und Weisheit, damit alles Irdische und was Deiner Seele schädlich ist, vor Deinen Augen tot sei; der Weg, welcher hinaufführt zum Himmlischen, möge vor Deiner Seele erleuchtet werden, auf daß Du ihn, welcher Dich erwählte, zu erkennen vermögest. Im Namen des Vaters u. s. w. Nachdem dies beendigt, soll die Dienerin Gottes an den Ort zurückkehren, wo sie vorher stand, und der Bischof seine Messe vollenden. Wenn er zu dem Teile gelangt ist, Seiten-Icon 18 wo er bei einer Brautmesse sich umzuwenden und Braut und Bräutigam zu segnen pflegt, soll sich auch der Bischof umwenden und nachdem ein Geistlicher die Dienerin Gottes vor den Altar gerufen hat, setze er ihr die Krone über den Schleier und spreche das Gebet: Unser Herr Jesus Christus befestige in Dir sein Zeichen, das ich Dir auf Dein Haupt lege, und leite Deinen Willen in allem, was Du jetzt gelobt hast, daß Du fest und standhaft seiest; er lasse Dich nach seinem gütigen Willen mit der Freudenkrone gekrönt werden, damit Deine Seele mit demjenigen, welcher in drei Personen Ein Gott ist, auf unzertrennliche Weise vereinigt werden möge. Im Namen des Vaters u. s. w. Alsdann soll der Bischof die Nadel in die Krone stecken und folgendes Gebet sprechen: Jesus Christus durchsteche mit seiner Liebe Dein Herz und Deine Seele, auf daß dieselbe sich vor keinen Stacheln der Versuchung fürchten möge. Im Namen des Vaters u. s. w. Nachdem dieses beendet, kehrt die Dienerin Gottes bis zur Beendigung der Messe auf ihren früheren Standort zurück. Nach Beendigung derselben soll einer der Geistlichen sie vor den Altar rufen und sprechen: Tritt, o Braut Christi, heran an den Altar Christi. Sie soll nun hervortreten und sich demütig niederlegen auf ihr Antlitz. Der Bischof soll samt seinen Geistlichen mit gebeugten Knieen die Litanei lesen, und alle Geistlichen für die Dienerin Gottes bitten. Nachdem die Litanei beendet worden, soll der Bischof sich erheben und an die niedergestreckt liegende Dienerin Gottes herantreten und die Absolution von den Sünden über sie sprechen. Nach empfangener Absolution soll sie aufstehen und meinen Leib genießen. Nachdem sie denselben empfangen, sollen vier Schwestern aus der Thüre, durch welche die Dienerin Gottes eingehen soll, eilig hervorkommen, und die Totenbahre, welche mit daraufgelegter Erde vor dem Beginne der Messe vor der Thüre hat hingesetzt werden müssen, in das Kloster hineintragen. Sodann soll der Bischof an dieselbe Thüre gehen, die Dienerin Gottes ihm mit zwei Fackeln folgen, und die Geistlichen sollen den Hymnus: Veni creator Spiritus singen. Der Bischof wird sie der mit dem Konvente an der Thüre wartenden Äbtissin übergeben, wobei er folgende Worte an die Äbtissin richtet: Siehe, vor Gott und allen Heiligen und dem Antlitze der heiligen Kirche empfehle ich die Seele dieser Braut Gottes in die Hände Deiner Seiten-Icon 19 Hut. Fällt sie durch Deine Vernachlässigung, so wird sie Dein Bräutigam Jesus Christus von Dir fordern. Bewahre und bewache also die Hinterlage Gottes, auf daß, wenn Rechenschaft gefordert wird, Du dieselbe heiliger wiedergeben mögest, als Du sie empfangen hast. Die Äbtissin hat ihm zu antworten: Ein großer Schatz ist das, theuerster Vater! und eine schwere Mühe. Meine Kräfte reichen auch dazu nicht aus. Allein von Deinen Gebeten unterstützt, und im Vertrauen auf Gottes Hilfe, werde ich thun, was Du befiehlst. Die Dienerin Gottes wird alsbald hineingeführt, die Thüre geschlossen und jene sofort ins Kapitel geführt. Acht Tage hindurch soll sie nun von der Disciplin noch frei sein und unten im Chore stehen. Nachdem aber acht Tage vollendet worden, wird sie gleich den übrigen zur Befolgung der Ordensregel angehalten, und hinter die letzte im Chore und am Tische gesetzt."

Kapitel XII.

Christus bestimmt hier die Zahl der Klosterfrauen, Priester, Diakonen, sowie der Laien, welche dem gedachten Kloster dienen. Er erteilt Anordnungen über ihre Wohnung und den Chor, wo sie, sowohl Männer als Weiber, sitzen und stehen sollen.

"Die Schwestern sollen sechzig und nicht mehr sein. Dieselben sollen Geistliche haben, welche täglich, wie es in den Kathedralkirchen der Länder, in denen Klöster dieser Art sind, üblich ist, die Tagesmesse lesen und die Tagzeiten singen sollen. Vom Kloster der Schwestern sind sie gänzlich ausgeschlossen, und sollen eine Hofstatt für sich haben, in welcher sie wohnen werden, und sollen sie aus derselben einen Eingang in die Kirche und den unteren Chor haben. Der Chor der Schwestern soll oben unter dem Dache sein, so jedoch, daß sie die Ausspendung der Sakramente sehen und die Tagzeiten hören können. Der Priester werden, nach der Zahl der dreizehn Apostel, dreizehn sein, deren dreizehnter, Paulus, nicht die wenigste Mühe ausgehalten hat. Sodann vier Diakonen, welche auch, wenn sie wollen, Priester sein können; diese sollen darstellen die vier vorzüglichsten Kirchenlehrer, Ambrosius, Augustinus, Gregorius und Hieronymus. Dann acht Laien, welche durch ihre Arbeiten den Seiten-Icon 20 Geistlichen ihren Lebensunterhalt verschaffen werden. Rechnet man nun die sechzig Schwestern, die dreizehn Priester, vier Diakonen und ihre acht Diener zusammen, so wird die Anzahl aller Personen so groß sein, wie die der dreizehn Apostel und der zweiundsiebzig Jünger."

Kapitel XIII.

Christus bestimmt hier die Zahl der Priester, Diakonen und Laien, welche dem gedachten Frauenkloster dienen sollen, desgleichen die Kleidung, welche sie zu tragen haben, auch die Weise, wie sie zu segnen und zu weihen sind.

