Weckruf - Wegruf

Mit dem Propheten Amos auf dem Weg


Unsere Verantwortung in der einen Welt - Ein Abend mit den Schwerpunkten Peru und Bolivien

Weckruf am Dienstag, 20. April 2010, in St. Paul

Wir begannen - wie üblich - mit dem Gottesdienst in der Pauluskirche. Lena Köhler und die DPSG-Bruchsal hatten die inhaltliche Vorbereitung übernommen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Gruppe "Neues Geistliches Lied". Hier die entscheidenden Texte des Abends:

Ansprache von Bernhard Köhler in der Pauluskirche:

Im OkEin Abend mit den Schwerpunkten Peru und Bolivien tober 1492 notiert ein gewisser Cristóbal Colón, bei uns besser bekannt unter dem Namen Christoph Kolumbus, in seinem Tagebuch: "Die Inseln, die ich sah, waren wahrhaftig überaus schön, grün, belaubt und fruchtbar. Der Gesang der Vögel ist derart, dass man diesen Ort niemals verlassen möchte. Bäume findet man in tausend verschiedenen Arten, voll mit Früchten. Und sie durchdringen das Ganze mit wohlriechendem Duft, dass es wahrhaftig ein Vergnügen ist."

Kolumbus schildert ein Pardies, das er soeben entdeckt hat. Aber ein paar Sätze weiter fährt er fort: "Ich sage, die ganze Christenheit wird Geschäfte machen können. Von hier aus könnte man, im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit, ebenso viele Sklaven zum Versand bringen wie Brasilholz."

So kam es dann auch. Natur wurde zur Ware, der Mensch wurde zum Sklaven. Dies ist die Sichtweise, die die Nachfahren des Kolumbus, die Kolonial- und Industrienationen, auf die ganze Welt übertragen haben. Wer nicht Angehöriger dieser Industriekultur ist, wird als unterentwickelt und hilfsbedürftig deklariert. Und damals wie heute werden die als unterentwickelt Etikettierten nicht gefragt, was sie von ihren sogenannten "Entwicklungshelfern" halten. Die zur Minenarbeit verurteilten, zur Sklavenarbeit gezwungenen und bei Widerstand zu Tausenden abgeschlachteten Indios haben damals den Reichtum der europäischen Banken erzeugt und jene Akkumulation von Kapital ermöglicht, die Europa zu dem gemacht hat, was es heute noch ist.

Und heute? Es hat sich bis heute nichts geändert. Seit fünf Jahrhunderten ist der Reichtum Südamerikas ein Fluch für seine Einwohner, die immer noch zu den Ärmsten der Armen gehören. Und immer noch sind es hauptsächlich europäische und US-amerikanische Konzerne, die in ihrer Gier nach den heiß begehrten Rohstoffen den Kontinent plündern ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt, die ganze Regenwälder abholzen und Palmöl und Soja für die zahlungskräftigen Märkte des Norden produzieren, während die einheimische Bevölkerung buchstäblich vor dem eigenen, reich gedeckten Tisch verhungert.

Die in den letzten Jahrzehnten zunehmende wirtschaftliche Verschlechterung hat zu einer starken Landflucht und zu explosionsartig anwachsenden Großstädten geführt. Aber die Hoffnung der Menschen auf ein besseres Leben wird in den Städten nur selten erfüllt, im Gegenteil. In Bolivien und Peru sind vier Fünftel der Bevölkerung ohne feste Arbeit, über die Hälfte lebt in Armut, ein Fünftel muss gar mit weniger als 1 € pro Tag auskommen. Der tägliche Existenzkampf, das Gefühl des Versagens, die existentiellen Bedürfnisse der Familie nicht befriedigen zu können, führen häufig zu Gewalt und Alkoholmissbrauch durch die Eltern und schließlich zum Auseinanderbrechen der Familie. Die Folgen tragen hauptsächlich die Kinder und Jugendlichen, die zahlenmäßig die stärkste Gruppe der Bevölkerung darstellen (über die Hälfte aller Bolivianer und Peruaner sind jünger als 18 Jahre!). Schätzungen zufolge leben in Südamerika Millionen von ihnen dauerhaft auf der Straße, unter unbeschreiblichen Bedingungen und ohne die notwendige Hilfe, die Heranwachsenden in diesem Alter eigentlich zusteht.

Südamerika ist weit weg, mögen Sie vielleicht sagen. Aber unsere europäische Art zu leben hat auch ihren Anteil an den Verhältnissn dort. Es ist und bleibt unsere Aufgabe, dies wahrzunehmen und auf eine Veränderung hinzuarbeiten. Eine Gesellschaft, die ihre Kinder weder schützt noch fördert, die teilweise tatenlos zusieht, wenn Unrecht geschieht, darf sich nicht wundern über die menschliche Kälte, die sich ausbreitet. Das gilt für Südamerika, und das gilt auch für Deutschland. Gerechtigkeit ist unteilbar. Die Sorge um das Wohl der Kinder und Jugendlichen ist kein Geschenk der Erwachsenen, sondern deren Pflicht. Jedes Einzelnen.

Bernhard Köhler

Lena Köhler und Maren Petermann: Oración del Niño de la calle - Gebet des Straßenjungen

¡Hola Señor!
soy un niño de la calle,
¿te acuerdas de mi?
Ya no tengo rostro, ni nombre,
¡lo heperdido todo; no valgo nada!
¿No sé si sabes
que te busco diarimanete,
pero tú me escondes tu rostro.

