Weckruf - Wegruf
Mit dem Propheten Amos auf dem Weg
Begleitheft zum Amos-Prozess
Montag, 29. Juni (Amos 5,16-17)
Wehe, wehe
Wieso? Weshalb? Warum? ...
Das "Darum" bezieht sich auf 5,7 und 5,11, weil Recht und Gerechtigkeit nicht geachtet und die Armen unterdrückt wurden, kommt das Gericht: es wird mit all seinen Folgen beschrieben: überall ist Weinen und Klagen. Die berufsmäßigen Leichensänger reichen nicht aus. So werden die unterdrückten Landarbeiter geholt, um ihren Herren die Totenklage zu halten. Für die Landarbeiter bedeutet das Halten der Totenklage ihren letzten Dienst für ihre Herren. Er ist gleichzeitig Befreiung. Die Unterdrückung ist zu Ende.
Vers 17 macht deutlich, dass Jahwe selbst Gerichtsherr sein wird.
Vor- und nachgedacht...
Notschrei
Ich bin so verzweifelt
und ich weiß nicht mehr ein noch aus.
Die Not, die ich gerade erlebe,
sie ist zu groß für mich.
Ich schaffe das nicht,
hier wieder heraus zu finden.
Ich habe keinen anderen
Halt außer dir.
Gott, hilf mir auf,
befreie mich
und lass mich erfahren,
dass du mein Retter
und mein Halt bist
stärker als alles Elend
und alle Bedrängnis.
Sei bei mir, mein Gott.
Ursula Groß
"Aktion Sirit 1990"
Foto: Ursula Groß
Lust auf mehr?
Die Verse Amos 5,16-17 gehen auch nach Hans Walter Wolff auf Amos zurück. Sie nehmen die Totenklage von 5,1-3 erneut auf und umrahmen damit die Spruchsammlung von 5,4-15. Amos lässt in der Stadt keinen Raum, der frei von der Leichenklage wäre. Überall erklingt sie, auf allen freien Plätzen, d. h. im Tor, am Heiligtum, auf der Ortstenne; in den engen Gassen zwischen den Häusern, sogar in den Weinbergen - traditionell ein Ort der Lebensfreude. Die herbeigeholten grundbesitzlosen Ackerknechte fasten, zerreißen ihre Kleider, legen den saq, das Trauergewand, an, scheren ihren Kopf, streuen sich Asche auf ihren Kopf und lassen immer wieder den Weheruf "hoi" erklingen. Die Zuhörer des Amos haben sich dieses Szenario sicher nur mit Widerwillen vorstellen wollen. Sie leben doch mitten in einer lebendigen Stadt, die wirtschaftlich prosperiert und militärisch siegreich ist. Wir können ahnen, wie bedrückend und verstörend diese Bilder gewirkt haben mögen. Wir verstehen auch, dass die reiche Oberschicht solche Bilder ganz schnell abschütteln wollte, um zur wohllebigen Tagesordnung überzugehen.