"Alle Priester und die Brüder können zwei weiße Unterröcke von grobem Tuche, und einen Rock von grobem, grauen Wollentuche haben; ferner eine Kutte von grauem, groben Wollentuche, an welche eine Kapuze genäht sein muß, und über die Kutte einen Mantel von grobem, grauen, wollenen Tuche. Sie mögen auch einen Pelz oder Futter von Lammfellen unter dem Mantel tragen, wenn solches nötig sein sollte. Die dreizehn Priester sollen aus Ehrfurcht vor meinem Leiden auf der linken Seite ihrer Mäntel ein Kreuz von rotem Tuche aufgenäht tragen, und in der Mitte des Kreuzes ein Fleckchen weißen Tuches um des Geheimnisses meines Leibes willen, welcher täglich geopfert wird. Die vier Diakonen aber werden auf ihren Mänteln einen weißen Ring wegen der unbegreiflichen Weisheit der vier Lehrer tragen, deren Abbild sie darstellen. Auf diesen Ring sind vier rote Stücklein nach Art von Zungen anzunähen, weil der heilige Geist sie über die Vortrefflichkeit der Gottheit, über das Geheimnis meiner Menschwerdung, über die Eitelkeit und Verachtung der Welt, die Belohnung der Gerechten und Bestrafung der Bösen erleuchtet hat. Die Laienbrüder sollen auf ihren Mänteln wegen der Unschuld ein weißes Kreuz tragen. Auf diesem Kreuze sollen zu Ehren meiner fünf Wunden fünf rote Flecke sein. Die Priester und Brüder aber sollen im Sommer Schuhe bis an die Knöchel und Hosen tragen, im Winter mit grobem Tuche gefütterte Fußbekleidung und Hosen. Zu wissen ist, daß dieser Brüder niemals mehr, als fünfundzwanzig im Kloster sein können. Dieselben sollen auf die nämliche Weise, an denselben Orten und mit denselben Seiten-Icon 21 Segnungen durch den Bischof aufgenommen werden, wie die Schwestern, mit Ausnahme dessen, daß der Bischof statt des Ringes die Brüder bei den Händen nehmen soll, und zwar mit dem Segen, unter welchem den Schwestern der Ring angesteckt wird. Statt des Schleiers soll der Bischof ihnen die Hände mit denselben Worten auf das Haupt legen, mit denen den Schwestern der Schleier umgethan wird. Statt der Krone soll mit dem Segen ein Kreuz gemacht werden, unter welchem die Krone aufgesetzt wird. Auch eine Tonsur sollen die Priester wie in anderen Klöstern haben. Nach der Messe soll der Bischof sie in die Wohnung der Brüder bringen, aus welchem sie nirgends andershin, als in die Kirche gehen dürfen."

Kapitel XIV.

Christus ordnet hier an, wie die Äbtissin erwählt werden soll, und wie sie hernach mit dem Konvente einen von jenen priesterlichen Brüdern zum Beichtvater erwählen soll, welcher allgemeiner Beichtiger sowohl der Klosterfrauen, als der Brüder des gedachten Klosters sein soll.

"Die Äbtissin soll auf den Rat des Bischofs von dem Konvente gewählt werden. Dieselbe soll zu Ehren der seligsten Jungfrau, meiner Mutter, welcher dieser Orden gewidmet worden, das Haupt und die Gebieterin sein, weil die Jungfrau, deren Stelle die Äbtissin auf Erden vertritt, nach meiner Himmelfahrt das Oberhaupt und die Königin meiner Apostel und Jünger gewesen ist. Die Äbtissin soll auch einen von den dreizehn Priestern nach Übereinkunft mit dem gesammten Vereine der Brüder und Schwestern zum Beichtvater für alle erwählen, und der Bischof denselben einsetzen und bestätigen. Nachdem ihm vom Bischofe die volle Gewalt übertragen worden, zu binden und zu lösen, zu strafen und zu bessern, sollen ihm alle Priester und Brüder, wie die Schwestern der Äbtissin, in allen Stücken gehorsam sein, und durchaus nichts, auch nicht das mindeste, ohne seinen Befehl thun. Dieser Beichtvater soll wider das Urteil der Brüder und zum Nachteile der Erhaltung des Ordens ohne Rat der Äbtissin durchaus nichts thun und muß diese, weil sie des Klosters Haupt ist, bei Ordnung der Geschäfte und Güter des Klosters zu Rate gezogen werden." Seiten-Icon 22

Kapitel XV.

Christus befiehlt hier, daß die Brüder und Priester des Klosters ausschließlich dem Gebete und der Lesung obliegen, auch an bestimmten Tagen den Klosterfrauen in ihrer Muttersprache das Evangelium predigen sollen.

"Die dreizehn Priester aber sollen nur dem Gottesdienste, dem Studieren und dem Gebete obliegen, und sich auf keine anderen Geschäfte und Amtirungen einlassen, Sie sind verpflichtet, an jedem Sonntage das Evangelium dieses Tages bei der Messe selbst, so daß alle es hören, in der Muttersprache auszulegen. Auch sollen sie an allen Festtagen, an deren Vorabenden oder Vorfesten sie bei Brot und Wasser fasten sollen, was auch bei allen übrigen Festen, welche einen Vorabend haben, zu geschehen hat, öffentlich predigen."

Kapitel XVI.

Christus ordnet hier die Zeiten zu den Beichten für die Brüder und Schwestern an; auch, daß der Generalbeichtiger sich etliche Brüder und Priester zu Gehilfen im Beichthören erwählen kann.

"Dem Generalbeichtiger sollen auch wenigstens dreimal im Jahre die Gewissen aller Schwestern, Priester und Brüder durch die Beicht eröffnet werden und weil aller Gewissen im Jahre mehrmals durch die Beicht gereinigt werden müssen, soll es dem Generalbeichtiger erlaubt sein, aus den dreizehn Priestern so viele er will, zum Beichthören auszuwählen, welche an jedem Tage für einen jeden, der beichten will, bereit sein müssen."

Kapitel XVII.

Christus bestimmt, an welchen Tagen im Jahre sowohl die Klosterfrauen, als die Brüder kommunizieren sollen.

