Weckruf - Wegruf
Mit dem Propheten Amos auf dem Weg
Begleitheft zum Amos-Prozess
Mittwoch, 15. Juli (Amos 9,3-4)
Wohin?
Manfred Rieger liest den Lesungstext
Dies war der Lesungstext für den Gottesdienst am 17. Juli.
Wieso? Weshalb? Warum? ...
Überall steht man am Ende dem göttlichen Gerichtsherr gegenüber. Auch im Meer, welches in den Mythen und manchmal auch im Alten Testament die Chaosmacht verkörpert, entrinnt man Gott nicht. In Vers 4 wird nicht ein selbstgewählter Fluchtweg genannnt, sondern ein erzwungener Marsch "vor ihren Feinden her" in die Gefangenschaft. Doch auch dort erreicht sie das Schwert, das sie tötet. Das Ende ist nicht weniger als der Tod. Das Exil wäre demgegenüber noch so etwas wie Rettung. In 4b wird das Fazit der Vision und des ganzen Visionenzyklus gezogen: Der Blick Jahwes steht im Mittelpunkt. Einst hat er drohend auf die Ägypter, die Unterdrücker Israels, geblickt und sie in die Katastrophe geführt. Über Israel hat Jahwes Auge bisher stets wohlwollend gewacht. In der Landnahme und Landsicherung hat das Volk das erfahren und erwartete den rettenden Beistand des Bundesgottes (Exodus (=2. Buch Mose) 14,24) auch weiterhin. Jetzt aber richtet er sein Unheil bringendes Auge gegen sein eigenes Volk und vernichtet es. Dies muss Amos Israel in seiner letzten Vision vermitteln: eine Schau von Jahwe, die erschreckend ist.
Jahwe hat als Kriegersherr seine Zielsetzung vollständig verändert. Sein Blick liegt nicht mehr "zum Guten" sondern "zum Bösen" auf Israel. Israel geht nicht an der Abwesenheit Jahwes zugrunde, sondern an seiner Anwesenheit. Dieser Krieg gegen Israel wird von Amos damit begründet, dass die Verantwortlichen im Jahwevolk Krieg führen gegen Arme und Schwache, also gegen die Enterbten im Erbland Jahwes (Jeremia 2,7), das Israel als Erbbesitz (Exodus (=2. Buch Mose) 23,30) gegeben ist. Ihr Schicksal ist es, das Jahwe zu dieser äußersten Reaktion veranlasst.
Vor- und nachgedacht...
Wohin könnte ich fliehen vor Deinem Geist,
wohin mich vor Deinem Angesicht flüchten?
Steige ich hinauf in den Himmel,
so bist Du dort;
bette ich mich in der Unterwelt,
bist Du zugegen.
Nehme ich die Flügel des Morgenrots
und lasse mich nieder am äußersten Meer,
auch dort wird Deine Hand mich ergreifen
und Deine Rechte mich fassen.
Würde ich sagen:
"Finsternis soll mich bedecken,
statt Licht soll Nacht mich umgeben",
auch die Finsternis wäre für Dich nicht finster,
die Nacht würde leuchten wie der Tag,
die Finsternis wäre wie Licht.
Psalm 139,7-12
Foto: Ursula Groß