Hallo Herr!
Ich bin ein Straßenjunge,
erinnerst du dich an mich?
Jetzt habe ich weder ein Gesicht noch einen Namen,
ich habe alles verloren, ich bedeute nichts!
Ich weiß nicht ob du weißt,
dass ich dich tagtäglich suche,
aber du versteckst dich vor mir.

Señor Tú dijiste que soy más importante
que las aves del campo que alimentas,
pero estoy aquí, hambriendo de pan y de amor.
Me dijiste que me vestirías
como los lirios del campo,
pero sigo desnudo y con frío en los portales.

Herr, du sagtest, ich sei wichtiger,
als die Vögel der Natur, die du ernährst,
aber ich bin hier, hungrig nach Brot und nach Liebe.
Du sagstest mir, dass du mich kleiden wirst,
wie die Lilien auf dem Feld,
aber ich bin immer noch nackt und friere.

Mis heridas siguen sin curar, infectadas,
mientras la enfermera las ignora;
sobre todo las heridas del corazón,
que son profundas... por falta de
amor y de perdón.

Meine Wunden heilen nicht, sind immer noch infiziert,
während die Krankenschwester sie ignoriert;
besonders die Wunden des Herzens,
welche tief sitzen, weil es an Liebe und Vergebung mangelt.

Yo buscaba al Buen Pastor,
para ponerme entre sus brazos
y contarle mis penas y dolores,
pero "mi aspecto" asustó a tus pastores.
Tú dijiste Señor: "Pidan y se les dará,
llamen y se les abriría".

Ich suchte den guten Pfarrer,
um mich in seine Arme zu legen
und ihm meinen Kummer und Schmerz zu erzählen,
aber "mein Aussehen" erschreckt deine Geistlichen.
Herr, du sagtest "Bittet und sie werden euch geben,
ruft und sie werden euch öffnen".

Yo pido y la gente se da la vuelta;
llamo a las puertas
y todavía no se abren.
¡Hasta las puertas de la escuela
están cerradas para mí!

Ich bitte und die Menschen drehen sich weg;
Ich rufe an den Türen
und sie öffnen noch immer nicht.
Sogar die Türen der Schulen
bleiben für mich geschlossen.

Cuando estoy tumbado por la noche,
en mi cama improvisada de cartones,
procurando olvidar mis penas,
tus palabras retumban en mis oídos:
"Vengan a mí todos los que están
cansados y agobiados
y Yo les daré descanso",
pero... mi descanso, nunca llega.

Nachts, wenn ich liege,
in meinem improvisierten Bett aus Kartons,
und versuche, meinen Kummer zu vergessen,
dröhnen deine Worte in meinen Ohren:
"Kommt zu mir, alle Müden und Erschöpften
und ich werde euch Ruhe geben",
aber... meine Ruhe finde ich nicht.

Señor, Tú dijiste:
"Dejen que los niños vengan a mí,
no se lo impidan", sin embargo Señor:
la violencia, la esclavitud, el tráfico,
el abuso sexual y la explotación de los
niños a corta edad... nos impiden.

Herr, du sagtest:
"Lasst die Kinder zu mir kommen,
haltet sie nicht auf!" und trotzdem Herr,
die Gewalt, die Sklaverei, der Handel,
der sexuelle Missbrauch und die hohe Anzahl der
Kinder mit einer geringen Lebenserwartung halten uns auf.

Gritabas Señor: ¡Talita Kumi!
niño, niña, levántete.
¿Cómo hacerlo Señor,
si nadie me da la mano?
Nadie se beneficia de mi situación,
pero si éstas condiciones de vida
se deben a mi pecado,
vengo a pedirte perdón:

Herr, du riefst "Talita Kum!"
Junge, Mädchen, steh auf!
Wie macht man das, Herr,
wenn niemand mir die Hand gibt?
Niemand erbarmt sich meiner Situation,
aber wenn du der Meinung bist, dass
meine Lebensbedingungen auf meine
Sünden zurückzuführen sind, dann
Bitte ich Dich hiermit um Vergebung:

Perdón por no dar...
porque no tengo nada.

Verzeihe mir, dass ich nicht gebe,
weil ich nichts habe.

Perdón por no amar...
porque no me enseñaron a amar.

Verzeihe mir, dass ich nicht liebe,
weil sie mir nicht beigebracht haben, zu lieben.

Perdona a la gente que permite
que mi existencia continúe sin vida.

Verzeihe den Menschen, welche zulassen,
dass ich weiter ohne Leben existiere.

Perdona a los que permiten
que siga con hambre,
con frío, enfermo y desnudo.

Verzeihe denen, die zulassen,
dass ich weiter in Hunger lebe,
in Kälte, krank und nackt.

Perdona a los que tienen recursos,
pero no ven mi tráfico final...

Verzeihe denen, die reich sind,
aber mein Handeln nicht nachvollziehen können.

Perdónales, Padre:
porque no saben lo que hacen.

Verzeihe ihnen, Vater:
weil sie nicht wissen, was sie tun.

Padre, perdona a todos los que
no responden y no escuchan
el llanto de los "niños de la calle".
Amen.

Vater, verzeihe all denen,
die das Weinen der Straßenkinder
nicht hören und beantworten.
Amen.

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