"An allen Festtagen, an deren Vorabenden oder Vorfesten bei Brot und Wasser gefastet wird, und am Tage der Einsetzung meines Seiten-Icon 23 Abendmahles, am Ostertage, dem Tage meiner Auferstehung, an Pfingsten und meiner Geburt werden alle kommunizieren. Einige Klosterfrauen aber, denen Gott eine größere Andacht eingegeben, können, wenn sie mit feurigem Verlangen darum bitten, mit dem Rate ihres Beichtvaters, an jedem Samstage kommunizieren."

Kapitel XVIII.

Christus befiehlt, daß alle Donnerstage durch die Äbtissin Kapitel gehalten werden soll, und verordnet hier die Buße, welche den Klosterfrauen, den kranken sowohl als den gesunden, sowie auch den sterbenden, welche wider ihr Gelübde etwas Eigenes haben, aufzulegen ist.

"An jedem Donnerstage soll ein Kapitel abgehalten werden, worin auch, wenn eine gefehlt, die Bestrafung stattfinden mag. Die Schwester, welche krank befunden wird, und eingesteht, daß sie etwas Eigenes besitze, soll zwar von dem Beichtvater losgesprochen werden, aber sie soll, wenn sie die Gesundheit wieder erlangt hat, die auferlegte Buße aushalten und verrichten. Wenn jedoch eine, die gesund ist, dabei betroffen wird, daß sie etwas Eigenes habe, aber selbst es nicht angezeigt hat, soll sie, wenn drei Zeugen sie überführt haben, auf dem Fußboden sitzen, und zwar am Tage des Kapitels gleich den übrigen Schwestern ihre Spende, am Freitag aber nur Wasser und Brot erhalten. Au diesen beiden Tagen darf sie nicht in die Kirche gehen, und soll während der Stunden, in denen der Gottesdienst gefeiert wird, im Kreuzgange bleiben, auch mit keiner Schwester etwas reden, vielmehr allen, welche aus der Kirche herausgehen, sich zu Füßen werfen. Wenn aber am Freitag die Vesper vorüber ist, soll die Äbtissin, welche dem Konvente folgt, sobald sie zu der am Boden Liegenden gekommen, dieselbe aufrichten, ihr die Hand reichen, und sie vor den Altar der Schwestern im Chore führen, wobei der Konvent folgt und für sie betet. Nachdem sie hier die Absolution empfangen, soll sie in ihre Ordnung zurücktreten. Wenn aber eine stirbt, welche etwas Eigenes besitzt, hat jedoch nicht gebeichtet, so soll ihr Körper gewaschen, auf die Totenbahre gelegt und vor die Kirchenthüre getragen werden, und die Äbtissin soll in Gegenwart des Seiten-Icon 24 Konventes, so daß dieser es hört, sagen: Diese hat, vom bösen Geiste betrogen, durch ein Eigentum sich schwer gegen Gott und den Orden versündigt; wir wollen also für sie beten, daß Gott ihr diese Sünde verzeihe, weil er barmherzig ist. Nachdem alle nun das Ave Maria gesprochen, soll sie absolviert werden. Alsdann soll ihr Leichnam mitten in den Chor der Schwestern gesetzt, und am Ende der Messe von den Schwestern an die Kirchenthüre getragen werden. Nachdem diese geöffnet worden, sollen die Brüder hineingehen, den Leichnam hinaustragen und in üblicher Weise beerdigen."

Kapitel XIX.

Christus verbietet hier den Klosterfrauen, irgendwelche Geschenke anzunehmen und der Äbtissin, Erlaubnis zum Annehmen zu erteilen; er will auch nicht, daß sie selbst sich mit dieser Sünde beflecke, oder sich vor anderen durch ein kostbares Kleid auszeichne.

"Wenn eine Klosterfrau von ihren Verwandten oder Freunden irgend welche Geschenke erhält, sollen dieselben um des Gelübdes und der heiligen Profeß willen durchaus nicht angenommen werden. Aber auch die Äbtissin soll, selbst wenn sie von Verwandten von auch noch so hoher Würde angegangen wird, zur Annahme von irgend etwas als Eigentum die Erlaubnis nicht gewähren. Denn wie durch einen Funken sich das Feuer verbreitet, so kommt das Verderben durch das Eigentum, welches die in den Klöstern so löbliche Einheit vernichtet und die gemeinsame Gleichheit aufhebt. Die Äbtissin soll sich daher auch sorgfältig in acht nehmen, daß sie sich ihrer Gewalt nicht mit zu großer Freiheit bediene und an dieser Sünde keinen Gefallen habe, noch vor den übrigen durch Kleidung ausgezeichnet erscheine, weil sie, je mehr sie anderen vorgesetzt ist, desto sorgfältiger die Vorschriften der Regel befolgen soll." Seiten-Icon 25

Kapitel XX.

Christus verordnet, wie Kirche und Kloster vollständig ausgebaut und immer die ausreichende Zahl von Klosterfrauen und Priestern zur Verrichtung des Gottesdienstes vorhanden sein soll, bevor im Kloster ein Konvent errichtet wird. Er trifft auch Verordnung wegen der Aussteuer und Darbringung, welche den neuaufzunehmenden Nonnen an das Kloster obliegt, auch wegen der Weise, dieselbe zu verwenden; ingleichen wegen der Rechenschaft, welche jährlich von den in diesem Jahre gemachten Ausgaben abgelegt, und wie das Einkommen, welches übrig ist, unter die Armen verteilt werden soll. Er ordnet auch eine sorgfältige Art an, um zu unterscheiden, ob jene Almosen gut oder übel erworben worden, welche ihnen gespendet werden, bevor die Äbtissin und der Konvent dieselben von den Darbringern annehmen.

"Zuerst sind die Kirche und das Kloster der Schwestern und der Priesterhof an ihren Stellen, die oben angegeben worden, zu errichten, und erst hernach soll der Konvent eingeführt werden. Wenn dieselben etwa in kurzer Zeit nicht vollständig ausgebaut werden könnten, soll man sich doch durchaus hüten, den Konvent zuvor einzusetzen, ehe sie soweit vollendet worden, daß man sie ohne Beunruhigung und Furcht bewohnen kann. Es sollen auch zuerst nicht weniger Schwestern eingeführt werden, als zum Absingen der Tagzeiten ausreichen; auch keine geringere Anzahl von Priestern, als vermögend sind, täglich zur rechten Zeit ihr Offizium zu singen. Alsdann aber soll man sie ins Kloster einsetzen, und nachher so viele andere Personen, bis die vorgenannte Zahl der Schwestern und Brüder vollzählig ist. Bei Neustiftung eines Klosters soll eine jede der Personen beim Eintritte in den Orden soviel Einkünfte an Geld mit hineinbringen und der Machtvollkommenheit der Äbtissin unterwerfen, als in einem Jahre, dasselbe mag fruchtbar oder unfruchtbar sein, für Brot und Trank ausreichen. Von dem Gelde aber, das vom Volke im Königreiche freiwillig zusammengebracht wird, soll die Äbtissin ihnen allen die notwendigen Lebensmittel und Kleider beschaffen. Wenn sodann die Zahl der ersten Personen eines neugestifteten Klosters erfüllt und für eine jede derselben für eine auf alle Jahre ausreichende Darreichung an Brot und Trank gesorgt ist, sollen weder von den folgenden, welche nach- Seiten-Icon 26 mals in den Orden treten, noch von anderen Personen dem Kloster liegende Güter oder Renten zugewendet werden. Wenn im Kloster eine Person gestorben ist, soll für sie noch der obbeschriebenen Ordnung eine andere angenommen werden, die Kleider der verstorbenen Person aber, zugleich mit dem täglichen Anteil von Speise und Trank, sollen, bis eine andere an ihre Stelle getreten sein wird, an die Armen verteilt werden. Vor dem Feste Allerheiligen soll man alljährlich die Lebensmittel und andere Bedürfnisse des folgenden Jahres überschlagen und voraus berechnen, und alles, was alsdann von den Lebensmitteln oder dem Gelde des dann bevorstehenden Jahres übrig bleibt, soll am folgenden Tage, d. h. am Tage des Gedächtnisses aller Seelen, an die Dürftigen gespendet, aber mit Rücksicht hierauf darf das Kloster mit keinerlei Gastfreundschaft beschwert werden. Man soll auch wissen, daß, wenn bisweilen die Lebensmittel für das folgende Jahr nicht auszureichen scheinen, dann vom Gelde und den Lebensmitteln des laufenden Jahres dem folgenden so viel hinzugefügt werden sollen, als notwendig, mehr aber nicht, wenn anders die Äbtissin ihrer Seelen Gefahr vermeiden will. Und danach soll alles, was übrig geblieben sein wird, an die Dürftigen verteilt werden. So oft nun neue Kleider in Gebrauch genommen werden, sollen die alten an die Armen abgegeben werden. Die Äbtissin soll auch wissen, daß, wenn sie mehr Häuser, als es die Notwendigkeit für die Inwohner erfordert, oder auch prächtige Häuser erbauen läßt, ihr solches als eine eben so schwere Sünde angerechnet werden soll, als wenn sie meinen Armen die eigene Nahrung und die Kleider mit Gewalt geraubt hätte.

Wenn ferner jemand seinen Sohn oder seine Tochter dem Kloster darbringen möchte, soll er dem Kloster auch allezeit etwas als Almosen opfern; aber keine liegenden Gründe oder Renten, so lange für eine jede Person eine Pfründe an Brot und Trank aus den schon früher gegebenen Gütern vorhanden ist, sondern nur damit sie nicht leer erscheinen vor dem Angesichte ihres Gottes, soll etwas dargebracht werden. Diese Darbringung soll aber keine gezwungene, auch keine vom Konvente vorgeschriebene sein, sondern im Willen und Belieben des Darbringenden stehen, so daß, was er geben kann und will, mit Danksagung angenommen werden möge. Die Personen aber, welche ganz arm sind, sollen unentgeltlich auf- Seiten-Icon 27 genommen werden. Alles ferner, was auf diese Art geopfert worden, soll keineswegs zum Nutzen des Klosters verwendet, sondern an Arme und an dürftige Kirchen verteilt werden, wofern nicht etwa das Kloster von einer unvermeidlichen Not gedrängt wird. Außerdem soll, wenn dem Konvente von irgend wem etwas angeboten wird, die Gabe derjenigen Personen ausgenommen, welche den Orden und das Kloster zuerst gründeten und nicht leer eintreten durften, solches durchaus nicht angenommen werden. Wird aber der Konvent, von einer unerträglichen Not beschwert, Opfer anzunehmen genötigt, dann soll man umsichtig achtgeben und sorgfältig forschen, ob nicht das Geopferte etwa von übel Erworbenem herrührt, und nachdem darüber beratschlagt worden, soll die Äbtissin dem Geber sagen: Es ist uns verboten, etwas anzunehmen, was nicht als gewiß und wohl gewonnen zu erkennen ist. Ich bitte Dich, komm' an dem und dem Tage wieder, und nachdem Du Deine Darbringung sorgfältig geprüft, biete sie Deinem Gott vor Zeugen an. Kommt er nun mit Zeugen wieder, so soll man seine Gabe annehmen, und der Konvent wird für ihn beten und er unter dessen Wohlthäter gerechnet werden. Wenn es aber zweifelhaft ist, ob sie übel oder gut erworben und die Meinung des Konventes geteilt ist, dann soll die Gabe durchaus nicht angenommen werden, welch dringende Not auch obwalten mag. Doch soll sein Wille dem Konvente bekannt gemacht werden, und alle sollen seiner Liebe halber für ihn beten. Denjenigen aber, welche aus feurigem Verlangen etwas anbieten, wenn der Konvent dessen nicht bedarf, soll vom Konvente gesagt werden: Wir nehmen zwar Deine Gaben gern an und versammeln Dich in unsere Liebe; weil wir aber dieser Gaben persönlich nicht bedürfen, so raten wir Dir und bitten demütig, daß Du diese Gaben an unserer Statt und in unserem Namen an die Armen oder an die Kirchen verteilen wollest, welche wir Dir nennen. Und wenn er dieses verheißen und gethan, soll seine Bitte erhört werden." Seiten-Icon 28

Kapitel XXI.

Christus verordnet und setzt die Anzahl der Altäre, der Ornamente und Bücher fest, welche zur Verrichtung der göttlichen Ämter in der Kirche und dem Kloster vorhanden sein sollen.

"Zu wissen sei, wie dreizehn Altäre vorhanden sein sollen. Jeder Altar wird sich mit einem Kelche begnügen. Der Hauptaltar aber soll zwei Kelche haben, mit zwei paar Kannen und zwei paar Leuchtern, auch ein Kreuz und drei Rauchfässer, von denen eines täglich, zwei aber an Festtagen gebraucht werden sollen; auch eine Büchse zur Aufbewahrung meines Leibes. Außerdem soll man sich durchaus hüten, daß das Kloster mehr an Silber oder Gold besitze, denn man soll nicht Silber oder Gold oder Edelsteine, sondern meine Gnade mit stetem Fleiße, andächtigem Gebete und göttlichem Lobe sich als Schatz ansammeln. Es soll auch erlaubt sein, die Reliquien der Heiligen mit Gold, Silber oder Edelsteinen nach ihrem Maße, ohne allen Überfluß einzufassen. Auch die Bücher, welche zur Verrichtung des göttlichen Amtes notwendig sind, soll man haben, mehr aber durchaus nicht. Solcher Bücher jedoch, aus denen man lernen und studieren mag, sollen sie haben, soviel sie wollen. Außerdem soll sich jeder Altar wegen der Feier- und Werktage mit zwei Ornaten oder Paramenten begnügen. Mehr soll man von allen vorbeschriebenen Sachen im eigenen Besitze niemals haben."

Kapitel XXII.

Christus giebt hier Vorschriften über das Alter, welches die Klosterfrauen und Brüder haben sollen, sowie über die Zeit der Prüfung und Einweihung, bevor sie in den Orden aufgenommen werden.

"Keine der Schwestern soll vor dem achtzehnten Jahre ihres Alters jemals in diesen Orden aufgenommen werden und vor der Einweihung, wenn auch alle dareinwilligen sollten, in das Kloster nicht eintreten dürfen, auch von den Geistlichen oder Brüdern soll Seiten-Icon 29 keiner vor dem fünfundzwanzigsten Jahre seines Alters Profeß machen."

Kapitel XXIII.

Christus verordnet hier, daß außer der Zeit des Gebetes, der geistlichen Lesung und der Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse die ganze übrige Zeit in frommer und ehrbarer Arbeit von den Klosterfrauen und Brüdern nützlich verwendet werden solle.

"Meine Mutter hat ihre ganze Zeit in drei Zeiten eingeteilt: Eine, worin sie Gott mit ihrem Munde lobte; die zweite, worin sie ihm mit ihren Händen diente; die dritte, wo sie mit ihres Leibes Schwäche Mitleid hatte und demselben seinen mäßigen Lebensunterhalt reichte. Also sollen die Schwestern immer, wenn sie dem Gottesdienste oder der Lesung nicht beiwohnen, zu geeigneter Zeit eine Handarbeit verrichten, so daß, wie sie mir mit dem Munde, so auch mit ihren übrigen Gliedern dienen. Und diese Arbeit soll nicht zu einiger Eitelkeit der Welt sein, auch nicht zu einigem eigenen Gewinne, sondern wie die Arbeit meiner Mutter zu Gottes Ehre und der Kirchen und Armen Nutzen. Alle ihre Arbeiten sollen sie aber mit Erlaubnis der Äbtissin thun. Bin ich selber, der Gott aller Dinge, in der Welt ohne Arbeit gewesen? Habe ich nicht gearbeitet durch Gehen, Lehren, Leiden? Sind etwa meine Apostel ohne Arbeit gewesen, denen doch wohl ich alles hätte zur Genüge geben können? Aber sie haben mir, ihrem Gotte, mit allen ihren Gliedern gedient, und damit sie durch die leibliche Arbeit desto geschickter sein möchten zur geistlichen Arbeit."

Kapitel XXIV.

Christus befiehlt, daß das Maß der Speisen mit Bescheidenheit, sowohl bei Adeligen als Nichtadeligen, bemessen und verteilt werden soll.

"Meine Heiligen haben ihren Leib nicht darum gepeinigt, weil sie denselben haßten, sondern damit sie ihn zähmten zum Dienste ihres Gottes, zu dem er erschaffen war. Auch nicht deshalb, weil Seiten-Icon 30 sie glaubten, sie wären durch seine Peinigung ohne mein Erbarmen für mein Reich würdig. Denn wenn auch der Mensch seinen Leib hundertmal tötete, so würde er doch durch seine Verdienste nicht würdig sein, mit mir das Reich zu besitzen, wenn ich mit meiner Gerechtigkeit wider ihn vorginge. Deshalb ist mir das lieb und angenehm, daß der Mensch mit seinem Leibe solche Nachsicht habe, wie mit einem schwachen Lasttiere, auf daß er in meinem Dienste bestehen möge; nicht damit er üppig werde, oder sich in Vergnügen auflöse, sondern der Notwendigkeit mit Bescheidenheit nachgebe, und wie die schwache Natur es fordert. Wie es nun schwer ist, daß alle Maß halten, und damit sie größere Gelegenheit zum Guten haben mögen, soll allen ein gleiches Maß zugeteilt werden, dem Adeligen wie dem Nichtadeligen, dem Armen wie dem Reichen; seine Kraft kennt derjenige, welcher durch Versuchung an sich selber die Schwächen kennen gelernt hat, denn das Maß lernt man durch Prüfung; durch Geduld und Bescheidenheit wird es vollbracht."

Kapitel XXV.

Christus trifft über die Art und Weise der Fenster oder Gitter Anordnung, und erklärt, daß die Klosterfrauen zur Zeit der Beicht daselbst mögen gehört, aber nicht gesehen werden dürfen. Er redet auch von dem Schalter und der Art und Weise, die dabei beobachtet werden soll. Auch verbietet er, daß irgend ein Beichtvater oder ein anderer Mann in das Kloster der Nonnen eintreten dürfe; ausgenommen, wenn einer Kranken die Sakramente zu reichen sind, oder eine Gestorbene zum Begräbnis herausgetragen werden muß.

"Die Schwestern sollen ihre Beichten an den Fenstern dergestalt eingerichtet ablegen, daß man sie zwar hören, aber nicht sehen kann. Kommunizieren jedoch sollen sie an Fenstern, wo sie gleichermaßen gehört und gesehen werden können. Wenn sie aber über Dinge, welche vom Leibe oder der Seele vorteilhaft sind, mit dem Beichtvater oder einem der Priester reden möchten, sollen sie an anderen Fenstern sitzen, wo sie auch gehört, aber nicht gesehen werden können. Es soll auch in einer Wand eine Drehlade angebracht sein, durch welche man das Notwendige annimmt und herausgiebt. Keine der Schwestern soll aber hier etwas ohne Wissen Seiten-Icon 31 oder Erlaubnis der Äbtissin hinausgeben. Man soll sich hier und an jedem anderen Orte in acht nehmen, daß, mit Ausnahme der Beichten, welche an den dazu bestimmten Fenstern gehört werden, keine Schwester ohne Beisein etlicher Schwestern, welche alle Worte gleich ihr selbst zu hören vermögen, mit jemand, um ihn zu hören oder mit ihm zu sprechen, allein gefunden werde. Es soll auch verboten sein, daß ein Beichtvater oder einer von den Priestern oder Brüdern in das Kloster hineingehe, außer, wenn den Kranken die Sakramente zu spenden sind. Alsdann soll der Beichtvater hineingehen, aber in keiner Weise allein, sondern es müssen ihn einige begleiten. Wenn jedoch eine Schwester gestorben ist, mögen alle Priester und Brüder samt dem Beichtvater hineingehen, und unter Gesang und Gebeten den Leichnam zum Begräbnisse hinauszutragen."

Kapitel XXVI.

Christus verordnet, daß der Diöcesanbischof der Vater und Visitator des Klosters dieses Ordens, der Fürst des Reiches oder Landes aber dessen Schirmherr sein soll, der Papst jedoch der liebreiche Vormund, ohne dessen Erlaubnis kein Kloster dieses Ordens gegründet werden darf. Er sagt auch, daß einige fromme Brüder von der Regel des seligen Benedikt oder seligen Bernhard zu dieser Regel einige Kapitel in Bezug auf die Bestrafung von Ausschreitungen, auf die Vornahme von Visitationen und anderes hinzusetzen sollen, was sie für diese Regel als notwendig und nützlich erkennen.

"Der Bischof, in dessen Sprengel ein Kloster belegen, wird sowohl der Schwestern als der Brüder Vater und Visitator sein, ebenso Richter in allen Sachen und Fällen, welche die Schwestern und Brüder berühren. Er soll endlich auch fortwährend sorgfältige und fleißig darauf sehen, ob die Regel in allen Stücken beobachtet wird, damit es sich nicht begeben möge, daß die heilsamen Satzungen derselben von etlichen unter den Schwestern oder Brüdern gering geachtet werden. Der Fürst des Reiches oder Landes, in welchem sich ein Kloster befindet, wird sie vertreten und in allen Nöten ihr Schirmherr sein. Der Papst aber soll über beiden, dem Bischofe wie dem Fürsten, als ihr liebreicher Vormund stehen, wenn sie Seiten-Icon 32 seine Hilfe verlangen und einige Not sie drängt. Wer immer ein Kloster dieses Ordens errichten will, soll sich dessen ohne Willen oder Erlaubnis des Papstes nicht unterfangen. Wenn demnächst diese Regel durch den Papst bestätigt sein wird, soll man einige fromme Brüder von den Regeln Benedikts oder Bernhards suchen, welche diese Regel mit Zusätzen versehen werden, wie Ausschreitungen im Kloster zu heilen sind, und wie die Toten begraben werden sollen, auch, wie der Bischof visitieren wird, und in welchen Fällen derselbe ins Kloster zu kommen hat. Auch alles sonst Notwendige, das in diesen Worten nicht mit aufgeführt worden, soll zur Stärkung dieser Regel aus den oben erwähnten Regeln herübergenommen werden."

Kapitel XXVII.

Christus befiehlt, daß im Kloster beständig ein Grab offen erhalten werden soll, an welchem täglich ein Gebet zu sprechen ist. Auch soll vor dem Eingange zur Kirche eine Totenbahre stehen, um das Andenken an den Tod im Herzen eingeprägt zu behalten.

"Es soll auch im Kloster an einem schicklichen Orte Tag für Tag ein offenes Grab instandgehalten werden, wohin an jedem Feier-, und Werktage die Schwestern nach der Terz gehen werden. Die Äbtissin soll mit zwei Fingern ein wenig Erde hinwerfen, und sie müssen dabei den Psalm De profundis beten, samt einer Kollekte folgender Art: Herr, heiliger Vater! der Du den Leib, den Du Deinem Sohne aus der Jungfrau Maria gegeben, unversehrt im Grabe bewahrt, unverwest auferweckt hast, bewahre, wir bitten Dich, unsere Leiber rein und unbefleckt in Deinem heiligsten Dienste, und richte unseren Weg zu dieser Zeit, daß, wenn der große und schreckliche Tag des Gerichtes gekommen sein wird, unter Deinen Heiligen auch unsere Seelen auferweckt werden, und sich mit Dir ewig freuen, auch Deinen Auserwählten hinzugesellt zu werden verdienen mögen. Im Namen des Vaters u. s. w.

Es soll auch eine Totenbahre, auf welche ein wenig Erde zu legen, dicht vor den Eingang zur Kirche hingestellt werden, wo sie von den Hineingehenden beständig gesehen werden kann, so daß die- Seiten-Icon 33 jenigen, welche sie erblicken, das Gedächtnis ihres Todes im Herzen haben und in ihrem Innern lesen mögen, daß sie Erde sind und zur Erde zurückkehren."

Kapitel XXVIII.

Christus redet mit seiner Braut, der seligen Brigitta, und legt ihr das vor dem Anfange der Regel befindliche Kapitel aus, das von den verwüsteten Weinbergen handelt. Er sagt, seine verwüsteten Weinberge sind die Orden. in welchen die Regeln nicht beobachtet werden, und verspricht denjenigen Religiosen Hilfe und Gunst, welche sich bemühen, dieselben, soviel sie vermögen, zu beobachten und zu verbessern.

"Unter den verwüsteten Weinbergen, von denen ich gesprochen, bevor Du die Regel vernahmst, verstehe ich die Regeln, welche jetzt nicht mehr gehalten werden, wie meine Freunde unter Eingebung des Geistes der Wahrheit dieselben angegeben haben, denn man ist um der Schlemmerei und Weltlust willen vom rechten Wege abgewichen. Nun rufen meine Freunde, welche diesen Regeln angehören und solche Abwege ihrer Brüder erkennen, aber für sich selbst dieses zu bessern außer stande sind, in großer Herzensangst Tag und Nacht unter Thränen zu mir, und fordern, daß diejenigen, welche sich nicht bessern wollen, schnell ausgestoßen, diejenigen aber, welche sich bessern wollen, fruchtbar in guten Werken gemacht werden mögen. Ich, der ich der Erforscher aller Herzen und der Hörer aller Worte bin, wenn ich einige gefunden haben werde, welche sich bemühen, die Verirrung ihres Klosters zu verbessern, auch ihre Regel in allen den Stücken zu halten und die Vorschriften zu demütiger, der Regel entsprechender Kleidung, zu schuldigen Entbehrungen, zur Vermeidung des Eigentums, zur Beobachtung der Keuschheit und wahren Demut, sowie zu allen guten Gewohnheiten. zu beobachten, - so werde ich ihnen helfen und sie mit meiner Liebe umgeben, wie einen Weinberg seine Mauern zu umgeben pflegen; ich werde ihnen auch Gnade verleihen, damit sie sich gern mit dem notwendigen Lebensunterhalt zufrieden geben, allen Überfluß verachten, wodurch der Maulwurf getötet wird, der die Wurzeln abnagt, d. h. die teuflische Eingebung, welche durch böse Begierden die guten Seiten-Icon 34 Neigungen wegzuschneiden begehrt. Auch die Wächter werden aufwachen, d. h. die Gewissen derer, welche auf das Heil ihrer Seelen nicht achtgeben, werden erwachen und sich selber unaufhörlich beschauen. Außerdem werde ich sie fett machen mit der Süßigkeit meines Geistes, welcher sie stärken wird, mir zu dienen, der ich sie erschaffen und mit meinem kostbaren Blute erlöst habe."

Kapitel XXIX.

Frau Brigitta, die Braut Christi, erzählt hier die wunderbare Weise, wie die gedachte Regel dieses Ordens durch den gebenedeiten Mund Christi einem Augenblicke gegeben worden ist.

"Gott, der Schöpfer aller Dinge, hat mit seinem gesegneten Munde alle Worte dieser Regel so wunderbar und in so kurzer Zeit mir unwürdigen Person zukommen lassen, daß ich es keinem Menschen genugsam zu erzählen vermag. Auch ist es niemand möglich, es ohne körperliches Gleichnis zu begreifen, wie in ganz kurzer Zeit so viele Worte vorgebracht und begriffen werden konnten. Man denke sich eine Menge verschiedener kostbarer Gegenstände, welche zu gleicher Zeit und auf einmal aus einem Gefäße ausgeschüttet würden, und es würde jemand, der es mit ansähe, alle diese Gegenstände in einem Momente so wahrnehmen, so daß er jeden Gegenstand zu unterscheiden vermöchte, und es würden dieselben so lange vor ihm liegen bleiben, bis er jeden für sich in einem Gefäße gesammelt hätte; - auf ähnliche Weise waren, sobald Christus, welcher mir erschienen war, seine gesegneten Lippen geöffnet und zu reden angefangen hatte, sogleich in kürzester Frist alle Artikel dieser Regel samt allen Worten, die darin begriffen sind, vor mir wahrnehmbar, aber nicht auf Papier geschrieben. Auf welche Weise solches war, weiß der allein, von dem sie auf eine so wundervolle Weise vernommen worden. Durch seine wunderbare Kraft konnten sie gefaßt und ein jegliches vom anderen von meinem Verstande unterschieden werden. Ich verweilte endlich so lange in jener Vision, bis ich alles in den Schoß meines Gedächtnisses, unter Mitwirkung von Christi Gnade, gesammelt hatte. Nach diesem Gesichte aber war mein Herz mit solcher Inbrunst und solchem Jubel angefüllt, daß Seiten-Icon 35 es mehr zu fassen nicht imstande gewesen, sondern wenn ich länger leben sollte, alsdann vor Freuden gebrochen wäre; es war einige Tage hindurch wie eine mit einem Winde stark gefüllte Blase, bis ich alle Artikel der Regel und alle darin enthaltenen Worte einem frommen Manne, einem Freunde Gottes erzählte, welcher alles möglichst schnell niederschrieb. Nachdem dies vollständig aufgezeichnet worden, fühlten mein Herz und mein Leib sich allmählich in ihren natürlichen Zustand zurückkehren. Lob und Ehre sei dem allmächtigen Gotte!"

Kapitel XXX.

Christus befiehlt der Braut, daß die vorgemeldete Regel dem Herrn Papste zur Bestätigung überreicht werde, und gebietet dem Papste, daß er dieselbe bestätigen solle.

Hierauf vergingen mehrere Jahre. Nach denselben ward dieselbe Person, indem die Kräfte ihres wachenden Leibes gleichsam wieder zu sich selber kamen, und durch einen großen Trost sich gestärkt fanden, in eine geistliche Vision verzückt. Und sofort redete eine Stimme zu ihr und sprach: "Ich bin der Sohn des lebendigen Gottes. Die Regel, welche Du vernommen hast, muß durch meinen Statthalter, welcher in der Welt Papst genannt wird, bestätigt werden, weil er an meiner Statt die Gewalt hat, zu binden und zu lösen und mir vor meinem ganzen himmlischen Heere wird Rechenschaft geben müssen. Ich bin derselbe, welcher nach der Schrift, als Moses nach meinem Namen fragte, ihm antwortete und sprach: Ich bin, der ich bin. (Exodus III.) Danach habe ich, als es mir gefiel, den menschlichen Leib von der Jungfrau angenommen. Ich habe auch mit leiblichem Munde in der Welt geredet und bezeugt, wie ich nicht gekommen sei, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen. (Matth. V.) Also sage ich auch jetzt, daß diese Regel, welche Du im Geiste vernommen, von keines Menschen Verstande eingegeben worden, aber doch durch den Papst, wie andere Regeln, welche zuvor aus Eingebung desselben Geistes durch einen menschlichen Verstand gemacht worden sind, bestätigt werden muß. Wenn sodann die Regel bestätigt worden, soll der Papst Seiten-Icon 36 denen, die sie anfangen wollen, verstatten, Personen aus anderen Orden, welche ihre Regel mit göttlicher Liebe festgehalten, in diese Regel mit aufzunehmen und diese versprechen zu lassen, bis zum Tode bei ihr zu verharren; jedoch sollen sie mehr nicht, als ihnen gefallen wird, noch auch andere, als die sie ihrer Genossenschaft zugesellen wollen, annehmen. Außerdem soll der Papst zulassen, daß an dem Orte, der Dir, als Du die Regel hörtest, gezeigt worden, ein Kloster erbaut werde; denn dort soll diese Regel zuerst ihren Anfang nehmen. Gleicherweise soll er auch den Schwestern Erlaubnis geben, täglich die Tagzeiten meiner Mutter abzusingen, welche durch denselben Geist, wie auch die Regel vollendet worden sind." Als ich dieses hörte, antwortete ich: O Du unkörperliche Macht! Wie groß ist Deine Demut, Du Vollbringer aller Tugenden, und die Tugend selber, ein allmächtiger Gott in drei Personen. Ich glaube alles, was die heilige Kirche zu glauben befiehlt. Ich weiß auch aufs Gewisseste, wie niemand so unwürdig ist, daß ihm Deine Barmherzigkeit versagt wird, wenn er mit wahrer Demut und vollkommenen Willen, die begangenen Sünden zu bessern, Barmherzigkeit von Dir begehrt. Darum habe ich aus Deiner Gnade den Willen, Deinen Willen zu thun, so lange ich lebe, dessen sei Du Zeuge. Du weißt, wofern es möglich wäre, daß Dir daraus eine größere Freude, ein größerer Trost erwüchse, wenn ich meinem Leibe nach alle Krankheiten, Ärgernisse, Schmerzen, Armut und alle Trübsale und auch noch an meiner Seele die ewigen Strafen ertrüge, ich diese Widerwärtigkeiten lieber auf mich nehmen würde, als eine ewige Seligkeit an Leib und Seele zu besitzen, wenn dadurch Dein Trost geringer werden möchte. O Herr Gott, der Du mich erschaffen und mit Deinem kostbaren Blute erlöst hast, wenn Du siehest, daß ich in diesen dreien: dem Glauben, der Liebe, der Hoffnung, einigen Mangel habe, so wollest Du wegen Deiner großen Gnade demselben abhelfen. Du bist in meines Herzens innerstem Blute und in meiner Seele der Innerste. Und obwohl ich eine Person bin, welche der Heimsuchung und Tröstung durch Deinen gesegneten Geist nicht würdig ist, so befehle ich mich doch dem Schutze Deiner großen Macht gänzlich, daß Du mit mir thun mögest, was Dir beliebt. Und obwohl Du Aller Gedanken siehest, so redet doch auf Befehl meiner Seele meine Zunge zu Dir. Seiten-Icon 37 O würdigster Herr, mein Jesus Christus! ich unwürdigste Person bin unter Deinen getreuen Dienern wie die kleinste Ameise unter mächtigen Kamelen, welche große Lasten zu ihres Herrn Vorteil und Ehre tragen. Und wie wird der Papst glauben können, daß Du, der Gott und Herr aller Dinge, an einer solchen Ameise solche Dinge zu thun Dich herablässest? Oder wie wird diese Regel vor sein Antlitz kommen?

Kapitel XXXI.

Christus redet mit der Braut und sagt ihr, sie solle dahin arbeiten, daß die gedachte Regel durch den Herrn Papst bestätigt werde; er verspricht Gnade und Hilfe allen denen, welche in diesen Orden treten, auch Mehrung des Friedens und Eintracht in dem Lande, wo ein Kloster dieses Ordens errichtet sein wird.

Darauf antwortete die Stimme, welche früher geredet hatte, und sprach: "Ich bin ohne Anfang und ohne Ende und habe alles nach meinem Willen geordnet, und alles, wie es mir gefiel, gemacht. Wenn daher einer fragen möchte, warum ich nicht den Himmel und die Erde und was darinnen ist, früher erschaffen, so müßte man antworten: Weil es also mein Wille gewesen ist. Ähnlicherweise muß man, wenn gefragt würde, weshalb ich diese Regel nicht früher gegeben, oder deren Bestätigung nicht früher gewollt habe, antworten: Weil ich also gewollt habe. Sagt nicht die Schrift: Der Geist weht, wo er will? (Joh. III.) Und so verhält es sich in der That. Denn er weht auf verschiedene Weise, wo und wann er will. Nach demselben folgt solcher Trost, daß das ganze Herz mit plötzlicher Freude erfüllt wird, wie sie von keinerlei weltlichen oder leiblichen Dingen dem Herzen zugeführt wird, sondern nur durch die Gnade des alsdann wehenden Geistes. Wenn also der Papst dergleichen Dinge in seinem Herzen empfindet, sobald er diese Regel sich vorlesen hört, dann kann er erkennen, woher die Regel gekommen ist, wie wirklich auch viele meiner Freunde, Geistliche sowohl wie Laien, deren Herzen ich mit meiner Liebe erleuchtet habe, ohne Zweifel glauben, daß sie von mir gekommen, und erkennen, was ich an Dir gethan, der ich alles er- Seiten-Icon 38 schaffen und den Menschen aus der Hölle befreit habe. Und wenn vielleicht einige beim Papste sind, welche dieses zu glauben nicht vermöchten, dann werden drei Zeugen kommen, welche in demselben Königreiche mit Dir geboren worden, welche von Dir wissen und vollkommen verstehen, was mit Dir geschehen ist, nämlich ein Bischof, ein Priester und ein Mönch. Diese alle drei kennst Du. Der Papst soll auch beachten, daß, wenn jemand so viel Geld besäße, daß er durch Verteilung an andere eine Minderung desselben bemerkte, es doch nicht billig wäre, wenn er denjenigen nichts wollte zukommen lassen, welche davon nur zur Ehre Gottes und dem Heile der Seelen etwas verlangen würden. Unter diesem Gelde verstehe ich die Macht, welche der Papst an meiner Statt hat, diese Regel zu bestätigen. Ich, der ich gesagt habe: Ich bin ein guter Hirt (Joh. X.), ich selber will alle diejenigen, welche diese Regel annehmen, vor allen ihren Todfeinden erhalten. Und in jedem Königreiche, Lande oder Staate, worin mit Erlaubnis meines Statthalters Klöster dieser Regel errichtet worden, nachdem das Kloster vollendet ist, das ich zuerst angeordnet, werden Friede und Eintracht sich mehren. Du, dem die Regel gegeben worden, bestrebe Dich, soviel Du vermagst, daß dieselbe vor den Papst gelangt. Ich bin jetzt eben derselbe, der ich gewesen, als ich meinen Jüngern befohlen, in die Stadt zu gehen und mir einen Esel zu holen, obwohl ich füglich vermocht hätte, daß der Esel sogleich vor mir gestanden wäre. Ebenso würde ich das auch jetzt vermögen, daß die Regel in einem Angenblicke vor den Papst käme, und derselbe solche sofort bestätigte. Allein das ist die Gerechtigkeit, daß für eine größere geistliche Mühe des Leibes ein größerer Lohn der Seele vergolten werde. Arbeite also Du und wirke mit, soviel Du vermagst; ich aber werde es vollenden, wenn es mir gefallen wird." Seiten-Icon 39

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